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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Author notes:
Erst einmal möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei Andrea für ihre treuen Reviews zu bedanken. Wenn es dich nicht gäbe, hätte ich wirklich das Gefühl nur für mich allein zu schreiben. Danke dir.

Zum Zweiten möchte ich kundtun, dass ich eine Homepage für meine Geschichten gemacht habe. Noch kann sie nicht besucht werden, doch wird sie spätestens innerhalb der nächten paar Tage online gehen. Natürlich werde ich auch weiterhin hier bei Stories of Arda updaten, doch ich würde mich freuen, wenn ihr auch auf der Homepage vorbei schaut. Zu finden ist sie hier: Lily's Smial



~*~*~




Kapitel 66: Schmerz



Marroc spürte, wie Frodo den Kampf gegen ihn aufgab und erst da wurde ihm klar, wie lange er sein Opfer bereits unter Wasser hielt. Der Funke in seinen Augen erlosch und von plötzlichem Unbehagen ergriffen, riss er den Körper, der ihm hilflos unterlegen war, wieder aus dem Fluss. Wie leblos sank dieser gegen seine Brust. Von plötzlichem Schrecken ergriffen, umklammerte Marroc die Oberarme des Jüngeren, schüttelte ihn, um Farbe, Leben, in das Gesicht des Jungen zurückzulocken.

Gefangen vom schmerzlichen Anblick seiner Eltern erlaubte Frodo seinem Geist ihn zu verlassen. Er gab sich auf, wissend, dass Marroc ihn nie würde gehen lassen. Das Wasser brannte sich seinen Hals hinab. Seine Lungen füllten sich damit und bald verklang auch das Verlangen zu Husten. Er bemerkte kaum, wie er hochgehoben wurde, bis Schwindel ihn überfiel und er erneut zu husten begann. Anstelle des befürchteten Wassers füllte jedoch Luft seine Nase und Frodo riss vor Überraschung die Augen auf. Würgend und keuchend hustete er die Flüssigkeit aus seinen Lungen, begierig den ersehnten Lebenshauch an deren statt zu fühlen. Der erste Atemzug brannte in seinen Lungen wie eine lodernde Flamme, doch es war ihm gleich. Sollte er brennen, so lange er nur wieder atmen konnte. Sein Körper zog sich krampfhaft zusammen unter der Macht dieses Verlangens und als er verzweifelt einen weiteren Zug nahm, drängte sich das Wasser seinen Hals empor. Der grausige Geschmack von Sand und Algen legte sich auf seine Zunge, der faule Geruch des Todes füllte seine Nase und er spuckte und spie, um sich dessen zu entledigen.

Er blinzelte, ob dem Gras, das seine Wangen und Arme kitzelte. Die Sonne blendete ihn und immer wieder schlossen sich seine Lider, als einzelne Wassertropfen in die empfindlichen Augen zu rinnen drohten. Schwerfällig stützte er sich auf seinen linken Arm, würgte einige Male trocken, als könne er sich dadurch des schleimigen Geschmackes, der noch auf seiner Zunge lag, entledigen, doch es gelang ihm nicht und so ließ er sich schwer zurück ins Gras sinken. Eine Hand ruhte auf seiner Brust, die andere lag wie leblos neben seinem Körper. Nur langsam beruhigten sich seine ruckartigen, flachen Atemzüge, die aus reiner Verzweiflung geboren waren, bis sich seine Brust schließlich in gleichmäßigen Bewegungen hob und senkte. Er konnte das Blut in seinen Ohren rauschen hören, spürte jeden verzweifelten Herzschlag, doch noch würde er nicht sterben.

