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Like Dog and Cat   by Golden

Wie Hund und Katz´

oder Eine Yule Geschichte

Die Welt lag still und schweigend um die kleine Farm mit ihren vielen Scheunen, die sich an die Seite eines kleinen Hügels schmiegte.

Große, weiße Wolken hingen tief über ihr, die Bäuche gefüllt mit Heerscharen von Himmelstänzern, die den Beginn ihrer Vorführung kaum mehr erwarten konnten.

Als der dunkle Vorhang der Nacht sich langsam öffnete und das erste, schüchterne Licht des neuen Tages am Horizont zu sehen war, hielten sie es nicht mehr aus und ließen sich aus ihren Wolken fallen. Fröhlich jubelnd tanzen sie der Erde entgegen und hüllten jeden Grashalm, jeden Baum und jeden Stein in ein silber-weißes Gewandt.

Der Morgen begann langsam älter zu werden und nun erwachte auch die Farm zum Leben.

Warm eingepackte kleine Gestalten huschten zwischen den Scheunen umher. Hühner gackerten, Hunde bellten und dickpelzige Ponys wälzten sich im frischen Weiß.

Auch im Farmhaus wurde es lebendig.

Eglantine Tuk nahm leise vor sich hinsingend einen kleinen silbernen Kamm in die Hand und begann vorsichtig, das dichte, braune Haar auf ihren Füßen in die richtige Form zu bringen.

Sie freute sich schon sehr auf das bevorstehende Yule Fest, welches sie und ihre Familie, dieses Jahr im Brandyschloss verbringen würden.

Sie liebte die festliche Atmosphäre und die hübsche Yule Dekoration.

Tannen- und Mistelzweige, dekoriert mit Ketten aus getrockneten Beeren und Gewürzen, würden die Türbögen zieren und gelbe, orangene und rote Lampions würden den Smial in ein warmes, frohes Licht tauchen.

Viele Verwandte und Freunde, jung und alt, würden anwesend sein und gemeinsam feiern.

Die Luft würde nach würzigem Gebäck und warmen Yule Punch riechen und alle würden lachen und singen, tanzen und essen, vergnügt und fröhlich sein.

Immer noch vor sich hin singend ging Eglantine schließlich in die Küche, um das Frühstück vorzubereiten und einen großen Korb mit allerlei Leckerein für die weite Fahrt nach Bockland zu packen. In nicht einmal mehr zwei Stunden wollten sie aufbrechen.

Sie, das waren außer sie selber, ihr Mann Paladin und die vier gemeinsamen Kinder Pearl, Pimpernel, Pervinca und Peregrin.

„Guten Morgen Mutter.“ Pearl stand lächelnd in der Tür.  „Kann ich dir helfen?“

 „Guten Morgen, Liebling!“  Eglantine gab ihrer ältesten Tochter einen Kuss auf die Stirn.  „ Sei so lieb und hole mir bitte die eingemachten Pflaumen aus der Vorratskammer.“

Pearl nickte und begann die Kammer nach den Pflaumen zu durchsuchen.

Auch Pimpernel gesellte sich bald zu Mutter und Schwester und begann bei den Vorbereitungen zu helfen.

„Schnee! Schnee! Schnee!“ , hallten plötzlich die Jubelschreie zweier Kinder durch das Haus.

Ein rothaariges Mädchen stürmte wie ein Wirbelwind in die Küche. „Mama, es hat geschneit! Pippin und ich gegen nach draußen!“ rief sie, während sie dabei war ihren dicken Wintermantel zuzuknöpfen.

Dicht hinter dem Mädchen folgte ein kleiner Junge, der erst mit einem Bein in seiner Hose war. „Mama, Mama, hast du gesehen? Schnee! Alles voller Schnee! Wir gehen Schneehobbits bauen!“

Lachend strich Eglantine ihrem Sohn durch das Haar.

„Einen Moment, du ziehst dich erst einmal vernünftig und warm an, Pippin.

Vinca, Liebes, hilf deinem Bruder bitte! Und denkt daran das ihr Handschuhe anzieht! Es ist kalt draußen und ich möchte nicht, das ihr krank werdet!“

Pervinca seufzte. „Komm mit Pip!“

*******************

Paladin gab seinen angestellten Hobbits die letzten Anweisungen und marschierte dann zurück zum Farmhaus, um ein deftiges Frühstück zu genießen und sich am warmen Ofen aufzuwärmen.

Auf dem Weg in die Küche wurde er beinahe von Pervinca und Pippin umgerannt, die ein Wettrennen nach draußen veranstalteten. Seine Tochter trug einen Besen in ihrer Hand, sein Sohn eine große Karotte und einen alten Hut.

„Wohin wollt ihr denn so schnell?“ rief er seinen Kindern lachend hinterher.

„Wir bauen einen Schneehobbit!“ antworteten diese aufgeregt.

Die beiden hatten zwar schon mehrmals Schnee gesehen, aber das es soviel der weißen Pracht vor Yule gab, war doch ungewöhnlich.

Paladin seufzte. Er hatte nichts gegen Schnee. Die weiße Landschaft sah wunderschön aus und die Kinder hatten ihren Spaß.

Er selber hatte es als Junge auch geliebt Schneehobbits zu bauen und Schneeballschlachten zu machen.

Die zweitägige Fahrt nach Bockland jedoch würde nicht einfach und ziemlich ungemütlich werden.

Paladin gab seiner Frau und den älteren Töchtern einen Kuss und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Durch das Küchenfenster konnte er Pervinca und Pippin beim Schneehobbitbauen zuschauen.

Lachend rollten sie große Kugeln und setzten sie mit vereinter Kraft aufeinander.

Den Besen bekam der fertige Schneehobbit in die Hand, den Hut auf den Kopf und aus Kohlestücke wurden Augen, Mund und Knöpfe gemacht. Pippin zog einen Schal aus seinem Wintermantel und legte ihm den Schneehobbit um den Hals, während Pervinca ihm die große Karotte in die Mitte des Kopfes steckte.

„Fertig!“ rief das Mädchen. „Ich hole Ma und Pa, Pip! Du wartest hier!“

Während Pervinca loslief, stand Pippin neben den Schneehobbit und schaute ihn an. Wunderbar war er geworden. Der Blick des Kindes blieb an der großen, orangenen Nase hängen.

