Stories of Arda Home Page
About Us News Resources Login Become a member Help Search

Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 55: Schlammschlachten



Frodo lag auf dem Bauch, stützte sich mit den Ellbogen im weichen Gras ab und ließ das Kinn auf seinen Händen ruhen. Sein feuchtes Haar und die nasse Haut glänzten im Sonnenlicht. Einzelne Wassertropfen lösten sich von seinen Haarspitzen, rannen über seinen Nacken oder tropften zu Boden.
"Gib es auf, Pip!" rief er seinem Vetter zu. "Gegen Merry kannst du nicht gewinnen."
"Wer sagt das?", wollte Pippin wissen, verlor in diesem Augenblick den Halt unter seinen Füßen und landete rücklings im seichten Wasser des Brandyweins.
Merry grinste siegreich auf den empörten Hobbit hinab. "Ich sage das", erklärte er und reichte seinem Vetter die Hand, um ihm wieder aufzuhelfen.
Pippin zögerte einen Augenblick, ehe er die ausgestreckte Hand ergriff, um sich nur einen Moment später mit einem erneuten Aufschrei auf Merry zu stürzen. Dieser konnte sich gerade noch auf den Beinen halten, musste sich jedoch mit seinem gesamten Gewicht gegen seinen Vetter stemmen.
Frodo grinste in sich hinein und schüttelte den Kopf. Pippin war seit über einer Woche hier und er hatte es noch immer nicht geschafft, Merry zu Boden zu werfen, was verständlich war, war sein Vetter doch über zwei Jahre älter als der junge Tuk. Doch, wie das bei einem Tuk nicht anders zu erwarten war, war dies kein Grund für Pippin, sich geschlagen zu geben. Frodo wusste nicht, wer auf die Idee mit der Rangelei gekommen war, doch er wusste, dass Pippin nicht aufgeben würde, bis er Merry zumindest einmal besiegt hatte.
Frodo drehte sich auf den Rücken, wandte das Gesicht dem warmen Licht der Sonne zu und schloss die Augen. Ein Platschen und ein aufgebrachtes Schnauben von Pippin ließen ihn wissen, dass sein Vetter erneut im Wasser gelandet war. Er grinste. Pippin würde es nie lernen.

Die vergangenen Tage mit Pippin waren voller Überraschungen gewesen. Sein Vetter hatte, wie immer, eine dumme Idee nach der anderen und Merry und Frodo, die schließlich erkennen mussten, dass Pippins Ideen dumm genug für einen Beutlin und einen Brandybock waren, außer wenn es um Bauer Maggots Pilze ging, hatten die Einfälle des jungen Tuks mit Freude in die Tat umgesetzt. Das fing mit dem Stibitzen kleinerer Leckereien aus der Küche an, ging mit Heu- und Wasserschlachten weiter und endete beim Verbreiten neuer Gerüchte um Perle und einen angeblichen Liebhaber, dessen Identität noch nicht gelüftet worden war.

Perle war Gerüchte dieser Art zwar von den Großen Smials gewohnt, wo ihnen ohnehin keiner mehr Glauben schenken wollte, vor allem, wenn sie aus dem Munde ihres nichtsnutzigen kleinen Bruders stammten, doch hier im Brandyschloss lagen die Dinge anders. Neue Gerüchte wurden nur zu gerne aufgeschnappt und weiterverbreitet, auch wenn nicht das geringste Körnchen Wahrheit in ihnen verborgen lag. Perle hatte es schließlich aufgegeben, Pippin dafür bestrafen zu wollen, denn der junge Tuk gluckste ohnehin nur in sich hinein und bestritt jegliche Schuld. Noch dazu sah sie ihren Bruder meist nur bei den Mahlzeiten, da sich dieser bei seinem Vetter Meriadoc einquartiert hatte und auch den Rest des Tages mit seinen Vettern verbrachte. Sie hatte sich das wesentlich einfacher vorgestellt, als sie eingewilligt hatte, ihren Bruder mit sich zu nehmen, während sie ihre Tante Esmeralda im Brandyschloss besuchte. Esmeralda beruhigte sie allerdings, erklärte, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Wenn doch etwas passieren sollte, wollte sie sich persönlich um die kleinen Tunichtgute kümmern, war sie schließlich Herrin von Bockland und noch dazu Mutter eines der jungen Hobbits. Seither begnügte sich Perle damit, ihren Bruder bei den Mahlzeiten zu beobachten und zurechtzuweisen, sollte er sich schlecht benehmen, überließ den jungen Hobbit jedoch meist sich selbst. Esmeralda würde schon wissen, was sie tat.