"Du bleibst also bei deiner Antwort?"
Frodos Augen weiteten sich in blankem Entsetzen. Unbeholfen setzte er sich auf, schwindelte kurz und wich zurück, ehe seine zitternden Arme wieder unter ihm weg brachen. Kalte Angst spiegelte sich in seinen Augen wider. Jegliche Entschlossenheit war erloschen, hatte nur mehr Furcht zurückgelassen. Er spürte deren grobe Finger, die sich kalt um seine Eingeweide schlossen, sie zusammenzogen, bis seine Atmung stockte und er einen Anflug von Übelkeit empfand. Seine Finger gruben sich in die weiche, warme Erde, als könne sie ihn festhalten, sollte Marroc ihn erneut hochheben.
Angstvoll kniff er die Augen zusammen, als sich Marrocs kräftige Gestalt vor ihm aufbaute und das Licht der Sonne verdeckte. Er konnte ihn schlagen, konnte ihn treten, so lange er ihn nicht wieder unter Wasser hielt. Er wagte kaum zu nicken, brachte die zaghafte Bewegung nur durch Zwang zustande. Die feinen Härchen an seinem Nacken richteten sich auf, ebenso wie jene an seinen Armen und Beinen. Er konnte hören, wie Marroc sich zu ihm herabbeugte, wagte jedoch nicht, die Augen zu öffnen. Nur durch einen schmerzhaften Biss auf die Unterlippe konnte er sich daran hindern, zu wimmern und Marroc um Gnade zu bitten, als dieser ihn plötzlich erneut am Kragen packte, seinen Oberkörper anhob.
Erschrocken schnappte er nach Luft, riss die Augen auf. Marrocs Gesicht ruhte vor dem seinen und die dunklen Augen schienen ihn förmlich zu durchbohren. Frodo war wehrlos gegen diesen Blick, doch hob er eine Hand, um Marrocs Arm zu umklammern. Eine nutzlose Berührung, kaum in der Lage, was immer auch kommen mochte, abzuwenden.
"Geh", knurrte Marroc und stieß ihn kraftvoll zurück zu Boden. "Geh mir aus den Augen, ehe ich es mir anders überlege."

Frodo wusste nicht, woher dieser Sinneswandel stammte, doch er dachte nicht einmal daran, ihn zu hinterfragen. Marroc bot ihm die Möglichkeit, das zu tun, was er im Augenblick am meisten ersehnte, und diese würde er ergreifen, so lange er noch dazu in der Lage war. Er rappelte sich auf, stolperte mit weichen Knien vom Ufer weg und den Hang hinauf. Oben angekommen, blickte er noch einmal zurück. Marroc saß an derselben Stelle wie zuvor, sah nicht einmal zu ihm herauf. Für einen Augenblick fragte Frodo sich, was ihm jetzt wohl durch den Kopf ging, dann begann er zu laufen, so schnell es seine zitternden Beine erlaubten.

Er bebte, doch ob vor Kälte oder Furcht wusste er nicht zu sagen. Die nasse Kleidung klebte an seinem Körper. Kleine Rinnsale liefen von seinen Haaren über seinen Nacken oder tropften von seiner Kleidung, um in einer zarten Berührung über seine Beine zu gleiten. Im leichten Wind trockneten diese jedoch rasch. Seine Lungen brannten wie Feuer und ihm war, als würden tausende Nadeln in seine Brust gebohrt. Heißes Blut tropfte von einem Kratzer an seiner rechten Ferse und mit jedem Tritt ging ein pochender Schmerz davon aus. Dennoch rannte Frodo weiter, flüchtete vor Marroc und dem unberechenbaren Funkeln in dessen Augen. Er hatte einmal erlebt, wie Marroc sich vergaß, doch Schläge waren nichts im Vergleich zu dem, was der ältere Hobbit ihm heute angetan hatte. Um ein Haar hätte er ihn umgebracht. Und all das nur, weil Marroc glaubte, er wäre Schuld an dessen ungeliebter Arbeit.