Pippin leckte sich die Lippen. „Hmm, saftig sieht die Karotte aus!“ dachte er und streckte seinen kleinen Arm aus. Wenn er nur ein winziges Stück probieren würde, würde es niemanden Schaden. Pervinca würde es sicher nicht einmal bemerken.

Pippin biss ein Stück ab.

„Kalt, aber lecker!“ sagte er zu sich selber und nahm noch einen Bissen. Eher er sich versah war die Karotte nur noch halb so lang wie vorher.

„Oh“ , murmelte er und blickte sich schuldbewusst um.

Pervinca war schon mit ihren Eltern und Schwestern auf dem Weg zu ihm.

Schnell steckte Pippin den verbliebenen Rest zurück in das weiße, runde Gesicht.

„Pippin!“ hörte er die wütende Stimme seiner Schwester. „Wie kannst du nur! Du hast die Nase aufgegessen!“

„Hab ich nicht!“, wehrte sich das Kind und zeigte auf die jetzt kurze Karottennase. „Sieh doch, es ist noch ganz viel Nase da! Und außerdem hatte ich noch kein Frühstück!“

„Immer musst du alles kaputt machen!“ schrie Pervinca ihn wütend an. „Der Schneehobbit sieht jetzt gar nicht mehr gut aus!“

„Liebling“, versuchte Eglantine den aufkommenden Streit zu schlichten. „Warum gehen wir nicht rein und suchen eine neue, schöne Karotte als Nase für euren Schneehobbit aus?“

„Nein, jetzt habe ich keine Lust mehr!“ sagte Pervinca und warf ihrem kleinen Bruder einen eisigen Blick zu. Dieser streckte ihr die Zunge heraus, was ihm jedoch einen strengen Blick seines Vaters einbrachte.

****************

Die Familie Tuk befand sich bald auf dem Weg nach Bockland. Alle waren dick eingepackt in warmen Mänteln und in flauschige Decken gehüllt. Sie hatten beschlossen an dem heutigen Tag bis zum „Baum und Blatt Inn“, welches auf halber Strecke nach Bockland lag, zu fahren und dort zu übernachten. Am nächsten Tag wollten sie dann den restlichen Weg bis zum Brandyschloss zurückzulegen.

Paladin, der den Wagen fuhr, schnalzte mit der Zunge und das Pony begann über den Schnee zu traben. Wie alle Ponys die im hügeligen Tukland aufgewachsen waren, war es ein sehr trittsicheres Tier und hatte keine Schwierigkeiten einen sicheren Weg  durch die geschlossene Schneedecke zu finden.

Pippin saß zwischen Pervinca und Pearl. Gegenüber saßen Eglantine und Pimpernel.

Eglantine und die Mädchen unterhielten sich angeregt über die bevorstehende Feier. „Ich wette, das Onkel Gorbulas wieder dieses schreckliche Yule Lied, von der beschwipsten Maus, singt!“ lachte Pearl.

„Ja und Tante Asphodele hat mir sicherlich wieder Handschuhe gestrickt. Ich habe schon 8 Paar von ihr und alle kratzen sie!“ fügte Pervinca hinzu.

„Dennoch wirst du dich höflich bei ihr bedanken, nicht Vinca?“ erinnerte Eglantine ihre manchmal etwas unverblümte Tochter.

„Aber natürlich Mutter! Ich bin doch eine Dame!“ antwortete das Mädchen.

Pippin hielt sich die Hand vor dem Mund und schnaubte lachend. „Eine Dame...!“

Pervinca verenget ihre Augen und funkelte den Bruder böse an, doch bevor sie etwas erwidern konnte, ergriff Eglantine das Wort.

„Pippin, das war nicht nett! Entschuldige dich bei deiner Schwester!“

Pippin´s Gesicht verdunkelte sich. „Aber...“

„Pippin!“ Seine Mutter zog mahnend eine Augenbraue nach oben.

„T´schuldige Vinca!“ grummelte er leise und blickte dann mit einem wütenden Gesicht in die andere Richtung.

„Ich würde deine Entschuldigung ja annehmen, aber du meinst sie ja nicht ehrlich!“ fauchte Pervinca zurück.

„Ich hab mich entschuldigt! So! Wenn du sie nicht....“

„Kinder!“ unterbrach die beiden Streithähne die strenge Stimme von Paladin. „Ihr hört jetzt beide auf damit, sonst dürft ihr nach Bockland laufen!“

Natürlich wussten sowohl Pervinca, als auch Pippin, das ihr Vater diese Drohung nicht ernst meinte, dennoch tat sie ihre Wirkung und beide verstummten.

Pearl räusperte sich. „Uhm...wie wäre es, wenn wir ein Yule Lied singen?“ fragte sie. Sie hoffte das die angespannte Atmosphäre so vielleicht aufgeheitert werden würde.

„Ein sehr gute Idee Pearl!“ stimmte Eglantine zu und warf ihrer Tochter einen dankbaren Blick zu.

„Wie wäre es mit „In der Yule-Bäckerei“?“ schlug Pimpernel vor. Sie hatte Pearl´s Absicht ebenfalls erkannt und wusste das Pippin dieses Kinderlied liebte und das auch Pervinca immer noch ihren Spaß daran hatte.

Pearl nickte lächelnd und fing an zu singen. Pimpernel, Eglantine und Paladin stimmten sofort mit ein.

„In der Yule-bäckerei,

gibt es manche Leckerei!

Zwischen Mehl und Milch,

macht so mancher Knilch,

eine riesengroße Kleckerei.

In der Yule-bäckerei!

In der Yule-bäckerei....“

Nach kurzem Zögern begann auch Pervinca mitzusingen und schließlich stimmte auch Pippin mit ein. Er wurde lauter und lauter in dem Versuch seine Schwester zu übertönen.

Doch Pervinca ließ sich nicht so leicht übertönen und wurde ebenfalls immer lauter. Schließlich schrien die Kinder das Lied regelrecht in die Landschaft.

Eglantine schüttelte seufzend den Kopf, während Pearl sich die Ohren zuhielt und Pimpernel mit den Augen rollte.