"Frodo Beutlin!" Frodo stöhnte beim Klang der Stimme entnervt auf, öffnete seine Augen jedoch nicht. "Wie kommt es, dass du jedes Mal, wenn ich dich sehe, faul in der Sonne liegst, während andere auf den Feldern arbeiten?"
"Wie kommt es", gab Frodo genervt zurück und blinzelte, um nicht geblendet zu werden, "dass ich jedes Mal, wenn ich dich auch nur höre, den unweigerlichen Drang verspüre, laut zu schreien?"
"Weil du ein Dummkopf bist!"
Nelkes dunkle Gestalt hob sich vom blauen Nachmittagshimmel ab, als Frodos Augen sich schließlich an das Licht gewöhnt hatten. Das Mädchen hatte die Hände in die Hüften gestemmt und blickte ernst auf ihn herab.
Frodo zog fragend eine Augenbraue hoch. "Ist das alles, was du zu sagen hast? Wenn ja, können wir diesen Teil beim nächsten Mal getrost überspringen, und ich schmeiße dich sofort ins Wasser."
Nelke warf die Hände in die Luft, schüttelte den Kopf und stapfte davon. Frodo blickte ihr hinterher, als sie zu einem Baum rannte, wo sie bereits von Viola und Rubinie erwartet wurde, sich das Überkleid auszog und danach zum Steg lief, wo sie mit einem lauten Platschen in den Fluss sprang. Sie waren nahe der Stelle, wo für gewöhnlich die Lithe-Feiertage verbracht wurden, der Teil des Ufers, an dem Frodo und viele andere Kinder des Brandyschlosses den größten Teil ihrer freien Zeit verbrachten, sofern es warm genug war, um im Fluss nach Abkühlung zu suchen. Die meisten waren jedoch beim Steg, der sich wunderbar dazu eignete, ins Wasser zu springen, während Frodo, Merry und Pippin ein wenig weiter nördlich waren, da zumindest Frodo und Pippin nur am seichten Ufer bleiben würden. Frodo allerdings aus einem anderen Grund als Pippin, der nie gelernt hatte, wie man schwamm und, wie die meisten Hobbits, die westlich des Brandyweins lebten, auch kein Interesse dafür zeigte, sehr zu Merrys Bedauern.
"Dafür, dass du sie nicht leiden kannst, siehst du ihr ausgesprochen lange hinterher", erklärte Merry mit einem frechen Grinsen im Gesicht.
Sein Vetter stand neben ihm und blickte abwechselnd zu ihm und zu den Mädchen, die inzwischen wieder ans Ufer schwammen, um erneut ins Wasser zu springen. Pippin stand im Wasser und kicherte. "Frodo ist verliebt!"
"Das bin ich nicht!" brüllte Frodo aufgebracht, funkelte seinen Vetter an und hoffte, dass seine Wangen nicht so rot waren, wie sie sich anfühlten. "Ich habe nur nachgedacht."
"Worüber?", wollte Merry sogleich wissen.
"Über", Frodo suchte fieberhaft nach einer Antwort und war erleichtert, als er tatsächlich eine fand, "Nelke und ob es sie abschrecken würde, wenn ich das nächste Mal, wenn ich sie sehe, wirklich laut schreie."
Merry blickte nachdenklich in Nelkes Richtung und Frodo hoffte inständig, dass sein Vetter ihm glaubte. Weshalb sollte Merry ihm auch nicht glauben? Er war nicht verliebt in Nelke! Um in Nelke verliebt zu sein, müsste er sie mögen und das tat er nicht. Nelke war eine Nervensäge, die immer alles besser wissen musste und noch dazu war sie ein Mädchen! Sie konnte zwar auch recht nett sein, aber das waren Ausnahmesituationen. Sie war und blieb eine Nervensäge.
Als sich Merry wieder zu ihm umwandte, war sein Grinsen nicht erloschen. "Ich glaube, du würdest ihr zumindest einen Schrecken einjagen."
Frodo nickte und unterdrückte ein erleichtertes Seufzen. Merry glaubte ihm, was ihm zugute kommen würde, sollte Pippin ihm nicht glauben wollen. Mit Merrys Hilfe würde es ihm bestimmt gelingen, seinen Vetter davon zu überzeugen, dass es nicht an der Zeit war, ein neues Gerücht in Umlauf zu bringen. Vor allem nicht ein solches!
"Pippin?" flüsterte Frodo, und das Grinsen auf Merrys Gesicht wurde breiter.
"Pippin", bestätigte er leise, und einen Moment später stürmte er auf den Jüngeren zu. Frodo eilte sogleich zu seiner Unterstützung herbei und nur Momente später lag Pippin der Länge nach im Wasser.