Frodos Schritte verlangsamten sich, ehe er schließlich keuchend auf die Knie sank. Der Kopf schwamm ihm. Ihm war übel und ein dünner Schweißfilm bedeckte seine Stirn. Sein Herz drohte zu bersten, so wild schlug es in seiner Brust. Verzweifelt gegen den Brechreiz ankämpfend, schloss Frodo die Augen.
Silberschweif.
Sein erster, klarer Gedanke galt dem jungen Hengst. Er würde reiten. Nur für eine kurze Weile würde er mit dem Pony davon reiten und dem Gedanken an Marroc entfliehen. Er würde das Abendessen versäumen, doch er hatte ohnehin keinen Hunger, nicht mehr. Er musste nur fort von hier, fort und wieder zu sich kommen. Schnaufend kam er wieder auf die Beine, richtete den Blick auf die Pferdekoppel, die ein Stück weiter nördlich lag, ehe er sich strauchelnd in Bewegung setzte, fest entschlossen, sein Vorhaben umzusetzen.



~*~*~



Es war ihm ein Leichtes gewesen, Silberschweif mit einem der Halfter, die am Zaun hingen, einzufangen und ihn mit sich zum Brandyschloss zu führen. Dort hatte er ihn aufzäumen wollen, doch Merimac hatte seinen Plan durchkreuzt, war auf ihn zugekommen, ehe Frodo dem Pony den Sattel hatte anlegen können. Der Bruder des Herrn hatte wissen wollen, was er um diese Zeit noch vorhabe und weshalb er nicht fragte, ehe er sich ein Pony auslieh. Frodo hatte diese Fragen weder beantworten können, noch wollen und so hatte er auf den Sattel verzichtet, sich mit etwas Mühe auf den Rücken des Tieres geschwungen, nach den Zügeln gegriffen und war davon galoppiert, ehe Merimac ihn hatte aufhalten können.

Der Wind peitschte ihm ins Gesicht, pfiff in seinen Ohren. Er hatte Silberschweif nach Südosten gelenkt und galoppierte nun mitten durch frisch abgemähte Wiesen. Schweine in ihren Schmutzlöchern, Schafe und Ziegen hoben die Köpfe, als Frodo mit seinem Reittier an ihnen vorüber preschte, während einige Ponys sie wiehernd begrüßten und sie am Zaun entlang ein Stück weit begleiteten. Frodo nahm all dies kaum wahr. Tränen waren in seine gereizten Augen getreten und da er ohnehin kein bestimmtes Ziel zu erreichen hoffte, war es ihm gleich, wohin der Hengst ihn führte. Er presste seine Schenkel an den Körper des Tieres, um ausreichend Halt zu finden, spürte, wie sich die Muskeln des Ponys bei jeder Bewegung anspannten. Silberschweif schien zu spüren, dass es ihn fortdrängte, denn Frodo brauchte ihn nicht anzutreiben. Dennoch glaubte er bald, jeden Muskel in seinen Beinen zu spüren, biss jedoch die Zähne zusammen, unwillig, jetzt schon anzuhalten. Er war noch nicht weit genug geritten, auch wenn er nur mehr selten auf Bauern oder Feldarbeiter traf, deren Felder und Wiesen er passierte. Der Wind hatte seine Kleidung und Haare beinahe getrocknet, doch hatte er nichts, womit er den sandigschleimigen Geschmack in seinem Mund wieder hätte loswerden können. War dies das Letzte gewesen, was seine Eltern vor ihrem Tod geschmeckt hatten?

Frodos tränenden Augen schlossen sich, während seine Beine um ihren Halt vergaßen und hätte Silberschweif die Veränderung nicht gespürt und wäre in einen gemütlichen Schritt verfallen, wäre Frodo von dessen Rücken gerutscht. Vor seinen geschlossenen Lidern trieb das blaue Tuch seiner Mutter, das eine Ende noch immer um blasse, feingliedrige Finger gewickelt, während das andere seinen Hals liebkoste. Seine Eltern schwebten vor ihm im Wasser, die Gesichter, deren Ausdruck er nicht zu lesen vermochte, ihm zugewandt XXeXX. Seine Augen suchten die ihren, als er einen tiefen Atemzug nahm.

