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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 47: Schleudern statt Pilzen




Erschöpft wischte Frodo sich den Schweiß von der Stirn, ehe er Wasser aus dem Brunnen pumpte, und gierig von der kalten Flüssigkeit trank. Merry und er waren den ganzen Nachmittag bei der Heuernte behilflich gewesen. Es war ein warmer, sonniger Tag, der sich nun langsam dem Ende neigte.
Während er trank, bemerkte er nicht, dass sich Merry mit einem frechen Grinsen an ihn heran geschlichen hatte. Der junge Hobbit kniete sich ungesehen neben dem Pumpbrunnen nieder, formte mit den Händen eine kleine Schale unter Frodos Kopf und wartete, bis diese voll mit Wasser war. Angespannt hielt er den Atem an, hoffte, dass Frodo ihn nicht bemerkte. Als seine Hände mit dem frischen Wasser gefüllt waren, spritzte er es schwungvoll in die Höhe.
Frodo zog erschrocken die Luft ein, verschluckte sich, als ihm das Wasser in Gesicht und Ohr spritzte, wich zurück und hätte sich dabei beinahe den Kopf angeschlagen.
"Merry!" schimpfte er hustend, und rieb sich mit dem Zeigefinger das Wasser aus dem linken Ohr.
Merry kicherte in sich hinein. "Du solltest nicht so gierig sein, werter Vetter."
Die Aussage ließ ihn einen Hieb auf den Oberarm ernten, doch änderte das nichts an seinem frechen Grinsen.

Während sich Merry ebenfalls am frischen Wasser gütlich tat, kratze Frodo an beiden seinen Armen. Er hatte die Ärmel seines Hemdes zurückgekrempelt und noch immer konnte man Blut verkrustete Kratzer an seinen Armen erkennen. Erst zehn Tage waren seit der Prügelei am Flussufer vergangen. Inzwischen hatten die Kratzer die lästige Angewohnheit, zu jucken und immer wieder kratzte Frodo ungewollt seine Arme blutig. Manche der kleineren Kratzer waren inzwischen verheilt, doch die auf seinem Oberkörper und vor allem jene auf seinem Rücken, schmerzten noch immer von Zeit zu Zeit. Seine Haut spannte, schien viel zu klein für seinen Körper und ständig juckte es an Stellen, an denen er sich nicht kratzen konnte, obschon es ohnehin besser wäre, wenn er nicht daran reiben würde.
Am Abend war es am schlimmsten, doch Hanna kam jeden Tag zu ihm, ehe er sich schlafen legte und schmierte ihn mit Ringelblumensalbe ein. Frodo genoss die Zuneigung, die sie ihm zukommen ließ, wünschte sich oft, sie würde ein wenig länger bei ihm blieben, doch bat er sie nie darum.
Hanna war hochschwanger und noch dazu hatte sie mit zwei kleinen Kindern bestimmt genügend andere Sorgen, als ihm abends Gesellschaft zu leisten.

Frodo rieb ungeduldig an einem Kratzer, während er auf Merry wartete, der sich ausgesprochen viel Zeit ließ und das frische Wasser mehr über sein Gesicht rinnen ließ, anstatt es zu trinken.
"Komm endlich, du Dummkopf von einem Brandybock! Das Gesicht kannst du auch zu Hause unter Wasser halten. Ich habe Hunger!"
Merry ließ sich von dieser Aussage nicht aus der Ruhe bringen, hob nicht einmal den Kopf, sondern kicherte in sich hinein, pumpte noch kräftiger am Brunnen und spritzte zugleich einige Wassertropfen in Frodos Richtung. Unbemerkt schüttelte dieser listig den Kopf. Wenn sein Vetter glaubte, er ließe sich ärgern, dann hatte er sich getäuscht. Blitzschnell legte er seine Hand auf Merrys Lockenkopf und stieß ihn für einen Augenblick komplett unter das fließende Wasser. Merry prustete, wich erschrocken zurück, als das kalte Wasser seinen Nacken hinunter lief. Entgeistert starrte er Frodo an, während er sich das Wasser aus dem Gesicht wischte.
Frodo grinste frech: "Abgekühlt genug?"
"Du…!" begann Merry aufgebracht und setzte Frodo, der zurück zum Brandyschloss eilte, hinterher.