Der überraschte Aufschrei blieb ihm im Halse stecken, als er sich in einem Anflug von Verzweiflung vor den auf ihn einstürzenden Wassermassen, die von Merry und Frodo in Bewegung gesetzt wurden, zu retten suchte. Das Wasser war nicht besonders tief, reichte ihm nur bis zum Bauchnabel, doch nun, da Pippin keine Möglichkeit fand, den vielen Wellen zu entkommen, gruben sich seine Finger verzweifelt in die schlammige Erde, während er versuchte aufzustehen.
Frodo war es, der der Schlacht ein Ende setzte, da er auf Pippins Gesicht zu lesen glaubte, was er selbst empfand, wenn das Wasser um ihn herum zuviel wurde. Er konnte nicht ahnen, dass Pippin bereits einen Racheplan ausgeheckt hatte. Zu spät bemerkte er das tückische Glitzern in den grünen Augen und eh er sich versah, hatte Pippin ihn mit einer handvoll Schlamm beworfen.
"Pippin!" rief er entrüstet, doch der junge Hobbit kicherte nur und machte sich bereit, auch Merry mit Schlamm zu bewerfen.
"Ich finde, du hast das durchaus verdient, und Merry ebenfalls, wenn ich das anmerken darf."
Frodo verdrehte die Augen, überlegte sich einen Augenblick lang, ob er wirklich schreien sollte, entschied sich dann aber dagegen. Nelke stand mit Rubinie und Viola am Flussufer, ihre braunen Locken schimmerten im Sonnenlicht, ebenso wie das dunkle Haar Violas und Rubinies. Wasser rann über ihre Nasen und die dünnen Unterkleider klebten an ihren nassen Körpern.
"Was", begann Frodo und holte einmal tief Luft, "machst du hier? Solltest du nicht bei den anderen sein und", er machte eine kreisende Bewegung mit seiner Hand, als würde ihm das Wort, nach dem er suchte, nicht sofort einfallen, "schwimmen."
Nelke grinste. "Ich konnte nicht widerstehen zuzusehen, wie du mit Schlamm beworfen wirst."
Frodo setzte ein gehässiges Grinsen auf, während seine Augen unentwegt Funken in ihre Richtung sprühten. Warum tauchte sie immer genau dann auf, wenn er sie nicht gebrauchen konnte? Weshalb musste sie überhaupt auftauchen? Er musste sie und die anderen beiden Mädchen dringend loswerden und er wusste auch schon wie. Kurzerhand tauchte er selbst den Arm ins Wasser und griff nach dem Schlamm zu seinen Füßen. Ein hinterlistiges Grinsen trat in sein Gesicht, während er aus den Augenwinkeln zu Merry und Pippin schielte und den Schlamm mit einer raschen Bewegung in Nelkes Gesicht schleuderte. Nelke schaffte es gerade noch, den Kopf wegzudrehen, sodass der Klumpen nicht ihre Nase, sondern ihre linke Wange traf.
Frodo nickte zufrieden, kicherte und erwiderte auf ihren entrüsteten Blick hin, dass er nicht widerstehen konnte. Neben ihm glucksten Merry und Pippin, der sich inzwischen wieder aufgerichtet hatte, in sich hinein, ehe sie ebenfalls nach Schlamm tasteten. Weshalb sollten sie sich gegenseitig damit bewerfen, wenn hier ein viel besseres Ziel förmlich darum bat, mit feuchtem Matsch eingeschmiert zu werden?

Viola kreischte auf, als ein Schlammball sie mitten auf den Bauch traf. Merry grinste siegreich, wollte erneut nach der nassen Erde greifen, als Pippin neben ihm seinen Arm durch die Luft schwang und ein dicker Klumpen braunen Schlammes sich auf Rubinies Oberarm wieder fand. Es dauerte einen Moment, bis die Mädchen sich vom ersten Schreck erholt hatten. Eine Zeit, die Merry, Frodo und Pippin mit Freude nutzten, um weitere Schlammklumpen nach ihnen zu werfen. Doch kaum war der Augenblick des Erstaunens vorüber, stürzten sie sich neben den drei Hobbits in den Fluss und gingen ihrerseits zum Angriff über. Ein wildes Gerangel entbrannte, das immer wieder von lautem Gekreische und übermütigen Ausrufen unterbrochen wurde.
Ein Schlammklumpen traf Frodo im Gesicht. Rasch wischte er sich mit dem Handrücken über die Augen, um wieder sehen zu können, doch die Welt blieb verschwommen. Er blinzelte. Ein Sandkorn war in sein linkes Auge gerutscht und Frodo versuchte verzweifelt, es wieder herauszubekommen, während die Schlacht neben ihm weiter tobte. Wasser spritzte auf, als ein Schlammball neben ihm im Fluss landete und Frodo blinzelte. Für einen kurzen Moment konnte er Nelke erkennen, die mit einer handvoll Matsch auf ihn zutrat, doch dann verschloss sich sein Auge dem Antlitz der Welt wieder. Ein erneutes Blinzeln reichte aus, um mit der linken Hand nach Nelkes Handgelenk zu greifen, sie umzudrehen und ihr den Arm vor dem Körper zu verschränken, während er mit der rechten Hand noch immer sein linkes Auge rieb.
"Nicht", bat er und verstärkte den Griff um Nelkes Handgelenk, als sie sich von ihm loswinden wollte.
Nelke wandte sich grinsend zu ihm um, erkannte, dass er sie nicht überrumpeln wollte und blieb gehorsam ruhig stehen. Frodo lockerte daraufhin seinen Griff um ihr Handgelenk, ließ sie jedoch nicht los, wohl wissend, dass sie sofort zum Angriff übergehen würde, sobald er sich des lästigen Sandkornes entledigt hatte.
Neben ihm kreischte Viola auf und landete der Länge nach im Wasser. Sie war auf einem Stein, der unter dem schlammigen Boden zum Vorschein gekommen war, ausgerutscht. Pippin brach in lautes Gelächter aus, das von angeekeltem Ausspucken beendet wurde, denn einer von Rubinies Schlammklumpen hatte seinen Weg in Pippins Gesicht gefunden.