Frodo spürte, wie der Brechreiz ihn übermannte, riss unbeabsichtigt grob an den Zügeln und ließ sich von Silberschweifs Rücken gleiten, noch während der Hengst den Kopf in die Höhe warf. Kaum berührten seine Füße das weiche Gras, sank er auf die Knie, würgte trocken. Seine Finger schlossen sich beinahe krampfhaft um die Grashalme, wobei sein ganzer Körper unkontrolliert zu zittern begann. Tränen liefen über seine Wangen, begleitet von leisen Schluchzern.
Er war gelähmt gewesen, seit Marroc ihn aus dem Fluss gezogen hatte, doch jetzt brach alles aus ihm hervor. Er hatte Angst, schreckliche Angst. Nie zuvor hatte er sich so sehr gefürchtet wie in jenem Augenblick, an dem Marroc ihn das erste Mal unter Wasser gehalten hatte. Es war ein entsetzliches Gefühl gewesen, atmen zu wollen, doch keine Luft zu finden, den Grund unter seinen Füßen zu spüren und doch nicht in der Lage zu sein, sich an die Oberfläche zu stoßen, das Licht zu sehen und es doch nicht erreichen zu können.

Immer neue Schluchzer brachten seinen Körper zum Beben, bis er sich schließlich zur Seite sinken ließ und den Kopf ins Gras legte. Seine rechte Hand strich immer wieder über die saftigen Halme, als könnten sie ihm die Ruhe spenden, die sein verängstigter Geist benötigte. Um ein Haar wäre er erstickt, hätte denselben Tod gefunden wie seine Eltern. Welch schreckliches Ende sie doch ereilt hatte. Er konnte sie sehen, wie sie vom Wasser verschlungen wurden, spürte ihren Schmerz, ihre Verzweiflung während sie vergebens versuchten, wieder an die Oberfläche zu gelangen. Er roch den algenartigen, beinahe modrigen Geruch des Flusses, der alsbald durch kaltes Wasser in seiner Nase ersetzt wurde, um sich mit dem sandigschleimigen Geschmack auf seiner Zunge zu vereinen und sich einen Pfad in seine brennenden Lungen zu suchen. War dies der Augenblick gewesen, an dem der Tod sie ereilt hatte?

Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, während er verzweifelt darum bemüht war, den Gedanken abzuschütteln. Er wollte nicht über ihren Tod nachdenken, nicht auf diese entsetzliche Weise. Mühevoll stützte er sich auf und spie aus. Er musste diesen Geschmack loswerden. Mit zitternden Knien erhob er sich schließlich, wischte sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen, nur um diese sogleich durch neue zu ersetzen. Silberschweif stand neben ihm, genoss offensichtlich die Abendsonne. Frodo griff unter dem Hals des Tieres nach den Zügeln und führte ihn neben sich her. Auch seine Finger zitterten, gaben ihm das Gefühl, völlig schwach und wehrlos zu sein. Sein Atem stockte, wurde immer wieder durch leise Schluchzer unterbrochen. Silberschweif schnaubte, als wolle er fragen, weshalb er so betrübt war und Frodo strich ihm zärtlich über die Nüstern. Die Anwesenheit des jungen Hengstes beruhigte ihn ein wenig, auch wenn das Pony ihm in seiner Lage nicht helfen konnte. Nur langsam lief er über die Wiese, auf einen Baum zu, von dem er hoffte, dass er um diese Jahreszeit Früchte trug.
Er hatte Glück, denn im Schatten der kräftigen Äste lagen heruntergefallene Pflaumen. Frodo war froh, dass am Nachmittag offensichtlich niemand hier gewesen war, um das Fallobst aufzulesen, denn er wäre nicht in der Lage gewesen, den Baum zu erklimmen. Silberschweifs Zügel loslassend, griff er nach einer Pflaume, nahm einen Bissen, kaute und spuckte ihn dann aus. Der scheußliche Geschmack hielt sich hartnäckig, doch wurde er mit jedem Bissen weniger und als Frodo mit der ganzen Pflaume so verfahren war, war er durch einen leicht süßlichen, rauen Geschmack ersetzt worden. Erleichtert und zumindest ein wenig beruhigt, lehnte Frodo sich gegen den Stamm, ließ sich langsam daran zu Boden gleiten.