~*~*~




Frodo saß gedankenverloren an seinem Schreibtisch und strich sich mit der Feder über die Lippen. Er wandte sich um, als ein leises Pfeifen an sein Ohr drang. Ein leichter Wind war aufgekommen, blies nun leise seufzend in das Zimmer des jungen Hobbits. Schweigend legte Frodo die Feder weg, kletterte in sein Bett und kniete sich vor das Fenster, wo er den Kopf in die Hände stützte und zum Himmel blickte. Der Mond, welcher mit den Sternen um die Wette zu leuchten schien, war beinahe voll. Nur das Zirpen einiger Grillen unterbrach die Stille der Nacht. Frodo seufzte leise.
Manchmal fühlte er sich einsam. Merry hatte ihm erzählt, dass er sich spät abends oft zu Madoc und Minto schlich, deren Zimmer direkt neben Merrys eigenem lag, und bis spät in die Nacht bei ihnen blieb. Sich zu Frodo zu schleichen, war zu gefährlich, denn dazu hätte er sich an zwei Wohnzimmern, einem Gesellschaftszimmer, der Küche und der Haupteingangstüre vorüber schleichen müssen. Hätte er dies geschafft, wäre es ein Leichtes gewesen, in Frodos Zimmer zu kommen, denn der östliche Gang, in dem dieses lag, wurde ansonsten wenig genutzt. Dummerweise jedoch, wurde Merry meist schon erwischt, ehe er auch nur an der zweiten Wohnzimmertüre vorüber geschlichen war, denn selbst abends herrschte reges Treiben unter den Hobbits.

Überrascht blickte Frodo zur Tür, als es klopfte. Hanna trat ein, ließ sich müde seufzend auf den Stuhl fallen, lehnte sich zurück und legte ihre Hände locker auf ihren Bauch. Frodo legte den Kopf schief und sah sie fragend an. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, welches Frodo erwiderte. Sie sah erschöpft aus, einige ihrer hellbraunen Locken hingen ihr strähnig ins Gesicht.
Aus einer Tasche in ihrem Rock kramte Hanna die Ringelblumensalbe hervor und rutschte mit dem Stuhl ein wenig näher an das Bett heran.
"Wie war dein Tag?", fragte sie fröhlich, während Frodo sein Hemd aufknöpfte.
"Anstrengend", entgegnete er, doch zierte ein schiefes Grinsen sein Gesicht. "Ich und einige der anderen Jungen waren den ganzen Tag bei der Heuernte behilflich."
Er schlüpfte aus seinem Hemd und wartete, dass sie ihm die Brust einschmierte.
Hanna lachte, als sie ihre Finger in die Salbe tauchte. "Davon habe ich bereits gehört. Marmadas hat erzählt, Merry, Minto, Madoc und du hättet euch eine Heuschlacht nach der anderen geliefert."
Frodo kicherte bei der Erinnerung daran, errötete aber zugleich ein wenig.
"Das war nur in den Pausen", versicherte er rasch. "Den Rest der Zeit haben wir gearbeitet. Das war eine Menge Heu!"
"Wie viele solcher Pausen gab es denn?", fragte Hanna mit einem Zwinkern.
Frodos Wangen färbten sich noch dunkler.
"Es gab einige", gestand er mit einem verlegenen Lächeln und rieb sich am Unterarm.
Hanna griff nach seinem Handgelenk, hinderte ihn am Weiterkratzen. Verwundert hob Frodo den Kopf, sah sie schweigend an.
"Du solltest die Wunden nicht wieder aufreiben", mahnte sie. "Ich weiß, dass es juckt, aber wenn du sie wieder blutig reibst, wird es nicht besser werden."
Frodo nickte und ließ seine Hand wieder sinken, während Hanna seinen anderen Arm einschmierte. Die Arme und den Oberkörper hätte er sich selbst einreiben können, doch Hanna bestand darauf, dies selbst zu tun. Weshalb dem so war, konnte er nicht sagen.