„Pervinca! Peregrin! Ihr seit jetzt beide ruhig!“ stoppte Paladin den Wettstreit mit lauter Stimme. „Ich möchte von euch kein Wort mehr hören! Ist das verstanden?“

Schmollend drehten sich die Kinder die Rücken zu und schwiegen.

***************

Müde und frierend erreichten die Hobbits  schließlich mit Anbruch der Nacht das „Baum und Blatt Inn“.

Schnell eilten sie hinein und Paladin buchte zwei Zimmer für seine Familie.

Pearl öffnete die Tür zu dem Zimmer, welches sie sich mit ihren Geschwistern teilen sollte. Pervinca stand dicht an ihrer Seite.

„Ich nehme das Bett am Fenster“ rief das jüngere Mädchen, doch noch bevor sie auch nur einen Fuß ins Zimmer setzen konnte, drückte Pippin sich zwischen seinen Schwestern hindurch in den Raum, rannte zu dem Bett am Fenster und warf sich drauf.

„Zu spät, Vinca! Ich schlafe hier!“

„Pippin!“ rief Pervinca erzürnt. „Ich sagte doch das ist MEIN Bett! Runter da!“

Sie packte das Kind an einem Bein und zog, während Pippin sich mit den Händen am Bett festkrallte. „Laß mich los! Laß mich los!“ schrie er lautstark.

„Vinca! Pip! Nun hört doch auf damit!“ sagte Pearl genervt. „Was sollen die anderen denken?“

„Ist mir egal! Das ist mein Bett!“ antwortete Pervinca stur. „Runter da, du....“

„Was ist hier los?“ kam Paladins Stimme polternd von der Tür. „Seit ihr zwei von allen guten Geistern verlassen? Hört sofort auf mit diesem Geschrei!“

Die Kinder hatten sich umgedreht und starten ihren Vater erschrocken an.

„Aber Papa, Pippin ist einfach auf mein Bett gesprungen, obwohl ich gesagt habe....“

„Pervinca! In diesem Raum befinden sich vier gute Betten! Du bist die Ältere von euch Beiden. Nimm dir ein anderes Bett und höre auf an deinem Bruder herumzuzerren!“

„Aber Papa...“

„Kein Aber! Macht euch frisch! In 10 Minuten gibt es Abendessen!“

Mit diesen Worten verließ er das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Pervinca warf Pippin einen vernichtenden Blick zu, während sie zu dem von Pippin am weit entferntesten liegenden Bett ging und ihre Tasche darauf abstellte.

Pippin  gab ihr sein süßestes Lächeln und machte es sich auf seinem Bett gemütlich.

„Pearl?“ fragte Pimpernel in die sich ausbreitende Stille, „würdest du so lieb sein und meine Haare neu hochstecken? Ich bekomme das nicht so gut ihn.“

Während Pearl ihrer Schwester half, begann auch Pervinca damit sich zurecht zu machen. Während sie ihre Haare bürstete spürte sie wie sich Augen in ihren Rücken bohrten. Sie drehte sich um und sah das Pippin sie von seinem Bett aus unentwegt anstarrte.

„Pippin! Hör auf mich anzustarren!“

Der Junge reagierte nicht auf ihre Worte und setze sein Spiel fort.

„Pippin!“ sagte Pervinca drohend.

„Ich darf hingucken wohin ich möchte!“

„Aber nicht auf mich!“

„Darf ich wohl!“

„Nein!“

„Doch!“

„Ruhe!“ rief Pearl genervt. Als die Älteste war es ihre Pflicht für Ordnung zu sorgen, wenn ihre Eltern nicht anwesend waren.

„Pippin höre auf Vinca zu ärgern und mach dich für das Abendessen fertig. Du auch Vinca! “ Streng schaute sie ihre Geschwister an.

„Worauf wartet ihr? Beeilt euch! Sonst hol ich Ma und Pa!“

******************

„Pa, schau mal!“ rief Pippin, als die ganze Familie endlich am Tisch saß und die Menütafel studierte. „Wenn du für uns alle gefüllte Pilze bestellst kostet es nur 14 Pennies!“

Pervinca warf schnell einen Blick auf die Preise, welche sie normalerweise ignorierte, da sie ja nicht zahlen musste.

Eine große Portion gefüllter Pilze mit Brot und einigen anderen Beilagen sollte 2 Pennies kosten.

„Du kannst nicht mal rechnen, du Dummkopf! „rief sie laut. „Du würdest Pa 2 Pennies zuviel bezahlen lassen. Lern rechnen, Pippin!“

Es war erstaunlich wie still ein Raum gefüllt mit Hobbits werden konnte. Die Blicke aller Anwesenden richteten sich auf die Familie Tuk und zwei Jungen zeigten lachend auf Pippin.

„Pa, sollte er in seinem Alter nicht schon rechnen können?“ fragte eines der Kinder.

Pippin war zuerst vor Ärger rot geworden, doch nun nahm seine Haut einen blassen Ton an. Er wünschte, der Boden würde sich auftun und ihn verschlucken.

„Ich rede nie wieder mit dir.“ Sagte er still und kalt zu Pervinca. „ Niemals wieder! Ich hasse dich!“  Pippin´s Unterlippe zitterte, seine Stimme klang gebrochen und Tränen begannen seine Augen zu füllen.

Pervinca wusste, das sie zu weit gegangen war, aber irgendwas in ihr ließ es nicht zu, das sie jetzt aufhörte.

„Ist mir nur Recht!“ knurrte sie zurück.

Paladin erhob sich und schaute den starrenden Hobbits direkt in die Augen. „Ich denke meine Familie kann das alleine klären!“ sagte er. Schnell wandten sich alle wieder ihrem Essen zu und begangen ihre Unterhaltungen erneut aufzunehmen.

„Pervinca, schau mich an!“ wandte Paladin sich nun an seine jüngste Tochter.

Langsam hob das Mädchen den Kopf, um den Blick ihres Vaters zu treffen.