Ein roter Streifen schimmerte am westlichen Horizont, kündigte das Ende des Tages an. In den raschelnden Blättern des Baumes hatten sich einige Vögel eingefunden, die ihr letztes Lied sangen, ehe sie sich zur Ruhe begeben würden. Neben ihm roch Silberschweif ebenfalls an einer Pflaume, war von der Frucht jedoch wenig angetan. Frodo ließ den Hengst wortlos gewähren. Erschöpft schloss er die Augen. Er hatte sich auf diesen Tag gefreut, war glücklich gewesen. Weshalb hatte Marroc dieses Glück zerstören müssen? Was hatte er ihm denn getan? Hatte der Ältere nun jeglichen Skrupel verloren? Was mit Drohungen und kleineren Handgreiflichkeiten begonnen hatte, war vor zwei Jahren zu einem blutigen Kampf ausgeartet, in dem keine Rücksicht genommen worden war. Frodo hatte geglaubt, Marroc hätte dabei den Höhepunkt seiner Grausamkeit erreicht, doch heute hatte er am eigenen Leibe das Gegenteil erfahren müssen. Nur ein kleines Bisschen hatte gefehlt und Marroc wäre nicht einmal vor Mord zurückgeschreckt.
Frodo wusste, dass er mit Saradoc darüber sprechen sollte, doch er fürchtete sich davor. Wenn Marroc erfuhr, dass er geredet hatte, ehe Saradoc handeln konnte, würde dieser auch seine letzten Hemmungen verlieren und zu Ende bringen, was er am Fluss begonnen hatte. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken, brachte seinen Körper zum Erzittern. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schüttelte er den Kopf. So etwas wollte er nie wieder durchmachen. Was würde es schon ändern, wenn er mit Saradoc sprach? Er hatte bereits oft genug erleben müssen, wie wenig der Herr ihm helfen konnte, wenn es um Marroc ging. Hätte Saradoc wirklich Einfluss, wäre so etwas wie an diesem Tag nie geschehen. Frodo schluckte, während sich Tränen in seinen Augenwinkeln sammelten Er würde schweigen, in der Hoffnung, dadurch Schlimmerem zu entgehen.
Müde schloss er die Augen, erlaubte einer Träne, über seine Wange zu gleiten. Er würde warten, bis er sich ausreichend beruhigt hatte. Mit etwas Glück war Saradoc noch nicht wieder daheim, wenn er zum Brandyschloss zurückkehrte und er würde, zumindest vorerst, lästigen Fragen entgehen.



~*~*~



Die Sonne hinterließ nur mehr einen blassen, hellblauen Streifen am westlichen Horizont, als Frodo aus der Sattelkammer trat und sich bereit machte, die Gänge des Brandyschlosses zu betreten. Er war mit Silberschweif bis zur Koppel geritten, hatte ihm dort das Halfter abgenommen und ihn wieder zu den anderen Ponys traben lassen, ehe er sich zu Fuß auf den Heimweg gemacht hatte. Die Zügel an ihren Platz hängend, wollte er nichts weiter, als sich in sein Bett zu legen. Er fühlte sich kraftlos und auch wenn er die Zeit davor genossen hatte, brannte er darauf, diesem Abend ein Ende zu setzen.
Tief Luft holend trat er in die Nacht hinaus, als sich plötzlich die Hintertür des Brandyschlosses öffnete. Eine große, dunkle Gestalt zeichnete sich im Lichtschein ab, der durch die Tür nach draußen drang.
"Wo warst du?"
Frodo verkrampfte sich, biss sich auf die Lippen. Das Glück, von dem er vor kurzem noch geglaubt hatte, es wieder gefunden zu haben, war ihm nicht länger hold. Der Herr von Bockland trat an ihn heran und Frodo senkte den Kopf, hoffte, Saradoc möge sich kurz fassen und ihm weiteren Schmerz ersparen.