Gehorsam drehte er sich um, auf dass sie sich seinem Rücken zuwenden konnte. Die Salbe fühlte sich kühl auf seiner Haut an, als Hannas Finger behutsam über seine Schultern strichen. Die Kratzer an seinem Rücken waren am tiefsten gewesen und auch jetzt, nach zehn Tagen, waren sie an manchen Stellen noch immer blutig und schmerzten.
Frodo blickte wieder aus dem Fenster, betrachtete die Sterne, die funkelnd am Nachthimmel standen. Seine Gedanken drifteten zurück an einen längstvergessenen Abend in Beutelsend. Er war mit Bilbo auf der Bank vor der Höhle gesessen, und gemeinsam hatten sie die Sterne beobachtet.
Ein leises Seufzen entwich seinen Lippen und plötzlich bemerkte er, dass Hannas Hand zur Ruhe gekommen war. Nur noch ein einzelner Finger strich vorsichtig über den tiefsten der Kratzer, der sich quer über seinen Rücken zog. Ein wenig verwundert drehte er den Kopf, versuchte, aus ihrem Blick zu lesen, was sie damit bezwecken wollte. Zu seiner Verwunderung sah er Tränen in ihren Augen glitzern.
"Hanna?", fragte er zögernd und runzelte die Stirn, als er sich vollends zu ihr umwandte. "Ist alles in Ordnung?"
Seine Stimme klang besorgt, war kaum mehr, als ein Flüstern. Ein seltsames, unbehagliches Gefühl regte sich in ihm, während er sie fragend ansah und nicht wusste, was er tun sollte, oder was geschehen war.
Ihre Hand war auf ihren Schoß gefallen und nun, da ihr klar geworden war, dass Frodo sie beobachtete, trocknete sie schnell ihre Tränen und schüttelte den Kopf.
"Keine Sorge, es ist nichts. Mir geht es gut", schluchzte sie und rang sich ein Lächeln ab.
Frodo war sich nicht sicher, ob er ihr glauben konnte, ließ seine fragenden Augen weiterhin auf ihr ruhen. Was hatte sie so plötzlich zum Weinen gebracht?
Ihre Hand strich gedankenverloren über ihren gerundeten Unterleib, als eine weitere Träne, die sie zu verbergen suchte, über ihre Wange rann.
"Es ist wirklich alles in Ordnung", erklärte sie noch einmal auf seinen fragenden Blick hin. "Manchmal kommen mir Tränen, ohne, dass ich recht weiß weshalb. Keine Angst, mir geht es wirklich gut."
Frodo legte den Kopf schief, die Stirn noch immer nachdenklich in Falten gelegt. Sein Blick glitt von ihren Händen zu den seinen. Zögernd rutschte er dann ein wenig näher an sie heran und umarmte sie. Auch wenn sie ihm versicherte, dass es ihr gut ging, hatte er doch das Gefühl, sie trösten zu müssen. Im ersten Augenblick schien Hanna ein wenig erschrocken, hatte Frodo sie doch nie zuvor von sich aus umarmt, doch dann legte auch sie die Arme um ihn und drückte den Jungen an sich. Für einen kurzen Augenblick schloss Frodo die Augen und wünschte, die Umarmung würde niemals zu Ende gehen und er könne alle Sorgen vergessen, wie er das in den Armen seiner Mutter immer getan hatte.
Doch schließlich löste sich Hanna aus der Umarmung und blickte ihren Schützling liebevoll an. Dieser hob langsam den Kopf, sah ihr zögernd in die Augen, als sie ihm lächelnd durch die Haare strich. Das Licht einer Kerze auf dem Nachttisch ließ sein Gesicht golden schimmern. Doch auf einmal runzelte Hanna fragend die Stirn, denn es schien ihr plötzlich, als wolle er ihr etwas sagen.
Lange blickte Frodo in ihre fragenden Augen, hoffte, so den nötigen Mut zu finden, den es ihn kostete, seine Frage zu stellen.
‚Willst du nicht noch ein wenig bleiben?', wollte er sie bitten, doch kein Wort verließ seine Lippen und so schüttelte er nur schweigend den Kopf und senkte erneut den Blick.