„Dein Verhalten gegenüber deinem Bruder war sehr verletzend. Es ist eine Sache ihn im Kreise der Familie zu ärgern, aber ihn öffentlich zu Blamieren geht entschieden zu weit. Gehe auf dein Zimmer und mache dich fertig für die Nacht. Das Abendessen ist für dich vorbei. Wir reden morgen!“

Tränen liefen Pervinca über die Wangen. Wütend sprang sie auf und rannte aus dem Gemeinschaftsraum.

Eglantine hielt einen immer noch schluchzenden Pippin in den Armen und schaute Paladin müde an.

Der Rest des Abendessens der Familie Tuk verlief in Schweigen.

*******************

Am nächsten Morgen war die Familie schon früh im Gange, da sie rechtzeitig aufbrechen wollten, um das Brandyschloss noch vor Anbruch der Dunkelheit zu erreichen.

Eglantine nahm Pervinca nach dem Frühstück beiseite, um mit ihr ein ernsten Gespräch zu führen. Mit Tränen in den Augen, aber einsichtig nährte das Mädchen sich schließlich ihrem Bruder, der mit dem Rücken zu ihr seinen Rucksack in den Wagen stellte.

„Pippin?“ fragte sie unsicher.

Pippin hielt kurz in seinem Tun inne, entschied dann aber seine Schwester zu ignorieren.

“Pip?“ versuchte Pervinca es noch einmal. „Hör zu Pip, es tut mir leid. Ich hätte das gestern nicht sagen sollen. „

Pippin hatte seinen Rucksack geöffnet und schien in diesem etwas zu suchen, er reagierte jedoch weiterhin nicht auf seine Schwester.

Eglantine trat hinzu. „Pippin, deine Schwester versucht sich zu entschuldigen. Schau sie bitte an.“

Pippin drehte sich um und blickte seine Mutter in die Augen. „ Welche Schwester?“ fragte er. „Ich sehe Pearl und Nell nicht. Die sind sicher noch drinnen.“

Pervinca wurde blass und Tränen stiegen ihr in die Augen. Dann breitete sich Wut auf ihrem Gesicht aus.

Eglantine legte ihr beruhigend eine hand auf die Schulter.

„Peregrin...“begann sie dann mit mahnender Stimme zu sprechen, doch sie beendete ihren Satz nicht. Ein Blick auf das Gesicht ihres Sohnes sagte ihr, das alle Müh in diesem Moment vergebens sein würde.

„Steig in den Wagen, seufzte sie. Wir sprechen später über dein Verhalten.“

Die gesamte restliche Fahr herrschte zwischen Pippin und Pervinca weiterhin eisiges Schweigen. Alle Versuche der Eltern ihre Kinder wieder zu versöhnen scheiterten.

Genervt und in schlechter Stimmung passierten sie die Grenze nach Bockland und stoppten schließlich vor dem hell erleuchteten Brandyschloss, aus dessen Türen der einladende, würzige Duft von allerlei Yule Leckerein hervordrang.

******************

Saradoc und Esmeralda Brandybuck kamen ihren Gästen freudig entgegen. „Pal, Tine, Kinder, rief Esmeralda. Wie schön das ihr da seit. Kommt herein. Wie war die Fahrt?“

Eglantine seufzte. „Frag nicht..“

Peregrin, Pervinca!“ sprach Paladin in diesem Moment mit strenger Stimme. „Nehmt eure Sachen und geht sofort auf eure Gästezimmer. Wartet dort auf mich!“

„Was haben die beiden Rabauken angestellt?“ fragte Saradoc verwundert. Selten hatte er seinen Schwager mit einem so düsteren Gesicht gesehen, da dieser eigentlich sehr gute Nerven hatte, was bei einem Sohn, wie Pippin, auch sehr nötig war.

„Wo soll ich beginnen?“ antwortete ihm Paladin.

*****************

Pippin stampfte den Gang entlang zu Merry´s Zimmer. Er und Frodo, würden, wie immer, wenn sie Yule in Buckland feierten, mit Merry das Zimmer teilen, während Pervinca, zusammen mit ihren Schwestern, in Frodo´s alten Zimmer untergebracht war.

Ohne Anzuklopfen riss Pippin die Tür auf und knallte sie hinter sich zu.

Frodo und Merry, die auf Merry´s Bett saßen und Schach spielten, blickten erstaunt auf. Dann erhellten sich ihre Gesichter. „Pippin!“ rief Merry freudig und sprang auf. „Da bist du ja schon. Wir haben dich so früh noch gar nicht erwartet. Schön das du da bist!“

Er schloss seinen kleinen Cousin in die Arme.

Auch Frodo war aufgestanden, um Pippin zu begrüßen. „Hallo, Pip!, sagte er und kniete sich vor ihm nieder. „Ist alles in Ordnung? Du schaust nicht gerade glücklich aus.“

Pippin schaute seine Cousins an und seine Unterlippe begann zu Zittern. Dann brach er in Tränen aus. „Pervinca ist so gemein!“ schluchzte er und drückte sich an Merry,

Frodo und Merry wechselten einen Blick und verabschiedeten sich von einem ruhigen, lustigen Abend.

„Was ist denn passiert?“ fragte Merry, während er den jüngeren Hobbit in den Armen hielt.

Pippin begann sein Leid zu erzählen, doch wurde schnell unterbrochen, als Paladin das Zimmer betrat, Pervinca an der Hand hinter sich herziehend.  Sowohl das Gesicht des Vaters, als auch der Tochter, blickten finster drein.

„Hallo Frodo, Hallo Merry“, begrüße Paladin die beiden Jungen kurz, bevor er sich an Pippin wandte.

„Peregrin, komm her!“ sprach er in einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

„Ich möchte, das ihr euch beide bei dem Anderen entschuldigt und zwar jetzt! Ihr habt eurer Mutter und mich genug Nerven gekostet und wir werden uns nicht das Yule Fest verderben lassen.“

Paladin zog Pippin noch ein Stück weiter zu Pervinca, so das die Kinder sich gegenüber standen.

„Entschuldigt euch!“ befahl er.

Pervinca verschränkte die Arme vor der Brust und starrte Pippin böse an. Pippin tat es ihr gleich.

„Worauf wartet ihr?“ grollte Paladin. „Gebt euch die Hände!“

Die Kinder rührten sich nicht.