Saradoc war müde. Er war erst vor wenigen Augenblicken von seinem Marktbesuch zurückgekehrt und hatte sich auf ein entspannendes Bad gefreut, als Esmeralda ihm beunruhigt offenbart hatte, dass Frodo nicht zum Abendessen erschienen war und dass sie ihn schon seit dem Mittag nicht mehr gesehen hatte. Von seinem Bruder hatte er erfahren, dass der Junge früh am Abend mit einem Pony davon geritten war, es offensichtlich so eilig gehabt hatte, dass er sich nicht einmal die Zeit genommen hatte, dem Tier einen Sattel anzulegen. Mit einer Mischung aus Sorge und Wut hatte er sich aufmachen wollen, den Jungen zu suchen, da offenbar keiner seiner Familie und Freunde auf die Idee gekommen war, dies auch ohne seine Anweisung zu tun. Eine Tatsache, die ihn zusätzlich reizte. Er brauchte nicht weit zu gehen, und obschon er erleichtert war, Frodo hinter der Höhle vorzufinden, gelang es ihm nicht, seine Verärgerung über dessen unvermittelte Entscheidung, ohne eine Erklärung wegzugehen, zu verbergen.

"Ausreiten."
"Und wohin?"
Der fordernde Tonfall ließ Frodo kaum merklich zusammenzucken. Er wusste, dass Saradoc seine knappe Antwort nicht genügen würde, doch der Herr würde sich damit zufrieden geben müssen.
"Fort."
"Das habe ich gesehen", meinte Saradoc ernst. "Du weißt, dass du dir ohne Erlaubnis kein Pony nehmen darfst, erst recht nicht, wenn keiner weiß, wo du hin willst. Weshalb bist du so plötzlich gegangen, obwohl du genau wusstest, dass du zum Abendessen zu Hause sein solltest?"
Frodo zuckte mit den Schultern und Saradoc spürte den Zorn in sich erwachen.
"Sieh mich an, Frodo", forderte er streng. "Wo warst du heute Abend?"
Zaghaft hob Frodo den Kopf, doch schien er darum bemüht, ihn nicht anzusehen, denn seine Augen sahen durch ihn hindurch. Etwas an diesem Blick gefiel Saradoc nicht, ließ ihn stutzig werden, doch er konnte nicht sagen, was es war.
"Fort", wiederholte Frodo noch einmal in leisem, gleichgültigem Tonfall.
Saradoc seufzte schwer. Frodos Sturkopf war eine Mauer, die er nur selten zu durchbrechen vermochte, doch selbst für einen Versuch reichte seine Kraft heute nicht mehr aus. Einen langen Augenblick sah er den Jungen vor sich an. Etwas stimmte nicht. "Ist alles in Ordnung?"
Frodo nickte. In der Dunkelheit konnte Saradoc sein Gesicht kaum erkennen, doch für einen kurzen Augenblick glaubte er, auf den Zügen des Jungen dieselbe Müdigkeit zu erkennen, die auch seinen Gliedern anhaftete. Kaum merklich schüttelte er den Kopf, griff sich unwillkürlich mit den Fingern zwischen die Augen. Es hatte keinen Sinn, ihn länger auszufragen. Er war zurück und das war die Hauptsache.
"Geh auf dein Zimmer", verlangte er dann, woraufhin Frodo schweigend an ihm vorüber schritt, scheinbar erleichtert, endlich in die Höhle treten zu dürfen. Saradoc beobachtete ihn einen Moment schweigend und folgte ihm schließlich.