Hanna runzelte ein wenig nachdenklich die Stirn. Ihr war dieser Ausdruck in letzter Zeit häufiger aufgefallen, doch wusste sie ihn nicht zu deuten und inzwischen kannte sie Frodo zu gut, um ihn danach zu fragen. Er würde ohnehin nicht antworten.
"Du solltest dich jetzt schlafen legen", sagte sie stattdessen und strich ihm ein letztes Mal über die Wange.
Frodo nickte schwach, wünschte ihr eine gute Nacht, während sie sich erhob, und blickte schließlich wieder aus dem Fenster, als sie das Zimmer verlassen hatte. Schweigend tastete er nach seinem Nachthemd und zog es sich über, wobei erneut ein leises Seufzen seinen Lippen entwich.




~*~*~




Dank Hannas liebevoller Behandlung, waren Frodos Wunden rasch verheilt, und als in den ersten Tagen des Winterfilth viele der weiblichen Hobbits und die meisten Kinder im Waldstück südlich der Straße nach Bockenburg nach Pilzen suchten, waren die Spuren des Streites mit Marroc längst verschwunden.
Fröhlich lachend sprangen die Kinder, deren Rucksäcke voll mit kleinen Leckereien waren, vor ihren Müttern her. Ihr Lachen erfüllte den sonnigen Herbstnachmittag. Frodo, Merry und Minto huschten kichernd zwischen den Bäumen umher, sammelten jede Eichel und kleine Kastanie auf, die sie finden konnten und steckten sie in ihre Taschen. Die drei jungen Hobbits hatten sich, gemeinsam mit Madoc und Marmadoc, Schleudern gebastelt, die sie in den vergangenen Tagen laufend mit sich herumgetragen hatten. Ständig zielten sie damit auf Bäume, erschreckten Vögel und Eichhörnchen. Ein weiteres, sehr beliebtes Ziel, war die kleine Gruppe bestehend aus Viola, Rubinie und Nelke. Vor allem Frodo fand großen Gefallen daran, den Mädchen einen Schrecken einzujagen.

"Treffer!" flüsterte Frodo mit einem siegreichen Grinsen und ließ sich sogleich wieder neben Merry ins Gebüsch fallen, als er das verschreckte Aufkreischen Violas hörte. Vom Baum unweit hinter Viola, splitterte ein wenig Rinde ab, als die Eichel, mit der Frodo darauf gezielt hatte, in den Stamm einschlug.
"Warst du das?", rief Viola aufgebracht und wandte sich an Minto, der mit einigem Abstand hinter ihr her ging.
Der junge Hobbit schüttelte unschuldig den Kopf und versteckte die Schleuder in seiner Hand rasch hinter seinem Rücken. Das Mädchen drohte ihm zornig mit dem Finger und stapfte dann davon, um wieder mit Nelke und Rubinie gleichzuziehen.

Hanna seufzte, als Merimas seine Finger aus ihrer Hand gleiten ließ und mit Berilac davon eilte.
"Ich hätte nicht mitkommen sollen", meinte sie und strich sich mit den Händen über den Bauch.
Adamanta blickte ihre Freundin ein wenig besorgt an. "Ich hatte dir geraten zu Hause zu bleiben. Was bewegte dich dazu, dennoch mitzukommen?"
Hanna lächelte und nickte mit dem Kopf in die Richtung, in die ihr Sohn gelaufen war. "Der kleine Tollpatsch bettelte so lange, bis ich eingewilligt habe. Außerdem hätte Marmadas ihn heute nicht mitnehmen können. Soweit ich weiß, ist er mit Merimac nach Süden gegangen, um sich um die Schafe zu kümmern."
"Vetter Seredic begleitet sie ebenfalls", schaltete sich Frodo ein, der Hannas Worte mitangehört hatte, als er aus dem Gebüsch getreten war. Sie zog verwundert eine Augenbraue hoch und Frodo grinste verschmitzt.
"Das ist richtig", bestätigte Adamanta. Ihr Gatte hatte ihr in der Früh erzählt, dass er heute, mit der Unterstützung von Marmadas und Seredic, die ersten Schafe scheren wollte. "Dennoch hättest du zu Hause bleiben sollen. Merimas hätte uns trotzdem begleiten können, und wenn nicht, dann hätte Mirabella bestimmt ihre Freude mit dem Kleinen gehabt. Minze und die anderen Kleinen sind schließlich auch bei ihr."
Hanna nickte und senkte den Kopf, als Adamantas strafender Blick sie traf. "Es ist nun einmal das erste Mal, dass Merimas uns bei der Pilzsuche behilflich sein kann und da wollte ich dabei sein."
"Sei dennoch vorsichtig", mahnte sie und warf einen nachdenklichen Blick auf Hannas gerundeten Unterleib.

"Frodo Beutlin! Du nichtsnutziger Strohkopf von einem Hobbit!"
Frodo, der sich möglichst unauffällig unter die plaudernden Frauen gemischt hatte, zog scharf die Luft ein und erstarrte in seiner Bewegung. Seine Tante Asphodel wäre beinahe in ihn hineingelaufen, so plötzlich war er stehen geblieben, als er Violas wutentbranntes Gesicht erkannte. Obwohl Viola jünger war, als er, war sie in der Lage, jeden in Angst und Schrecken zu versetzen, wenn sie wütend wurde. Nicht nur ihre Wangen, sondern ihr ganzer Kopf färbte sich dann rot, wie eine Tomate und ihre Augen funkelten, als würde darin ein Gewitter toben.
Asphodel schlug ihm mit der Hand leicht auf den Hinterkopf, was Frodo erschrocken zusammenzucken ließ. Sie sah ihn ernst an und schüttelte den Kopf, da sie vermutete, Viola wäre Frodos Schleuder zum Opfer gefallen. Frodo senkte den Kopf und wich dem Blick seiner Tante aus.
"Weg hier!" rief Merry aufgebracht, der plötzlich neben Asphodel aus dem Gebüsch schoss. "Nelke und Rubinie sind auf dem Weg hierher. Ich fürchte ich habe den Baum verfehlt und stattdessen Nelkes Schulter getroffen."
Frodo sah ihn entgeistert an, als plötzlich Violas wütende Stimme wieder an sein Ohr drang. Er machte auf der Stelle kehrt und versuchte, mit Merry am Arm, zwischen den Bäumen Schutz zu finden. Ein wütendes Mädchen konnte man abwehren, doch drei waren eindeutig zu viel.

