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Liebes Tagebuch  by Lily Dragonquill

18. Rethe 1368



"Primula! Bist du hier, meine Liebe?"

Menegilda Brandybock schloss die Eingangstür hinter sich. Außer dem schwachen Licht des Kamins im Wohnzimmer war nichts zu sehen in der kleinen Hobbithöhle außerhalb von Bockenburg. Sie hängte ihren Mantel an den Haken und ging suchend den Flur entlang. "Primie?" rief sie noch einmal, doch niemand antwortete. Es war beinahe Mittag, und Menegilda begann sich zu wundern. Für gewöhnlich war Primula um diese Tageszeit immer zu Hause - und immer hatte sie einen Kessel für Tee über dem Feuer hängen. "Ich möchte nie unvorbereitet sein", pflegte sie zu sagen.

Menegilda war ihrer Schwägerin schon immer nahe gestanden, besonders als sie Primula aufgrund ihrer Arbeit als Hebamme während der schweren Zeit ihrer Fehlgeburten unterstützt hatte. Das arme Ding wünschte sich so sehnsüchtig ein Kind, doch ihr Körper schien nicht gewillt, neues Leben gedeihen zu lassen.

"Gilda", rief Primula plötzlich von der Küchentür aus. "Was machst du hier?" Sie trocknete die Hände an ihrer Schürze und eilte herbei, um ihrer Schwägerin mit einer warmen Umarmung zu begrüßen. "Ich dachte du wärest den ganzen Rethe über im Brandyschloss, um alles für Saras Geburtstag vorzubereiten. Wie geht es dem Jungen?"

"Oh, ihm geht es gut und sein Kopf ist voller Dummheiten, wie immer", antwortete Gilda lachend, wobei sie Primula vom Kopf bis zu den Zehen betrachtete. "Du siehst gut aus."

Primula errötete und winkte ab, ehe sie ihre Freundin in die Küche führte. "Was bringt dich her?", wollte sie wissen, während sie ihren Teekessel vom Feuer nahm und ihrer Schwägerin eine Tasse Pfefferminztee reichte. Sie bot ihr nicht an, sich zu setzen, sondern nahm einen Apfel aus dem Korb auf dem Tisch und ging geradewegs zur Hintertür. Einmal im Freien setzte sich Primula auf eine Bank, warf Drogos Hemden in den Waschzuber und begann zu schrubben.

"Nun", Gilda räusperte sich und während sie sich setzte, beobachteten ihre Augen Primula genau. "Der Grund für mein Kommen ist der, dass mir Gerüchte zu Ohren gekommen sind."

Primula erstarrte. Ohne ihre Freundin anzusehen, fragte sie zweifelnd: "Welche Art von Gerüchten?" Als Gilda nicht sofort antwortete, hob Primula langsam den Kopf, um ihrer Freundin in die Augen zu sehen. "Wer hat mit dir über mich gesprochen?" Ihre Stimme war nicht nur zweifelnd, sondern auch von Furcht überschattet und ihre Augen suchten verzweifelt nach der Wahrheit im Blick ihrer Freundin.

Gilda grinste von einem Ohr zum anderen, antwortete jedoch nicht. Stattdessen nahm sie einen Schluck Tee, lehnte sich zurück und streckte ihre Beine. "Gilda", drängte Primula, ihre Stimme beinahe verärgert. Eine heimliche Bitte schwang darin mit.

Menegilda setzte sich auf, legte einen Arm um Primulas Schultern und küsste ihre Wange. "Kein Grund zur Sorge, meine Liebe", sagte sie beruhigend, wobei sie Primula liebevoll ansah. "In Wahrheit war es nur dein sehr besorgter Gatte, der mit mir gesprochen und mich gebeten hat, nach dir zu sehen." Sie spürte, wie Primula sich unter ihrer Berührung verkrampfte und schüttelte sie sanft. . "Du solltest etwas wie das nicht verbergen", sagte sie leise, ihre Augen voller Liebe und Verständnis.