~*~*~



Mit leisem Zischen fing das Streichholz Feuer. Die Flamme flackerte, als Frodo seine Hand vorsichtig zur Kerze bewegte, um den Docht zu entzünden. Inzwischen fand er sich hier ebenso gut zurecht wie in seinem alten Zimmer, selbst in völliger Dunkelheit.
Der sanfte Lichtschein tauchte sein Gesicht in einen goldenen Schimmer. Tränen, zuvor in der kühlen Finsternis verborgen, legten einen feuchten Glanz über seine traurigen, blauen Augen, deren Blick auf dem Bild ruhte, das ihn mit seinen Eltern zeigte.
"Ich möchte niemals ertrinken müssen", flüsterte er tonlos, wobei seine Finger zärtlich über den Rahmen strichen. "Nie."
Das Klicken der Tür ließ ihn überrascht zusammenzucken. Eiligst wischte er sich mit dem Ärmel die Tränen aus den Augen und wandte sich um. Merry trat leise und mit erschöpftem Gesichtsausdruck ein.
"Frodo", rief er überrascht aus, als er ihn erkannte. "Wo warst du? Mama, Papa und ich haben uns Sorgen gemacht."
Frodo zuckte mit den Schultern. "Ich war fort."
Merry bedachte ihn mit einem fragenden Blick, eine Augenbraue hochgezogen, die Lippen leicht geöffnet, als wolle er etwas sagen. Das schwache Licht, das vom Gang hereindrang, erlosch, als der jüngere Hobbit die Tür hinter sich schloss. Um seinen Vetter von weiteren Fragen abzuhalten, rang Frodo sich ein gequältes Lächeln ab, das, zu seiner eigenen Überraschung ausreichte, den Jüngeren zufrieden zu stellen. Mit einem Kopfnicken setzte sich Merry in Bewegung, taumelte gähnend auf sein Bett zu und ließ sich müde auf die Matratze sinken.
"Du hast so viel verpasst!" tat er dann kund und knöpfte sich im Liegen das Hemd auf. "Dick und Estella waren dort und jemand hat einen riesigen, hölzernen Drachen mitten auf dem Marktplatz aufgestellt. Wir sind die ganze Zeit darauf herumgeklettert, bis uns Papa auf einen großen Krug Holdersaft eingeladen hat. Später durfte ich sogar ein Glas Beerenmilch haben. Köstlich!" Er leckte sich die Lippen, um seinen Worten Ausdruck zu verleihen und schälte sich aus seinem Hemd.

Frodo hörte ihm schweigend zu. Die Worte seines Vetters erfüllten ihn mit Schwermut und er wünschte sich insgeheim, er wäre auch auf den Markt gegangen und Marroc dadurch entkommen, doch zumindest brauchte er nicht zu reden, solange Merry das tat. Während er sich ebenfalls seiner Kleider entledigte und in sein Nachtgewand schlüpfte, fuhr Merry fort.
"Es gab so viele schöne Dinge: Schnitzereien, an denen jede Einzelheit ausgearbeitet war, Messer, um diese Kunstwerke selbst zu machen, Lederbeutel, Glücksbringer, Kuchen und Pasteten. Alles, was das Herz begehrt. Es war herrlich!"