Hinter einem Hagebuttenstrauch fanden die beiden Hobbits einen Unterschlupf und beide machten sich sogleich daran, ihre Schleudern zu spannen. Kaum tauchte das erste Mädchen, Viola, zwischen den Bäumen auf, sauste auch schon eine Eichel knapp an ihrem Kopf vorüber. Das Mädchen gab einen kurzen, kreischenden Laut von sich und blickte wütend in die Richtung, aus der das Wurfgeschoss gekommen war.
"Frodo, ich schmeiße dich in die Brennnesseln!" fauchte sie und stapfte auf ihn und Merry zu.
Frodo kicherte. "Dazu bist du nicht Imstande."
Sein Blick glitt kurz zu Merry, der damit beschäftigt war, eine weitere Eichel aus seiner Tasche zu kramen, während Frodo noch immer in Violas Richtung zielte. Ein leises Rascheln hinter sich, ließ ihn die Stirn runzeln, doch zu mehr war er nicht mehr in der Lage, denn plötzlich spürte er ein schweres Gewicht auf seinem Rücken. Die Schleuder wurde ihm aus den Händen gerissen und er fiel vornüber zu Boden.
"Wir haben sie!" riefen Nelke und Rubinie im Chor, während Merry bereits zu schimpfen begonnen hatte, und sich verzweifelt versuchte, aus Rubinies Griff zu befreien.
Frodo hingegen hatte hilflos zu kichern begonnen, denn während Merry von Rubinie festgehalten wurde, fand Nelke es amüsanter, ihr Opfer durchzukitzeln. Verzweifelt versuchte er, sich zu wehren, doch kaum hatte er eines ihrer Handgelenke zu fassen bekommen, musste er es auch schon wieder loslassen, um kitzlige Körperstellen vor frechen Fingern zu schützen. Viola sprang plötzlich hinter den Busch und half ihrer Schwester dabei, Merry festzuhalten, ging aber nebenbei gerne auch Nelke zur Hand, um sicher zu gehen, dass auch Frodo sich nicht befreien konnte.
"Gebt ihr auf?", wollte Nelke schließlich wissen und grinste hinterhältig.
"Niemals!" zischte Merry und verpasste Rubinie einen Tritt, ehe er von Viola erneut zu Boden gedrückt wurde.
"Werdet ihr aufhören, Eicheln auf uns zu werfen?", verlangte Nelke entschlossen, ohne einmal von Frodo abzulassen, der zu keiner Antwort fähig war, sondern immer noch mit Lachen und hilflosem nach Luft schnappen beschäftigt war.
"Nein!" rief Merry stur und schaffte es erneut, sich für einen Moment aus dem Griff von Viola und Rubinie zu befreien.
Auch Frodo gelang es schließlich Nelkes Handgelenk zu fassen zu bekommen und in einem kurzen Moment der Unachtsamkeit schaffte er es, sich aus den Fängen des Mädchens zu befreien. Er hatte dennoch Mühe damit, sie festzuhalten, denn noch immer musste er kichern. Doch schließlich hatte er ihre Handgelenke so fest umklammert, dass sie sich nicht befreien konnte. Auch die Tatsache, dass Viola ihm kräftig auf die Arme schlug und verlangte, Nelke wieder loszulassen, konnte daran nichts mehr ändern.