„In Ordnung, dann lebt mit den Konsequenzen! Für euch beide gibt es dieses Jahr keine Yule-Geschenke!“

„Was?“ schrien Pippin und Pervinca entsetzt.

„Aber Papa, das ist nicht fair. Pippin hat doch mit allem angefangen!”

„Ist ja gar nicht wahr. Du hast...“

„Ruhe! Für eurer Verhalten habt ihr keine Geschenke verdient! Wascht euch die Hände und kommt dann zum Abendessen! Und benehmt euch!“

Mit diesen Worte verließ Paladin das Zimmer.

Pervinca drehte sich wütend zu Pippin um. „Das ist alles deine Schuld!“ schrie sie, bevor sie aus dem Zimmer stürmte, die Tür hinter sich zuknallend.

Pippin rannte zur Tür und riss diese wieder auf. „Ich hasse euch alle!“ schrie er, bevor er sich weinend auf das am nahsten stehende Bett schmiss.

Merry ging zu Pippin, setzte sich neben ihn und begann dem Jungen beruhigend über den Rücken zu streichen.

„Beruhig dich Pip. Es wird alles gut werden.“

„Keine Geschenke, Merry!“ kam die schluchzende Antwort.

„Naja, zumindestens bekommt Pervinca auch keine....“ sagte Merry in einem kläglichen Versuch seinen Cousin aufzuheitern.

„Was genau ist denn nun eigentlich passiert, Pippin“ fragte Frodo, der immer noch in der Mitte des Raumes stand. Er wollte die Hintergründe dieses ganzen Schlamassels wissen.

„Vinca ist gemein!“ grollte Pippin.

„Das sagtest du schon, Pippin. Aber was genau geschehen ist, habe ich dich gefragt.“

Das Kind atmete tief aus und ein, bevor es sich auf den Rücken drehte und an die Decke starrte, während es mit den Enden seines Schales spielte.

Langsam begann er Frodo alles zu erzählen. Von der Karotte, die so lecker aussah, bis hin zu der eisigen Stimmung auf der letzten Wegstrecke zum Brandyschloss.

Merry gab hier und da einen Kommentar zu Pippin´s Erzählung, doch ein Blick von Frodo brachte ihn jedes mal zum Schweigen.

„Nunja...“ sagte Frodo langsam. „ I kann nicht erkennen, das du etwas so schreckliches gemacht hast. Es war ja auch dein Schneehobbit, nicht nur Vinca´s.

„Genau,“ stimmt Pippin zu und schaute Frodo mit hoffnungsvollen Augen an.

„Auf der anderen Seite, hättest du die Karotte nicht essen dürfen. Du wusstest, das es Pervinca verärgern würde. Es hätte dich auch geärgert, wenn sie die Karotte gegessen hätte, ohne dich zu fragen, ob es in Ordnung wäre, nicht?“

„Nunja....“ sagte Pippin verlegen. Frodo hatte schon recht. Er wäre verärgert gewesen, allerdings aus dem Grund, weil er auch etwas von der Karotte hätte abhaben wollen.


“Und ihr Beide hättet euch nicht so verhalten sollen, wie ihr es getan habt. Ihr habe eure Mutter und euren Vater wirklich zur Verzweiflung getrieben.“ Frodo schüttelte seinen Kopf. „Cousin Paladin sah müde aus.“

Pippin wünschte sich er könne sich einfach die Decke über den Kopf ziehen. Er und Pervinca hatten die letzte Zeit für die Familie wirklich nicht einfach gemacht.

„Und ich bin mir sicher, das Vinca dich nicht absichtlich blamieren wollte.....“

„Wollt sie doch! Pippin explodierte. „Wollt sie!“ Sie hat ganz gemein gegrinst und hat es ganz laut gesagt, so das sie jeder hören konnte. Du verstehst gar nichts!“

Pippin schubste Merry weg. „Und du auch nicht!

Geht weg! Geht weg und lasst mich in Ruhe! Ich will nicht mit euch reden! Ihr mögt mich auch nicht. Ihr glaubt auch das ich ein Dummkopf bin. Geht weg!“

Mit diesen Worten rollte Pippin sich auf die Seite mit dem Gesicht zur Wand und zog die Beine an den Körper.

Seine älteren Cousin schauten einander an. Beide wussten sie, das sie jetzt nichts mehr erreichen würden.

„In Ordnung, Pippin“, sagte Frodo sachte. „Wir lassen dich in Ruhe. Vielleicht kommen wir nach dem Essen zurück.“

„Bis dann Pip“, fügte Merry hinzu und folgte Frodo aus dem Raum. „Ich komme später wieder, wenn du möchtest.“

Pippin erwiderte nichts. Frodo und Merry schlossen die Tür hinter sich und ließen ihn mit seinen Gedanken alleine.

***********

Später am Abend kehrten Frodo und Merry zurück. Leise öffneten sie dir Tür und schauten in das Zimmer. Es war dunkel und ruhig. Nur Pippin´s gleichmäßige Atemzüge waren zu hören.

Frodo legte den Finger auf dem Mund. „Psssst“, machte er und auf Zehenspitzen schlichen die beiden Hobbits in den Raum.

Während Frodo sich um das beinahe erloschene Feuer kümmerte, stelle Merry einen mitgebrachten Teller voller Leckerein auf dem kleinen Nachttisch zwischen seinem und Pippin´s Bett ab und strich dem schlafenden Kind sanft über die weichen Locken.

„Wir sollten ihm sein Nachthemd anziehen, Frodo.“ Sagte er und beugte sich zu Pippin´s Rucksack hinunter, der auf dem Boden vor dem Bett lag.

„Merry?“ flüsterte Pippin plötzlich leise. „Merry, ich habe Hunger.“

Merry lachte auf. „Na, was für eine Überraschung, Pip!“

Pippin setzte sich schläfrig auf und Merry reichte ihm den Teller.  Nachdem Pippin aufgegessen hatte, schaute er verlegen auf den Boden.

„Tut mir leid...“ murmelte er und stand auf, um erst Merry und dann Frodo zu umarmen.