Die Tür öffnete sich und Saradoc trat ein, wie er es jeden Abend tat. Diese Tatsache war Frodo gleich nach seinem Umzug aufgefallen, war er es doch gewohnt gewesen, abends allein zu sein, bis Hanna angefangen hatte, ab und an nach ihm zu sehen. Es hatte ihn verärgert, dass sowohl Saradoc, als auch Esmeralda die Zeit fanden, jeden Abend noch einmal zu ihrem Sohn zu gehen, während sie in all den Jahren nie daran gedacht hatten, auch bei ihm noch einmal nach dem Rechten zu sehen. Der Herr und seine Gattin waren eben doch nur für ihn verantwortlich und ersetzten nicht die Familie, die er auf so grausame Art verloren hatte.
Ihre Blicke trafen sich, noch ehe Frodo sich hatte abwenden können, um sich mit dem Gesicht zur Wand in sein Bett zu legen. Er konnte hören, wie Merry ebenfalls unter seine Decke kroch. Saradoc ging zu ihm hinüber, setzte sich auf dessen Bettkante. Frodo brauchte es nicht zu sehen, um zu wissen, dass der Herr seinem Sohn durch die Haare strich, während dieser sich für den ereignisreichen Tag bedankte.
"Ich bin stolz auf dich", hörte er Saradoc antworten und verkrampfte sich innerlich. Seine Finger gruben sich in das Laken, bis seine Hand zitterte. "Du hast dich heute sehr gut benommen und ich war glücklich, dich bei mir zu haben."
Frodo biss sich auf die Lippen. Merry brauchte nicht mehr zu tun, als sich gut zu benehmen, um Saradoc stolz zu machen, während er dessen Lob nicht einmal bekam, wenn er bei der Heuernte fleißig zur Hand ging oder sich freiwillig von seinem geliebten Zimmer trennte. War Merry denn um so vieles besser, als er? Hatte er Saradocs Anerkennung nicht ebenso verdient?
Rasch zog Frodo die Decke über seinen Kopf, als er hörte, wie der Herr sich erhob. Er wusste, dass Saradoc für ihn kein Lob bereithielt, denn er hatte ihn heute verärgert. Auf ihn warteten nur neue Fragen. Fragen, deren Antworten er dem Herrn schuldig bleiben würde, um ihn dadurch vermutlich noch mehr zu enttäuschen.

Als Saradoc sich von Merry abwandte, sah er, wie Frodo sich das Laken über den Kopf zog. Er seufzte leise, wohl wissend, dass dies Frodos Art war, ihm zu sagen, dass er seine Anwesenheit nicht wünschte. Dennoch trat er an das Bett heran und setzte sich auf dessen Kante. Das seltsame Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung war, hatte ihn noch immer nicht losgelassen. Sein Blick fiel auf das Bild des Jungen und er fragte sich, ob Primula und Drogo wüssten, wie er Frodo dazu bringen konnte, sich ihm anzuvertrauen, sich zu öffnen. Er hatte schließlich versucht, für ihn da zu sein, ihn zu trösten, wenn er Sorgen hatte, hatte ihm immer die Möglichkeit gegeben, mit ihm zu reden, wenn er Probleme hatte, doch anstatt ihm näher zu kommen, schien sich Frodo immer weiter von ihm zu entfernen. Was hatte er falsch gemacht?
"Gute Nacht, Frodo", sagte er schließlich und tätschelte ihn dort, wo er seine Schulter vermutete. Als er keine Antwort erhielt, verließ er das Zimmer schweigend.

Frodo blieb reglos liegen, selbst als er hörte, wie Merry sich aufrichtete. Tränen, die er verzweifelt zu schlucken suchte, lagen in seinen Augen. Warum tat Saradoc ihm das an? Wusste er überhaupt, was er ihm durch seine Worte antat?
"Was ist los mit dir, Frodo?", fragte Merry mit verärgertem Tonfall. "Wenn Nelke dir die Laune verdorben hat, brauchst du das nicht an meinem Papa auszulassen. Er kann nichts dafür."
Frodo spürte Zorn in sich aufflammen, biss sich auf die Zunge, um sich am Antworten zu hindern. Merry verstand gar nichts und dass er die Schuld für seinen Gemütszustand bei Nelke suchte, machte dies nur noch deutlicher. Bemerkte er denn nicht, wie unterschiedlich sie in manchen Dingen behandelt wurden? Er hätte nicht übel Lust gehabt, seinem Vetter die Meinung zu sagen und sich so eines Teiles seines Frustes zu entledigen, doch er hielt sich zurück, obgleich es ihn einige Überwindung kostete. Wenn er jetzt seine Wut an Merry ausließ, würde ihn das nicht glücklicher machen und der Tag würde noch schlimmer enden, als er es ohnehin schon tat. So blieb er seinem Vetter die Antwort schuldig, schluckte seinen Zorn und ersehnte den Schlaf, auch wenn jener in dieser Nacht lange auf sich warten ließ.





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