Die fünf Hobbits sahen sich ernst an. Rubinie kniete neben Merry, der der Länge nach ausgestreckt auf dem Bauch lag und versuchte, sich unter ihrem Griff heraus zu winden. Frodo saß dicht neben ihm, seine Arme so um Nelke geschlungen, dass das Mädchen sich kaum mehr rühren konnte. Viola kniete zwischen ihnen und blickte von einem zum anderen, plötzlich ihrer Lage unsicher.
Ein schelmisches Grinsen erschien auf Frodos Gesicht. "Gebt mir Merry und ihr könnt dafür Nelke wieder haben!"
Rubinie machte keine Anstalten, von Merry abzulassen. "Erst lässt du sie gehen, dann wird er frei kommen."
"Ich bin nicht dumm!" erklärte Frodo und schüttelte vehement den Kopf. "Ihr seid in der Überzahl. Erst Merry, dann Nelke!"
Rubinie und Viola sahen ihn lange strafend an, doch Frodo grinste, dem Sieg gewiss. Widerwillig ließen sie schließlich von Merry ab, der sich schimpfend erhob und jedem der beiden Mädchen einen Schlag auf den Oberarm verpasste. Erst als Merry schließlich hinter Frodo stand, ließ dieser auch Nelke gehen und erhob sich.

Erst jetzt bemerkte er den strengen Geruch von Kiefernnadeln und Erde in seiner Nase. Schnell wischte er sich Schmutz und verdorrte Nadeln von Hemd, Hose und Gesicht. Merry tat es ihm gleich, warf jedoch ständig wütende Blicke auf die drei Mädchen.
"Mädchen!" fauchte er schließlich, warf verständnislos die Arme in die Luft und stapfte davon. Frodo sah ihm grinsend hinterher, griff dann nach seiner Schleuder, die noch immer neben Nelke lag und verabschiedete sich mit einem frechen: "Euch werden wir uns nie ergeben!" von den dreien.

Als Frodo wieder mit Merry aufschloss, war dieser damit beschäftigt, sich die letzten Nadeln aus den Haaren zu zupfen und vor sich hin zu schimpfen.
"Das werden sie noch bereuen!" schlussfolgerte er schließlich.
"Wer wird was bereuen?", wollte Esmeralda wissen, die von hinten an ihren Sohn herangetreten war.
"Mama!" Merry wandte sich rasch zu ihr um, ein zuckersüßes Lächeln auf den Lippen.
Sie zog kritisch eine Augenbraue hoch und ließ ihren Blick von Merry zu Frodo wandern, der nicht weniger unschuldig zu ihr aufsah. Einige Kiefernnadeln hatten sich in den Locken des jungen Hobbits verfangen. Esmeralda streckte ihre Hand aus, um die Nadeln zu entfernen, doch Frodo kam ihr zuvor und ließ seine Finger rasch durch die zerzausten Locken gleiten.
"Ehe der Winter kommt, sollten wir deinen Krauskopf bändigen", meinte sie, woraufhin Frodo das Gesicht verzog.
"Das ist nicht nötig", meinte er rasch und trat zur Sicherheit einen Schritt zurück, damit Esmeralda gar nicht erst auf die Idee kam, die Länge seiner Haare zu prüfen.

Das letzte Mal, hatte Tante Asphodel ihm die Haare geschnitten und zwei Dinge hatten ihm den Spaß daran gründlich verdorben. Seine Tante war schlecht gelaunt gewesen und hatte ihre Wut an ihren Opfern ausgelassen. Es hatte bereits beim Waschen der Haare angefangen. Anstatt das Wasser über dem Feuer zu erwärmen, hatte sie einfach das kalte Brunnenwasser genommen, welches einige Zeit lang im Badezimmer gestanden war. Noch dazu hatte sie nicht darauf geachtet, keine Seife in die Augen zu bringen. Frodos Augen waren einen ganzen Tag lang rot gewesen. Außerdem hatte Asphodel eine Vorliebe für kurze Haare, für sehr kurze Haare. Sie hatte seine Locken so kurz abgeschnitten, dass sie nicht einmal mehr seine Ohren gewärmt und erst Wochen später wieder eine vernünftige Länge angenommen hatten. Er hatte wirklich keine Lust, diese Behandlung noch einmal über sich ergehen lassen zu müssen.