Eine grobe Hand packte Frodo an der Schulter und drehte ihn um. Frodo wollte protestieren, doch ehe er den Mund aufmachen konnte, wurde er grob neben Nelke ins Wasser gestoßen.
"Lass meine Schwester in Ruhe, du kleiner Tunichtgut!"
Frodo blinzelte. Das Sandkorn war verschwunden und der wässrige Vorhang, der sich vor die Welt gelegt hatte, öffnete sich, doch was er sah, war ihm zuwider. Reginard, Nelkes Bruder stand über ihm und blickte finster auf ihn herab. Neben ihm stand Marroc, dessen hämisches Grinsen von einem Ohr zum anderen reichte. Frodo schnappte nach Luft, wollte unwillkürlich zurückweichen, doch seine Hand rutschte am matschigen Untergrund ab. Was machte Marroc hier und was hatte Reginard bei ihm zu suchen? Frodo konnte spüren, wie sein Herzschlag sich beschleunigte. Die anderen hatten ihre Schlammschlacht beendet und blickten nun verwirrt auf die Neuankömmlinge. Eine seltsame Stille lag in der Luft. Keiner sagte ein Wort und auch das Gelächter und die freudigen Ausrufe der andern Hobbits am Steg schienen für Frodo verstummt zu sein. Selbst das Wasser, das zuvor mit einem gleichmäßigen, plätschernden Gurgeln nach Süden geflossen war, schien stillzustehen. Frodo hörte nur noch das hämmernde Pochen seines Herzens und blickte mit weit aufgerissenen Augen nach oben, unsicher, auf wem er seinen Blick ruhen lassen sollte. Von wem ging die größere Gefahr aus? Von Marroc, der im Hintergrund stand, oder von Reginard, der ihm zwar noch nie etwas Zuleide getan hatte, aber viel Zeit mit Marroc verbrachte und sich nun beinahe bedrohlich über ihn gebeugt hatte? Frodo wusste es nicht und das machte ihm Angst, ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen.

"Lass ihn in Frieden, Reginard", forderte Nelke. Sie hatte ihren Schlammklumpen fallen gelassen und sich zwischen Frodo und ihren Bruder gestellt. "Wir haben hier unseren Spaß und du verdirbst ihn uns."
Frodo blickte sie verwirrt an. Ausgerechnet Nelke verteidigte ihn? Verwunderung und Freude zeigten sich in seinem Gesicht, doch wurden sie von Angst überschattet. Angst, die ihn beinahe wie erstarrt im Wasser sitzen ließ, unfähig sich zu rühren oder auch nur den Mund aufzumachen, um sich zu verteidigen. Ein hohles Gefühl hatte sich in seinem Magen ausgebreitet und er spürte ein Kribbeln in seinem Körper, das einem Zittern gleich kam, doch unterdrückte er dieses. Niemand sollte sehen, wie groß seine Angst wirklich war.
Reginard wandte sich zu Nelke um, wobei das gefährliche Funkeln in seinen Augen nachließ. "Nach Spaß sah mir das allerdings nicht aus. Sollte er dir in irgendeiner Weise Schmerz zufügen…"
Nelke begann zu lachen. "Frodo soll mir wehtun? Glaub mir, selbst wenn er das tun würde, könnte ich mich selbst verteidigen und bräuchte deine Hilfe nicht."
"Das sehe ich", meinte Reginard, blickte kritisch auf ihr schmutziges Kleid und warf einen raschen Blick zu Viola, die sich mit dem Handrücken über ihre schlammige Backe wischte.

Frodo wandte sich von Reginard und Nelke ab, schenkte seine Aufmerksamkeit Marroc, der ihn mit einem verächtlichen Blick ansah. Zwar konnte er seine Angst nicht verbergen, doch er hielt dem Blick tapfer stand. Es war lange her, dass er Marroc in einer solchen Situation gegenübergestanden hatte. Ein Zittern durchlief ihn, als er an jenen Tag vor einem Jahr zurückdachte und er fand sich nicht in der Lage, dieses Zittern wieder abzustellen. Plötzlich bemerkte er, dass er förmlich darauf wartete, dass Marroc sich auf ihn stürzte und ihn verprügelte, doch auch wenn Hass und Wut immer deutlicher aus den Augen des älteren Hobbits sprachen, geschah nichts dergleichen. Ein gefährliches Funkeln leuchtete plötzlich in den Augen seines Peinigers auf und Frodo wandte erschrocken den Blick ab, kniff die Augen angstvoll zusammen. Das letzte Mal, als er dieses Funkeln gesehen hatte, war Marroc mit einem Mal noch kräftiger geworden und hatte blind vor Wut auf ihn eingeprügelt.