Mit seinen großen, grünen Augen suchte er ängstlich Frodo´s Gesicht nach Zorn ab, doch er fand nur ein Lächeln. Strahlend kuschelte er sich noch ein wenig fester and seinen Cousin. „Erzählst du uns eine Geschichte Frodo?“

„Erst umziehen, dann Geschichte!“ lachte Frodo und bevor er sich versah flogen Pippin´s Kleider durch die Luft, landeten in einem Haufen auf dem Boden und das Kind steckte, auf der Suche nach seinem Nachthemd zur Hälfte im Rucksack.

Eng zusammengekuschelt lagen die drei Hobbits schließlich auf einem Bett und Frodo begann seine Geschichte zu erzählen.

***********

Am nächsten Morgen waren die Cousins schon früh wach und nach einem deftigen Frühstück ging es hinaus in den frisch gefallenen Schnee.

Vergnügt jagten sie sich durch die weiße Pracht. Bald kamen auch Berilac, Doderic, Ilberic, Fredegar und Merimas hinzu.

Doderic and Ilberic hatten ihre Schlitten mitgebracht.  Lachend zogen die Jungen sich gegenseitig umher, führen Hügel hinunter, veranstalteten Wettrennen und warfen sich mit Schneebällen ab.

„Können wir mitspielen?“ fragte plötzlich eine helle Stimme und die Jungen blickten sich um.

Am Rand des Feldes stand eine Gruppe von Mädchen, unter ihnen Pervinca.

Pippin stoppte in seinem Tun und verengte die Augen als er seine Schwester bemerkte und auch Pervinca schaute nicht gerade glücklich drein, als sie Pippin sah.

„Laßt uns eine Schneeballschlacht machen!“ rief Ilberic. „Jungen gegen Mädchen!“

Seine Idee brachte regen Zuspruch. Nur die Tuk Geschwister blieben stumm. Dennoch machten auch sie sich an die Arbeit, als es darum ging Schneeschutzwälle zu bauen und Schneeballlager zu füllen.

Frodo hatte sich ein wenig zurückgezogen und saß auf einem der Schlitten, mit dem Rücken gegen die Rinde einer alten Buche gelehnt.

„Ein alter Hobbit wie ich, braucht auch einmal eine Pause.“ Hatte er den Jüngeren gesagt und begnügte sich nun damit seinen Cousins, Cousinen und Freunden beim Spielen zuzuschauen.

Bald war eine wilde Schneeballschlacht im Gange und alle schienen ihren Spaß zu haben.

Alle? Nein nicht alle. Seufzte Frodo und schüttelte mit dem Kopf. Pippin und Pervinca ignorierten alle anderen Kinder um sich herum und attackierten sich gegenseitig heftigst mit Schneebällen. Ihre Lippen waren zusammengepresst, die Augen verengt. Nicht die Spur eines Lächelns war zu sehen.

Die beiden Kinder warfen die Schneebälle mit einer solchen Wucht aufeinander, das sie sich zumeist verfehlten. In der Absicht mehr Treffer zu landen, kamen sie einander Stück für Stück immer näher.

Frodo trat mutig zwischen die Geschwister.

“Das ist genug, Pippin. Vinca.“ Sagte er streng.

Die Beiden stoppten, den keiner von ihnen wünschte Frodo zu treffen.

„Ich habe eine Spielidee,“ sagte er zu ihnen, dann erhob er die Stimme. „ Kommt doch bitte alle einmal zu mir. Ich habe eine Idee, wie wir die Schneeballschlacht noch spannender gestalten können.“

Die Kinder und Jugendlichen versammelten sich um Frodo.

„Alle Jungen bilden ein Königreich und die Mädchen ein Zweites. „Dieses hier,“ und mit diesen Worten schob Frodo Pippin vor die anderen Jungen, „ ist euer Prinz. Und dieses hier,“ Frodo führte Pervinca zu den Mädchen,” ist eure Prinzessin.  Das Ziel des Spieles ist den Prinzen, bzw. die Prinzessin des Gegners in Gefangenschaft zu nehmen. Die Regel sind, das jeder der von drei Schneebällen getroffen wurde ausscheidet. Das Team das all seine Soldaten verloren hat, verliert auch seinen Adligen und somit das Spiel.“

Frodo schaute nun Pervinca und Pippin an, die sich mit Blicken regelrecht durchbohrten.

„Nun zu euch Zwei. Ihr dürft nicht an dem Kampf teilnehmen, denn die anderen könne euch sonst nicht beschützen. Das heißt ihr dürft selber keine Schneebälle werfen, aber ihr dürft euren Soldaten sagen, was sie zu tun haben.

Außerdem darf niemand direkt auf euch zielen.

Frodo wandte sich nun wieder an die anderen Kinder. „Jeder der versucht direkt auf den Prinzen oder die Prinzession zu werfen scheidet aus, denn die beiden können sich nicht wehren.“

Frodo deutete auf einen Baum zu seiner Rechten. „Mädchen und Prinzessin Pervinca, dort ist euer Königreich!“

Nun zeigte Frodo auf einige Steine zu seiner Linken. „Jungs und Prinz Pippin, dort ist euer Königreich.  Sobald alle in ihren Reichen sind.....“

Die Kinder stürmten los.

„....kann die Schlacht beginnen!“ rief Frodo so laut er konnte.

Es war eine lange und heftige Schlacht und die Jungen kämpften tapfer, doch am Ende gewannen die Mädchen, die in ihrer Gruppe mehr ältere Mädchen hatten, als ältere Jungen in der anderen Gruppe waren.

„Prinz Pippin wurde gefangen!“ erkläre Frodo. „ Die Schlacht ist vorbei! Ihr habe alle mutig und ehrenhast gekämpft!

Alle Soldaten und Adligen gehen jetzt schnell in die große Burg,“ er zeigte auf das Brandyschloss. Dort warten warme Getränke und Essen in Hülle und Fülle.“

 
 *************

Später am selben Tag rief Esmeralda alle Kinder unter zwanzig Jahren zum Zimtschnecken-Backen zusammen. Eine Tradition, die in Bockland seit vielen Jahrzehnten jedes Jahr an Yule fortgeführt wurde.