Primula spürte einen Kloß in ihrem Hals und versuchte, ihn zu schlucken - ohne Erfolg. Ihre Augen füllten sich plötzlich mit Tränen. Sie konnte Menegildas Blick nicht länger standhalten und musste sich abwenden. Der Apfel, den sie hatte essen wollen, lag vergessen neben ihr. Ihre Hand griff nach ihrer Schürze, hielt sie krampfhaft fest. Ihr Körper zitterte und eine einzelne Träne rann ihr über die Wange. "Ich konnte es nicht sagen", flüsterte sie beinahe tonlos mit erstickter Stimme. "Ich konnte es niemandem sagen, dir am allerwenigsten."

Gilda legte die Stirn in Falten, als sie ihre Freundin zu sich zog und über deren Rücken strich, wie sie es bei ihren Söhnen zu tun pflegte, als diese noch jünger waren. "Weshalb nicht, Liebe? Du weißt, dass du immer mit mir sprechen kannst, nicht wahr?" Sie fühlte Primulas Nicken, doch sie antwortete nicht. "Was hat dich daran gehindert?"

Primula schluckte schwer, als sie sich aus der Umarmung löste, die sie nicht halb so viel tröstete, wie sie es hätte tun sollen, und schlug die Augen nieder. Ihre Fäuste öffneten und schlossen sich immer wieder, während sie mit ihrer Schürze spielte. "Ich fürchtete, was du mir womöglich gesagt hättest", antwortete sie in einem elenden Flüstern. "Ich hätte es nicht ertragen, wenn du mir noch einmal gesagt hättest, dass ich womöglich ein weiteres Kind verliere. Ich habe nicht die Kraft dazu, dich das sagen zu hören - nicht schon wieder."

Gilda biss sich auf die Lippen und zog Primula noch einmal zu sich, bemüht, sie zu beruhigen. Sie hätte es wissen müssen. Sie mochte es selbst nicht, wenn sie diese Art von Nachricht überbringen musste und für Primula, die bereits drei Fehlgeburten hinter sich hatte, wären diese Worte wie Salz auf eine frisch geöffnete Wunde. Heiße Tränen tropften auf ihren Kragen, während sie ihre Freundin sanft hin und her wiegte. Sie wusste, welchen Schaden die Angst vor einer Fehlgeburt anrichten konnte, hatte es zu oft erleben müssen. Und eigentlich war das der Grund für ihren Besuch. Primula musste sich von diesen Ängsten lösen. Sie würden nicht nur ihr, sondern auch dem ungeborenen Kind schaden. Sobald Drogo ihr von der Schwangerschaft seiner Frau erzählt hatte, war das Wohlergehen von Mutter und Kind alles gewesen, woran Menegilda hatte denken können.

Primula, deren Finger Gildas Kleid fest umklammerten, weinte noch immer, doch ihre Schluchzer wurden weniger und bald hatte sie die Kontrolle über sich wiedererlangt. Von ihrer Freundin ablassend, wischte sie sich mit ihrer Schürze über die Augen und flüsterte: "Es tut mir Leid. Es ist nur…"

"Still", sagte Gilda tröstlich und legte einen Finger auf Primulas Lippen. "Weshalb sorgst du dich jetzt schon, meine Liebe? Ich habe dich noch nicht einmal untersucht und du solltest keine Antwort fürchten, die du womöglich nie erhältst. Komm, lass uns hinein gehen."

Primula nickte langsam und erlaubte Menegilda schließlich, sie zurück in die Höhle und in ihr Schlafzimmer zu führen. Während sie sich auszog, ging Menegilda noch einmal in die Küche, um sich die Hände zu waschen.

Primula setzte sich auf das Bett und blickte gedankenverloren auf ihren Bauch. Er sah aus wie immer. Sie seufzte schwer. Wenn ihr Wunsch sich nur erfüllen würde. Erschrocken blickte sie auf, als Menegilda mit einem breiten Lächeln zurückkehrte. Primula runzelte die Stirn, machte es sich jedoch auf dem Bett gemütlich, wobei sie ihre Hände, einem Impuls folgend, auf ihren Bauch legte.

Gilda lächelte über diese instinktive Geste und nahm Primulas Hände sanft in ihre eigenen. Sie waren kalt und zitterten. "Mach dir keine Sorgen, Liebe", sagte sie ruhig. "Ich bin sicher, dass alles in Ordnung ist."