"Ich würde trotzdem aufpassen", schaltete Marroc sich schließlich ein und wandte sich an Nelke, die ihm sofort ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. "Du weißt nicht, wozu der Kleine fähig ist."
"Ach, und du weißt es?", fragte sie und schüttelte den Kopf. "Lass ihn in Ruhe und überlege dir besser, wen du hier klein nennst, immerhin bin ich nicht viel älter als er."
Marroc grinste. "Nein, nicht älter, aber wesentlich richtiger im Kopf."

Frodo biss sich auf die Lippen, hielt den Blick jedoch weiterhin gesenkt. Diese Anschuldigung hatte er sich schon oft anhören müssen und sie war vermutlich auch der Grund, dass es viele junge Hobbits gab, die nichts mit ihm zu tun haben wollten. Allerdings war es lange her, dass diese Beleidigung ihm gegenüber erwähnt worden war. Für gewöhnlich wurde nur getuschelt und Frodo hörte es meist nur zufällig. Es war lange her, dass es so offen ausgesprochen worden war und es tat weh, diese Worte wieder hören zu müssen.

Bevor er sich weitere Gedanken machen konnten, brachen Merry und Pippin die Stille und erklärten wie aus einem Munde, dass dies eine Lüge sei. Frodo hörte ihre Worte, doch nahm er sie kaum wahr.
Marroc lachte weiterhin, doch das Grinsen, das zuvor Reginards Gesicht geziert hatte, schwand, als Nelke beide erbost ansah.
"Also gut, wir gehen", ließ Reginard sie schließlich wissen und nickte Marroc zu. "Sollte er dir jedoch zu Nahe kommen, oder dir irgendetwas Zuleide tun, werde ich ihn grün und blau prügeln."
Nelkes Ausdruck blieb unverändert und auch Frodo blieb weiterhin im Wasser sitzen, auch wenn er den Kopf hob, um sowohl Reginard als auch Marroc einen zornigen Blick zuzuwerfen, nur um sich gleich darauf erschrocken wieder abzuwenden, da das hasserfüllte Funkeln in Marrocs Augen noch nicht erloschen war.

"Einfältige Schwachköpfe", grummelte Merry, als die beiden gegangen waren.
Nelke sah ihn ernst an. "Einer davon ist mein Bruder, also pass auf, was du sagst."
Merry sah sie aus wütenden Augen an. "Und du glaubst, deshalb würde ich meine Meinung ändern?"
Nelke achtete nicht weiter auf ihn und hielt Frodo ihre Hand hin, um ihm aufzuhelfen. Überrascht drehte Frodo den Kopf, sah nicht länger den älteren Hobbits hinterher, sondern blickte stattdessen verwirrt auf Nelkes Hand.
Die Geräusche kehrten zu ihm zurück, vom Fließen des Flusses bis zu den Rufen und dem Gelächter der anderen Hobbits. Das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals, doch konnte er spüren, wie der Schreck nachließ und nur mehr der bittere Geschmack der Erniedrigung zurückblieb. Für einen Moment blickte er in Nelkes Augen, die ihn stumm um Verzeihung baten, stand schließlich auf, ohne ihre Hand zu ergreifen, blickte von einem zum anderen und rannte davon.
"Frodo, warte!" rief Nelke, und wollte ihm hinterher laufen, doch Merry hielt sie zurück und schüttelte den Kopf.
"Lass ihn. Für heute haben du und deine Verwandtschaft genug angerichtet."



~*~*~



Eine Kerze auf dem Nachtisch in Frodos Zimmer flackerte. Frodo saß in seinem Bett und blickte trübselig in die Nacht hinaus. Ein blasser, sichelförmiger Mond lugte zwischen den Wolken hervor und die ersten Sterne erleuchteten den Nachthimmel.
"Elbereth", flüsterte er und spürte einen Knoten im Hals, den er zu schlucken versuchte. Es misslang ihm.

"Nicht älter, aber wesentlich richtiger im Kopf."
"Sollte er dir jedoch zu Nahe kommen, oder dir irgendetwas Zuleide tun, werde ich ihn grün und blau prügeln."