Merry hakte sich bei seiner Mutter ein und griff nach dem Korb, den sie in der anderen Hand hielt.
"Du verheimlichst mir etwas", meinte sie mit einem strengen Blick auf ihren Sohn, ehe sie sich erneut an Frodo wandte. "Ob du es willst oder nicht, deine Haare müssen gestutzt werden."
Frodo verzog das Gesicht, doch noch ehe er etwas erwidern konnte, hatte Merry das Wort ergriffen.
"Ich verheimliche nie etwas!" Er warf einen kurzen Blick zu Frodo, richtete seine Augen dann auf den leeren Korb. "Du hast ja noch gar keine Pilze! Das sollten wir dringend ändern. Von einem leeren Korb werden wir nämlich nicht satt."
Merry wollte bereits davon eilen, um nach frischen Pilzen zu suchen, deshalb waren sie schließlich alle im Wald, doch er wurde von seiner Mutter gestoppt.
"Wo sind eure Rucksäcke? Die sollten eigentlich dafür sorgen, dass wir nicht verhungern, bis wir genügend Pilze gefunden haben."
Merry biss sich auf die Lippen, schielte ratlos zu Frodo, der sich verzweifelt umsah, als würde die Antwort plötzlich von einem der Bäume fallen. Als keine Antwort kam, senkte Frodo den Kopf, schielte nur gelegentlich verstohlen in Esmeraldas Richtung, deren Augen ungeduldig auf ihm ruhten.
"Sie sind… weg", begann er und nach einer kurzen Pause deutete er vage in Richtung der Straße nach Bockenburg. "Dort vorne… irgendwo… in den Büschen."
"Und was ist mit dem Essen?", wollte sie wissen.
"Das ist noch da!" warf Merry ein, "… teilweise…"
"Na, dann holt es!" rief sie, nahm den Korb wieder an sich und gab Merry einen Klaps auf den Hintern.
Sie schüttelte den Kopf, als die jungen Hobbits den Weg zurückeilten, den sie gekommen waren. Donna trat kichernd an sie heran und hakte sich bei ihr ein.
"Da die beiden sich so prächtig um unser Essen kümmern, sollten wir besser dafür sorgen, dass unsere Körbe rechtzeitig voll werden, oder wir werden heute wirklich nicht mehr satt."




~*~*~




Hanna saß auf einem abgeholzten Baumstamm und ruhte sich aus. Die Augen hatte sie halb geschlossen, während die letzten warmen Sonnenstrahlen sie wärmten. Der Duft von frischen Pilzen, Erde, Tannennadeln und Laub hing in der Luft und mischte sich mit dem der belegten Brote der Kinder. Inzwischen war es Nachmittag geworden und beinahe alle Körbe waren nun mit Pilzen gefüllt. Hanna hatte beim Sammeln der Pilze nicht geholfen. Kaum hatte sich ihr die Möglichkeit geboten, sich hinzusetzen, hatte sie dies auch getan. Inzwischen jedoch, war ihr Körper das Sitzen Leid und ihr Rücken schmerzte. Hanna bereute nun, dass sie mitgekommen war und der bloße Gedanke an den Heimweg, bereitete ihr Übelkeit.
"Schau, was ich gefunden habe!" rief Merimas erfreut, als er vor ihr zum Stehen kam und stolz drei große Steinpilze präsentierte.
Hanna rang sich ein Lächeln ab und lobte ihren Sohn. Adamanta hatte sich seiner angenommen, damit Hanna sich ausruhen konnte, doch immer wieder kam der Kleine zu ihr gerannt, um ihr seine Fundstücke zu präsentieren.
"Bring sie zu Adamanta! Ich bin sicher, sie hat noch Platz dafür in ihrem Korb", erwiderte sie.
Merimas grinste von einem Ohr zum anderen, umarmte seine Mutter kurz und eilte dann davon. Hanna sah ihm hinterher, ehe sie ihren Blick über das Waldstück schweifen ließ. Sie hatten eine Lichtung erreicht, an deren Rand sie nun saß. Überall um sie herum waren fleißige Frauen und Kinder, die den Boden nach Pilzen absuchten. Einige Kinder jedoch, waren der Arbeit überdrüssig geworden und rannten zwischen den Bäumen umher.