Doch auch hierbei wussten Pervinca und Pippin sich nicht zu benehmen, so das Esmeralda die Geschwister schließlich aus der Küche schicken musste, damit wenigstens die anderen Kinder mit Freude und in Ruhe backen konnten.

Beide Kinder waren darüber sehr traurig, da sie es liebten mit ihrer Tante das leckere Yule-Gebäck zu fertigen, doch anstatt die Schuld für diese Strafe bei sich selber zu suchen, gaben sie diese nur dem Anderen.

Ihr Gezanke hallte durch die Tunnel des Brandyschlosses und erreichte auch die Ohren ihrer Eltern.

„Ich regel das, Liebling.“ Sagte Paladin und fackelte nicht lange.

Wütend stampfte er zu seinen streitenden Kindern, packte sie an den Armen und dröhnte. „Peregrin, Pervinca! Es ist jetzt ein für alle mal genug! “

Mit großen Schritten marschierte Paladin, einen Kinderarm in der rechten Hand und einen in der linken, den Gang entlang. Pippin heulte laut während Pervinca ihr bestes böses Gesicht aufgesetzt hatte.

Von dem lauten Geschrei angelockt, steckten Hobbits jeden Alters ihre Köpfe aus den vielen Räumen, die die Drei passierten. Jeder von ihnen hatte seit Ankunft der Withwell Tuks mitbekommen, das Pervinca und Pippin sich zerstritten hatten.

Kopfschüttelnd und augenrollend blickten sie Paladin und den Kindern nach.

„Ich hoffe dieses Gezanke hat bald ein Ende!“ sagte Seredic ärgerlich zu seiner Frau Hilde,  während er seine Pfeife reinigte.

„Dieses Geschrei ist ja nicht auszuhalten!“ stöhnte Amaranth Brandybock einige Türen weiter und rieb sich die Schläfen.

„Paladin sollte die Beiden mal ordentlich übers Knie legen.“ Grummelte Rorimac, der in  seinem Nachmittagsschläfchen gestört worden war.

Auch Merry und Berilac steckten ihre Köpfe aus Berilac´s Zimmer, in dem sie Dame gespielt hatten.

„Hat das denn nie ein Ende?“ fragte Berilac genervt.

Merry zuckte zur Antwort nur hilflos mit den Schultern und seufzte tief.

In einem der vielen Aufenthaltsräume vergrub sich Frodo unterdessen noch tiefer in sein Buch über elbische Geschichte, welches er sich aus Hobbingen mitgebracht hatte und beschloss das ihm nur zu bekannte Geschrei zu ignorieren und Paladin die Situation regeln zu lassen.

Paladin Tuk schob unterdessen seinen Sohn in Merry´s Zimmer.  „ Zieh dich um und mach dich fertig fürs Bett!“

„Aber es ist doch noch viel zu früh!“ weinte Pippin und stampfte mit dem Fuß auf.

„Für dich ist JETZT Bettzeit und  du wirst diesen Raum heute nicht mehr verlassen! Ich möchte, das du über dein Benehmen nachdenkst!  Dasselbe gilt auch für dich Pervinca! Geh auf dein Zimmer! Ich und auch alle anderen haben genug von eurer Streiterei.“

*********************

Pippin saß am Fenster und schaute den vielen Schneeflocken zu, die leise vom Himmel zur Erde schwebten. Er seufzte. Das ganze Jahr über hatte er sich auf Yule gefreut und nun so was! Keine Geschenke und Zimmerarrest! Und alles nur wegen Pervinca!

Draußen tauschte die graue Dämmerung ihr Kleid gegen das der schwarzen Nacht und der Mond schaute verstohlen hinter den Wolken hervor.

 Bang, Bang, Bang, halte plötzlich ein lautes Klopfen durch das Brandyschloss und Pippin fuhr erschrocken zusammen.

Bang, Bang, Bang.

Auf Zehenspitzen schlich Pippin zur Zimmertür und hinaus in den dunklen Gang. Alles war still, kein Lachen war zu hören und keine Stimme.

„Ma?“ rief Pippin. “Pa? Merry? Frodo?”

Niemand antwortete ihm.

„Tante Esme? Onkel Doc? Hallo?

Wo seit ihr alle?”

Bang Bang, Bang.

Pippin bekam es mit der Angst zu tun.

So schnell ihn seine Beine tragen konnten rannte er zu dem Schlafzimmer seiner Eltern und schaute hinein. Es war leer.

„Ma? Pa?“ rief er verzweifelt.

Pippin lief durch die Gänge und schaute in die anderen Zimmer und auch in die große Festtagshalle, doch alles war leer und schien so, als sei seit langem niemand mehr dort gewesen.

Staub bedeckte die Möbelstücke und einige Spinnenweben hingen von den Decken.

Pippin begann zu Weinen.

Bang, Bang, Bang.

Vorsichtig nährte Pippin sich der Eingangstür des Brandyschlosses. „Hallo?“ fragte er. „Wer ist da?“

Bang, Bang, Bang, erklang das laute Klopfen erneut und echote durch die Gänge.

„Öffne mir.“ Erklang plötzlich eine tiefe Stimme.

„Wer bist du?“ fragte Pippin. Panik begann in ihm aufzusteigen.

„Öffne mir!“ wiederholte die Stimme.

Pippin wollte dir Tür nicht öffnen. Er wollte weglaufen und sich unter einem Bett verstecken. Er wollte zu seiner Mama, doch irgendetwas zog ihn wie magisch immer weiter zur Tür und seine Hand legte sich auf den Türknauf.

Mit einem leisen Quitschen drehte er den Knauf und die Tür schwang auf.

*******************

Pervinca saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und versuchte ein Buch zu lesen, doch sie fand hierfür nicht die Konzentration. Ihre Gedanken rasten und sie war so wütend. Zimmerarrest! Wie nur konnte ihr Vater ihr Zimmerarrest geben? Ihr!

Pippin hatte mit allem angefangen! Dieser dumme kleine Bruder! Wieso nur hatten ihr Eltern noch ein viertes Kind haben müssen?

Bang Bang Bang.

Pervinca zuckte erschrocken zusammen.  Wer klopfte denn so laut an die Außentür?

Bang Bang bang.

Bang Bang Bang.