Die Worte des vergangenen Nachmittages hallten in seinem Kopf wider. Er hatte oft gehört, wie manche ihn nach dem Tod seiner Eltern als nicht richtig im Kopf, als verrückt, bezeichnet hatten. In den vergangenen Jahren hatte er jedoch geglaubt, das Interesse an dieser Art der Beleidigung wäre zurückgegangen, denn nur mehr selten hatten andere ihn verspottet. Wer nichts mit ihm zu tun haben wollte, war ihm schweigend aus dem Weg gegangen. Zwar hatte er sich dadurch nicht eben besser gefühlt, doch die Wunde, die Worte dieser Art zurückgelassen hatten, hatte sich langsam zu schließen begonnen. Marroc hatte diese Verletzung heute wieder aufgerissen und der Schmerz, den er nun empfand, ließ ihn beinahe verzweifeln. Lieber ertrug er die stille Zurückweisung, als offene Verachtung. Würde das denn niemals enden? Würde er für den Rest seines Lebens für verrückt gehalten werden, nur weil er…
Weil er was? Frodo wusste es nicht. Er war nicht anders als die anderen. Zwar hatte er sein Leben alleine zu meistern, ohne die Hilfe seiner Eltern, doch ließ ihn das so verschieden sein? Machte ihn das verrückt?
Frodo blickte zum Bild seiner Eltern, als könne es ihm die ungestellte Frage beantworten. Das Kerzenlicht erleuchtete die lächelnden Gesichter seiner Eltern und auch das des kleinen Jungen, der in ihrer Mitte saß. Er holte tief Luft und spürte, dass seine Atmung stockte. Schwer schluckend, schüttelte er den Kopf und wandte den Blick wieder den Sternen zu. Er würde nicht weinen, nicht einmal, wenn er alleine war. Er wusste, dass Marrocs einzige Absicht darin bestand, ihm wehzutun, dass er nicht auf seine Worte hören sollte. Und doch konnte er nicht vergessen, weder die Worte, noch den Schmerz und den Kummer, der daraus resultierte.
Frodo seufzte, schüttelte den Gedanken ab, nur um ihn durch neue zu ersetzen.
Weshalb fühlte er sich in Marrocs Gegenwart so schwach und hilflos? Warum konnten die verletzenden Worte des älteren Hobbits noch immer solchen Schaden anrichten? Und was war mit Reginard? Hatte er in ihm einen neuen Gegner gefunden, einen engen Verbündeten Marrocs? Frodo erschauderte. Reginard hatte gesagt, er würde ihn verprügeln, würde er Nelke Schmerzen zufügen. Was glaubte er denn von ihm? Was hatte Marroc ihm erzählt? Er war es gewesen, der von Marroc verprügelt worden war und nicht umgekehrt. Er hatte sich nur verteidigt so gut er es eben gekonnt hatte. Nelke würde er nicht wehtun. Auch wenn er sie packte, tat er ihr dabei nicht weh. Nervensäge, oder nicht, sie alberten nur herum, ohne die Absicht, sich dabei gegenseitig zu verletzen. Er hatte sie nicht halb so grob angefasst, wie Reginard ihn angefasst hatte, dessen war er sich sicher.
Nelke hatte versucht, Reginard das klar zu machen, doch ob er ihr glaubte, ob Marroc ihr glaubte, war eine ganz andere Frage. Dennoch hatte sie es versucht und Frodo war ihr dankbar dafür, auch wenn er ihr das weder gesagt, noch gezeigt hatte. Er hatte es nicht gekonnt. Als Marroc und Reginard gegangen waren, musste er alleine sein, musste gehen, bevor seine Angst und der Schmerz ihn überwältigen konnten. Zornig und verletzt wie er war, hätte er es nicht ertragen, den anderen in die Augen zu blicken. Seine Freunde hatten seine Hilflosigkeit bereits gesehen und sollten nicht auch noch erfahren, wie weit seine Schwäche tatsächlich reichte. In seiner Feigheit hatte er nicht einmal versucht, sich selbst zu verteidigen!
Verbissen hatte er gegen seine Tränen angekämpft, bis er sich in sein Zimmer zurückgezogen hatte, doch auch dort wollte er sie sich nicht erlauben. Tränen konnten ihm in seiner Lage nicht helfen. Sie waren nur ein weiteres Zeichen von Schwäche und er brauchte das Gegenteil.
Trotzdem war er Nelke dankbar und vielleicht würde er ihr das eines Tages sagen. Eigentlich war sie recht nett. Zumindest hielt sie ihn, anders als der Rest ihrer Familie, nicht für verrückt.

"Dafür, dass du sie nicht leiden kannst, siehst du ihr ausgesprochen lange hinterher."
Merry hatte das gesagt und erst jetzt wurde ihm klar, dass er Nelke tatsächlich beobachtet hatte. Weshalb? Er wusste es nicht. Vielleicht war zu der Zeit nichts anderes da gewesen, das seine Aufmerksamkeit hätte auf sich lenken können. Oder vielleicht mochte er Nelke ja doch.
Frodo schüttelte vehement den Kopf, als könne er seinen Gedanken dadurch abschütteln. Nein, das war es bestimmt nicht. Nelke zog ihn zu oft auf, als dass er sie mögen könnte. Aber vielleicht…