Primula zwang sich zu lächeln, doch ihr ganzer Körper verkrampfte sich. Wenn sie ihre Ängste nur vergessen könnte! Als sie neue Tränen in sich aufsteigen spürte, schloss sie ihre Augen und wartete. Bald spürte sie Menegildas warme Hand auf ihrem Bauch, doch ihre Freundin tat nichts, sprach lediglich mit ihr, bat sie, sich zu entspannen und war am Ende sogar erfolgreich darin, sie von ihren Sorgen abzulenken. Dennoch hafteten Primulas Augen auf Gildas Gesicht, beobachteten jeden ihrer Züge. Doch das Gesicht ihrer Freundin ließ sich nicht lesen - eine Gabe, die Gilda in ihren frühen Jahren als Hebamme gelernt hatte - und so blieb Primula nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen, während Gildas sanfte Hände über das weiche Fleisch ihres Bauches strichen und pressten.

Ihre Gedanken wanderten zu dem Kind und wie groß es zu diesem Zeitpunkt schon sein musste. Ob sie es wohl bald spüren würde? Sie wusste es nicht, denn obwohl sie schon früher eine Veränderung in ihrem Körper hatte spüren können, war es ihr nie vergönnt gewesen, zu fühlen, wie ihr Kind sich in ihr bewegte.

"Wie steht es mit dir? Fühlst du dich gut oder gibt es etwas, das dir Sorgen bereitet? Primie?" Gildas Frage weckte sie aus ihrem Tagtraum. Menegilda betrachtete sie mit abwartendem Blick. Primula blinzelte und zog eine Augenbraue hoch.

Ein Lächeln schlich über Gildas Züge, als sie ihre Frage wiederholte. Immerhin hatte sie Primula dabei helfen können, sich zu entspannen und die Beschwerden von denen ihre Freundin sprach - Übelkeit, Schwindel - waren nicht unnatürlich. Alles in allem war Gilda zufrieden. Primula schlüpfte wieder in ihr Kleid, ihre Augen bittend auf ihrer Freundin. Gilda konnte eine bleibende Angst in ihrem Blick erkennen. "Mach dir keine Sorgen, meine Liebe", versicherte sie mit einem Lächeln. "Alles ist in Ordnung, sofern ich das beurteilen kann. Es gibt nichts, worum du dich sorgen müsstest."

Primulas Augen weiteten sich. "Wirklich?", fragte sie stimmlos und bemerkte, dass ihr Mund ganz trocken war. Ein Nicken von Gilda genügte, um sie erneut in Tränen ausbrechen zu lassen. Natürlich waren es dieses Mal Tränen der Freude. Vielleicht sorgte sie sich tatsächlich unnötig?

"Beruhige dich, meine Liebe", sagte Gilda sanft, wobei sie einen Arm um ihre Schultern legte und sich mit ihr auf die Bettkante setzte. "Das ist nicht die Zeit für Tränen. Deine Sorgen bekümmern auch das Kind, das du in dir trägst, und du willst doch nicht, dass das Kleine noch vor seiner Geburt völlig außer sich gerät, nicht wahr?"

Inmitten ihrer Tränen begann Primula zu lachen und blickte Gilda aus strahlenden Augen an. "Natürlich nicht", antwortete sie und nahm einen tiefen Atemzug um sich zu beruhigen. Ihre Hände zitterten noch mehr als zuvor. "Du meinst wirklich, dass ich es dieses Mal schaffen könnte?" Sie konnte kaum glauben, was Gilda ihr soeben erzählt hatte.

Zu ihrer Enttäuschung zuckte Gilda mit den Schultern "Das kann ich nicht mit Sicherheit sagen, doch die Dinge stehen gut."

Mehr Tränen strömten über Primulas geröteten Wangen, doch diese aus Glück, denn all ihre Ängste hatten sie verlassen. In diesem Moment fühlte sie sich so froh, sie fürchtete, sie könne vor Freude zerspringen. Sie war schwanger und ihrem Kind ging es gut.

Mit einem schweren Seufzen legte sie ihren Kopf auf Gildas Schultern und schloss die Augen, während ihre Schwägerin durch ihre Haare strich, wie sie es bei einem Kind tun würde. Primulas Händen ruhten auf ihrem Bauch. Ihrem Kind ging es gut und sie würde alles tun, damit das auch so blieb.





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