Wieso machte denn niemand die Tür auf?

Leise stand sie auf, schlich zur Zimmertür und spähte hinaus.

Langsam schlich sie den dunklen Gang enlang. Wo waren denn alle hin?

Bang Bang Bang.

Sollte das ein Scherz sein? Wunderte sich Pervinca. Wenn dem so war, mochte sie diesen Scherz überhaupt nicht.

Bang Bang Bang.

Unschlüssig blieb das Mädchen vor der Eingangstür stehen.

„Öffne mir!“ erklang eine dunkle Stimme.

Pervincas Hand legte sich auf den Knürkauf und die Tür öffnete sich knarrend.

Die Augen des Mädchens weiteten sich und sie trat einen Schritt zurück.

****************

Eine große Hand legte sich auf Pippin´s Kopf und die Stimme begann erneut zu sprechen.

„Komm.“

„Wohin?“ fragte Pippin mit zittriger Stimme.

„Komm.“

Pippin blickte sich erstaunt um. Die Sonne brannte heiß auf seine Haut und Hundegebell war zu hören.

Er war zu Hause. Er war auf der Farm in Withwell.

Wie kam er denn plötzlich hierher? fragte er sich, doch ein Kichern lenkte ihn von seiner Verwunderung ab.

Neugierig folgte er dem Kichern und blieb schließlich unter einem Baum stehen.

Das Kichern schien aus den Ästen zu kommen.

Pippin blickte nach oben und sah....sich selbst.

„Was zum....?“ dachte er, doch wieder wurden seine Gedanken unterbrochen.

Ein Schrei hallte über die Farm und mit einem lauten Knall landete sein Selbstbild auf dem sandigen Boden unter dem Baum.

Pippin erinnerte sich an dieses Ereignis.

Es war vor zwei Jahren im Sommer gewesen, als er aus dem Baum gefallen war und sich dabei den Arm gebrochen hatte.

„Pippin! Pippin! Was ist denn nur passiert?“

Pervinca rannte über das Feld zu ihm und nahm ihn in die Arme. „Oh Pip. Ganz ruhig. Schhh. Alles wird gut.“  Sagte seine Schwester beruhigend, während sie den Pippin aus der Vergangenheit in ihren Armen wiegte.

Plötzlich änderte sich die Szene und Pippin stand am Rande eines Bettes. Neben ihm standen sein Vater, Pearl und Nell. Seine Mutter lag im Bett und trug ein zauberhaftes Lächeln auf dem Gesicht. Pervinca saß neben Eglantine und hielt ein kleines Bündel in den Armen.

„Du bist jetzt eine große Schwester, Vinca.“ Hörte er seine Mutter sagen.  Das kleine Mädchen strahlte über das ganze Gesicht und gab dem schlafenden Baby in ihren Armen einen zarten Kuss auf die Stirn. „Hab dich lieb, kleiner Bruder!“ flüsterte sie Baby Pippin ins Ohr.

Wieder wechselte die Szene und Pippin fand sich neben einem wunderschön geschmückten Yule Baum wieder.

„Pippin, hörte Pippin seine Mutter sagen, gib Pervinca bitte ihr neues Holzpferd zurück.“

„Ist schon in Ordnung, Mama. Pippin darf ruhig mit ihm spielen, wenn er es so gerne möchte. Ich kann ja auch später noch mit ihm spielen.“

Der vergangene Pippin und der gegenwärtige Pippin lächelten Pervinca beide an.

„Dante Vinta.“ Rief der vergangene Pippin und warf sich seiner großen Schwester in die Arme.

Pippin liefen Tränen über das Gesicht. Wieso nur war er so gemein zu Pervinca gewesen? Er war böse auf sie gewesen, das stimmte, aber trotzdem hatte er sie doch lieb. Wieso nur hatte er sich ihr gegenüber so schlecht verhalten?

Pippin öffnete verschlafen die Augen. Wo war er? Verwirrt schaute er sich um, dann erkannte er Merry´s Zimmer.  Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie leise.

Aus der Halle klangen Lachen und Stimmen zu ihm und ein herrlicher Duft von gebratenem Wild lag in der Luft.

Pippin schlich sich aus dem Zimmer. Sein Vater hatte ihm zwar verboten dieses zu verlassen, aber Pippin hatte etwas Wichtiges zu erledigen.

Das Kind huschte über den Flur und blieb schließlich vor dem Raum stehen, in der er wusste, das Pervinca war.

Pippin legte sein Ohr an die Tür und lauschte. Schluchzend war zu hören. Zögerlich klopfte er an.

„Ja?“ war Pervincas Stimme zu hören und Pippin öffnete langsam die Tür.

Pervinca saß auf ihrem Bett, mit dem Rücken an die Wand gelehnt und die Beine angezogen. Ihre Augen waren verquollen und das Gesicht naß mit vielen Tränen.

„Pippin!“ rief sie und sprang auf. „Oh Pippin, ich hatte einen Traum.... ich....es tut mir so leid Pippin! Ich wollte dich nicht blamieren. Du bist kein Dummkopf!“

Pippin drückte seine Schwester an sich.

„Es tut mir auch leid Vinca! Ich hätte dich nicht immer so ärgern sollen. Es stimmt auch nicht, das ich dich hasse. Ich habe dich so doll lieb.“

***************

Später am Abend kamen Pearl and Pimpernel lachend den Gang entlang und öffneten die Tür zu ihrem Gästezimmer.

Erstaunt blieben sie im Eingang stehen und verstummten.

Ein Lächeln breitete sich auf ihren Gesichtern auf.

„Nell“, sagte Pearl. „Schnell, hol Ma und Pa!“

Bald standen Eglantine und Paladin mit ihren Töchtern in der Tür und auch Frodo und Merry mit seinen Eltern gesellten sich dazu.

Lächelnd blickte alle auf Pervinca und Pippin, die Arm in Arm in einer Decke eingekuschelt, mit einem Buch vor sich auf dem Bett lagen und tief und fest schliefen.

„Jetzt wird es doch noch richtig Yule“, seufzte Eglantine zufrieden und kuschelte sich in die kräftigen Arme ihres Mannes, der sie glücklich an sich drückte.

 

-Ende-





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