Er stöhnte laut auf und ließ sich in sein Kissen fallen, das er sogleich hinter seinem Kopf hervorzog und sich über das Gesicht legte.
Es klopfte und als Frodo den Kopf hob, sah er, dass Hanna vorsichtig die Tür öffnete.
"Ist alles in Ordnung?", fragte sie sacht. "Du hörst dich an, als würdest du dir den Kopf zerbrechen."
Frodo sah sie erstaunt an.
"Bisher ist noch nichts gebrochen", ließ er sie wissen und richtete sich in seinem Bett auf.
Hanna schloss die Tür hinter sich und setzte sich neben ihn. "Bist du dir da sicher? Das hörte sich für mich ganz anders an."
Frodo lächelte. Er wusste nicht, weshalb, doch es fühlte sich gut an, mit Hanna hier zu sitzen. Er hatte, sehr zum Bedauern von Merry und Pippin, beschlossen, diesen Abend alleine zu verbringen, wollte warten, bis der Wunsch zu weinen nachgelassen hatte und das Gesagte nicht mehr ganz so laut in seinen Ohren klang. Zwar fürchtete er, er könne wider seiner Vorsätze in Tränen ausbrechen, sollte er den Gedanken an die Erniedrigung des Nachmittages nicht bald verdrängen können, doch Hanna bei sich zu haben, erleichterte ihn auf ungeahnte Weise.
Seufzend und mit einem Schulterzucken schüttelte er den Kopf.
"Ich weiß nicht. Vielleicht ist gerade etwas dabei kaputt zu gehen."
"Was ist geschehen?", fragte sie, überrascht, wie leicht es sein konnte, ein Gespräch mit Frodo zu beginnen. Etwas warnte sie jedoch davor, unvorsichtig zu werden.
Frodo zuckte erneut mit den Schultern und biss sich auf die Unterlippe. Eben diese Frage hatte er gefürchtet. Marrocs Worte und Reginards Drohung waren noch zu nah, als dass er über die Ereignisse des Nachmittages hätte sprechen können. Er schüttelte den Kopf und schluckte schwer, ohne Hanna anzusehen. Er konnte ihren Blick auf sich spüren, wusste, dass sie die Stirn in Falten gelegt hatte und ihn nun im trüben Licht der Kerze eingehend musterte. Eine Stille umgab sie, die keiner der beiden zu brechen wagte.
Frodo seufzte ein drittes Mal und bemerkte, dass seine Finger mit dem Stoff seines Nachthemdes spielten. Er wollte nicht an die Worte der anderen denken, doch er hatte Fragen, die nach Antworten verlangten. Antworten, die Hanna ihm vielleicht geben konnte. Es dauerte einen Augenblick, bis er den nötigen Mut zusammengesammelt hatte und seine Frage kam so unvermittelt, dass Hanna ihn für einen Augenblick sichtlich überrascht ansah.
Sie hatte nicht damit gerechnet, doch hätte sie ahnen können, eine Gegenfrage an Stelle einer Antwort zu erhalten. Frodo lenkte seine Gespräche gerne selbst und um ihn auszutricksen benötigte es einiges Geschick.
"Warum setzen sich manche für andere ein?"
"Nun", Hanna zögerte einen Augenblick. Frodo betrachtete ihr Gesicht im schwachen Licht der Kerze und wartete neugierig auf ihre Antwort. "Für gewöhnlich setzen wir uns für andere ein, wenn wir jemanden mögen, oder weil wir edlen Herzens sind und jemandem helfen wollen, dem Unrecht geschieht."
Frodo nickte und legte die Stirn in Falten. Er fragte sich, ob Nelke edlen Herzens war, oder ob vielleicht sie es war, die ihn mochte und ehe Hanna, die ihn aufmerksam beobachtete, fragen konnte, wer sich für wen eingesetzt hatte, stellte er eine weitere Frage, die ihm auf dem Herzen lag. Es war besser, dieses Gespräch schnell zu führen, so lange er den Mut dazu noch aufbringen konnte.
"Kann jemand, der anderen ständig auf die Nerven geht, trotzdem edlen Herzens sein?"
Hanna lachte, verstand plötzlich, worauf Frodo hinauswollte. "Über wen in allen Auen sprichst du, Frodo? Über eines der Mädchen?"
Frodo starrte sie entgeistert an und spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht stieg. Er wandte rasch den Kopf ab und hoffte, Hanna würde im schwachen Licht nicht bemerken, dass seine Wangen sich dunkler färbten.
"Das ist kein Grund rot zu werden", meinte sie und grinste dabei von einem Ohr zum anderen. "Wer ist es? Rubinie? Nelke? Oder vielleicht Viola?"
Frodo schüttelte vehement den Kopf. Wie konnte sie wissen, dass er von einem Mädchen sprach, hatte er das doch mit keinem Wort erwähnt?
"Es ist Nelke, habe ich nicht Recht?", sagte sie schließlich und grinste noch breiter. "Komm schon, sag mir, was geschehen ist? Ich bin ganz Ohr."
Frodo zweifelte nicht daran. Sie schien ausgesprochen aufgeregt und ein entzücktes Glitzern war in ihre Augen getreten, das Frodo nicht zu deuten wusste. Er wollte diesen Nachmittag für sich behalten, wollte nicht, dass noch jemand, außer den Hobbits, die dabei gewesen waren, erfuhr, wie schwach und feige er gewesen war. Es war seine Angelegenheit und er wurde damit fertig, er musste nur darauf warten, dass der Schmerz nachließ. Doch wie sollte dieser nachlassen, wenn seine Gedanken immer wieder zum vergangenen Nachmittag wanderten, wenn Hanna genau danach fragte? Frodo blickte zu Boden und biss sich auf die Lippen. Sein Mut war verflogen und er merkte nicht, wie sich seine Finger beinahe krampfhaft in seine Bettdecke gruben. Der Knoten in seinem Hals schien ihm förmlich die Luft abzuschneiden und er wusste, dass er den Tränen immer näher kam, doch weinen würde er nicht, erst recht nicht, solange Hanna noch bei ihm war.
Er wagte nicht sie anzusehen und wusste doch, dass er mit ihr reden musste. Natürlich konnte er auch schweigen, doch dann würde Hanna ebenfalls erfahren, dass etwas vorgefallen war und bei ihm bleiben, bis er es ihr freiwillig sagte oder sie es erraten hatte. Er würde nie dazu kommen, seine Gedanken in Ruhe zu ordnen und früher oder später bräche er seinen Vorsatz, um seinen Tränen freien Lauf zu lassen.
Seine Stimme zitterte, als er beinahe zögernd flüsterte: "Wenn ich dir sage, was geschehen ist, versprichst du mir, es für dich zu behalten?"

Hanna runzelte die Stirn, das Lächeln in ihrem Gesicht verschwand, als Frodo in Schweigen verfiel. Sie hatte geahnt, dass sie vorsichtig sein musste, doch nicht damit gerechnet, dass Frodos Verhalten sich so rasch ändern würde.
Das hörte sich nicht nach der ersten Liebe an, wie sie vermutet hatte, sondern nach etwas ernsterem. Hatte sich eines der Mädchen für ihn eingesetzt, um ihn zu schützen? Hatte es Streit gegeben? Plötzlich konnte sie Marrocs Gesicht vor sich sehen und sie schloss beinahe ängstlich die Augen, wünschend, dass nicht Marroc der Grund für diese Unterhaltung war. Zögernd blickte sie Frodo schließlich an, der ebenso zaghaft zu ihr aufsah. Sie nickte, hoffend, dass sie dieses Versprechen auch halten konnte.

Frodo nickte schweigend, wandte den Blick ab und sah weiterhin zu Boden, ehe er schließlich leise zu erzählen begann. Zwar berichtete er, dass Marroc ebenfalls am Fluss gewesen war, ließ seine Beleidigung jedoch bewusst außer Acht, wohl wissend, dass Saradoc dann sofort davon erfahren würde, ganz gleich, was sie ihm versprochen hatte. Die Probleme mit Marroc und Reginard war er gewöhnt, aber er machte sich Sorgen wegen Nelke. Er musste wissen, weshalb sie das für ihn getan hatte. Ob Hanna ihm auch sagen konnte, ob er Nelke nun mögen sollte oder nicht?

Hannas Gesichtsausdruck war ernst, als er ihr von den Ereignissen erzählte, doch lächelte sie, als Frodo berichtete, wie Nelke ihn verteidigt hatte.
Während er sprach, hatte Frodo nicht einmal den Kopf gehoben, auch wenn er ab und an zum Bild seiner Eltern schielte, als könne er dadurch ihre Unterstützung erhoffen. Seine Hände waren wieder dazu übergegangen, mit dem Stoff seines Nachthemdes zu spielen. Ein unbehagliches Gefühl hatte sich in seinem Bauch ausgebreitet und obwohl er gespannt auf ihre Antwort wartete, ließ er sich das nicht anmerken.
"Ich glaube, sie mag dich", sagte Hanna schließlich und zwinkerte ihm aufmunternd zu.
Überrascht hob er den Kopf und blickte in ihr lächelndes Gesicht.
"Du magst sie auch, nicht wahr?"
Frodo starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, wandte dann jedoch den Blick ab und sah verlegen zu Boden. Er zuckte mit den Schultern.
Hanna lächelte und wuschelte ihm durch das Haar. "Das ist kein Grund, verlegen zu sein. Es ist schön, wenn sie sich so für dich einsetzt und was ist dabei, wenn du sie magst?"
"Sie ist ein Mädchen", ließ Frodo sie wissen und blickte beinahe bestürzt zu ihr auf.
"Ist das ein Problem?"
Frodo zuckte mit den Schultern. Es war ein Problem, allerdings eines, das er nicht erklären konnte. "Außerdem nervt sie mich."
Hanna grinste nur noch breiter, ging aber nicht weiter darauf ein. Stattdessen stand sie auf und streckte sich. "Du solltest jetzt zu Bett gehen. Zerbrich dir nicht weiter den Kopf über Marroc oder Reginard. Das sind Dummköpfe, die nicht wissen, wovon sie sprechen. Hör nicht auf sie und lass dich nicht von ihnen einschüchtern."
Frodo lächelte schwach und nickte, selbst wenn er wusste, dass die Worte der beiden Hobbits ihn nicht so bald wieder loslassen würden. Dazu gingen sie zu tief. Er wünschte ihr eine gute Nacht, legte sich in sein Bett und seufzte erneut. Er wusste nicht, worüber er sich im Augenblick mehr den Kopf zerbrechen sollte: Marroc und Reginard oder Nelke.
Mit einer raschen Handbewegung zog er sich die Decke über den Kopf und kämpfte gegen den Drang zu weinen an. Warum konnte sein Leben nicht einfacher verlaufen?





<< Back

Next >>

Leave Review
Home     Search     Chapter List