Sie schreckte zusammen, als Frodo auf einmal neben ihr zu Boden fiel. Der junge Hobbit sog scharf die Luft ein.
"Alles in Ordnung?", fragte sie besorgt.
Frodo setzte sich nickend auf, verzog jedoch das Gesicht und rieb sich den rechten Knöchel. Er war über eine Wurzel gestolpert, als er vor Merry, Madoc und Minto geflüchtet war. Die jungen Hobbits hatten beschlossen, sich nun gegenseitig mit der Schleuder abzuschießen und es galt die Regel "Jeder gegen Jeden", was jedem von ihnen einige blaue Flecken bescherte. Er sah sich um, doch im Augenblick war keiner der anderen zu sehen. Mit einem Seufzen lehnte er sich neben Hanna an den Stamm und schloss die Augen.
"Müde?", fragte sie, froh jemanden gefunden zu haben, mit dem sie sich unterhalten konnte.
Frodo schüttelte den Kopf. "Eigentlich nicht."
"Ergib dich!" brüllte Merry, der plötzlich neben Frodo auftauchte und mit der Schleuder auf ihn zielte.
Noch ehe Frodo etwas sagen konnte, hatte Esmeralda ihm einen Klaps auf den Hinterkopf gegeben. "Meriadoc Brandybock, ich habe dir verboten mit der Schleuder auf andere zu zielen und ich werde es nicht noch einmal tun!"
Sie packte ihn am Ohr und zog ihn mit sich. Merry protestierte, wollte sich herausreden und ihr zu verstehen geben, dass er gar nichts gemacht hatte, doch Esmeralda schien davon nichts hören zu wollen.
Frodo rieb sich unwillkürlich am Ohr, als er seinem Vetter hinterher blickte. Merry tat ihm Leid, denn schließlich hatte er wirklich nichts getan, zumindest nicht im Augenblick.
"Ich sollte ihm helfen", sagte er und war bereits dabei aufzustehen, doch Hanna hielt ihn auf.
"Tu das nicht. Esmie ist gar nicht begeistert von den Schleudern und wenn du jetzt zu ihr gehst, wirst du Merry nur Gesellschaft leisten, bei welcher Bestrafung auch immer."
Frodo sah sie verwundert an und runzelte die Stirn, ließ sich aber von ihr zurück halten und setzte sich wieder neben sie.
"Warum sagst du mir das?", begehrte er zu wissen.
Hanna seufzte leise. "Esmeralda tut genau das Richtige. Solche Schleudern sind gefährlich, vor allem wenn man damit auf andere zielt."
Frodo spürte, wie er errötete und senkte ein wenig verlegen den Kopf.
Ein Lächeln huschte über Hannas Lippen. "Ich habe dich aus reiner Selbstsucht vor einer Bestrafung bewahrt."
Überrascht sah Frodo wieder zu ihr auf und runzelte die Stirn. Wie konnte sie das meinen?
"Euch die ganze Zeit bei der Arbeit zuzusehen, ist nicht halb so aufregend, wie es aussehen mag. Ich hatte gehofft, du würdest mir ein wenig Gesellschaft leisten, wenn ich dich vor Schlimmerem bewahre."
"Dann werde ich bleiben", schmunzelte Frodo, der ihrem Wunsch gerne nachkam.
Seit seine Wunden verheilt waren, war sie nicht mehr bei ihm gewesen und Frodo vermisste die Aufmerksamkeit, die sie ihm zuteil werden hatte lassen, auch wenn er ihr das niemals gesagt hatte.
"Weißt du denn schon, wann es auf die Welt kommen wird?", fragte er und deutete mit einem Kopfnicken auf ihren Bauch.
Hanna rutschte ein wenig hin und her und setzte sich bequemer hin. "Eigentlich könnte es jeden Tag soweit sein."
"Und dann kommst du noch mit in den Wald?!" rief Frodo aus und sah sie mit großen, verständnislosen Augen an. "Was, wenn es jetzt auf die Welt kommt?"
"Keine Sorge, es wird nicht jetzt zur Welt kommen", lächelte sie. "Du hörst dich an wie Adamanta. Sie war heute Morgen auch schon sehr besorgt, als sie hörte, dass ich vorhatte, euch zu begleiten. Aber ich wollte Merimas nicht alleine lassen und…"
"Aber auf Merimas hätte ich doch aufpassen können", erklärte Frodo.
Hannas Aussage, dass das Baby jederzeit geboren werden konnte, beunruhigte ihn.
"Nach allem, was ich heute gesehen habe, glaube ich nicht, dass du noch viel Zeit für Merimas gehabt hättest."
Etwas verlegen senkte Frodo den Blick. "Ein wenig Zeit schon."
Mit einem Schmunzeln wuschelte sie ihm durch die Haare. "Komm, hilf einer müden Frau auf. Wenn ich noch lange hier sitzen bleibe, werdet ihr mich nicht Hause tragen müssen."
Frodo grinste und half Hanna, die sich den Rücken hielt, mühselig wieder auf die Beine.

Hanna war noch nicht recht aufgestanden, als sie sich plötzlich krümmte und die Hände unter ihren Bauch schob. Einen kurzen Augenblick schien sie nicht zu atmen und ihr Gesichtsausdruck verkrampfte sich.
"Hanna?", fragte Frodo besorgt und griff nach einer ihrer Hände. "Ist alles in Ordnung?"
Sie antwortete nicht sofort, was Frodo noch mehr beunruhigte. Er wollte zu Esmeralda laufen und sie um Hilfe bitten, doch Hanna ergriff sein Handgelenk und hinderte ihn am Gehen. Überrascht und ein wenig erschrocken blickte er auf. Ihr Gesichtsausdruck hatte sich wieder entspannt.
"Ich fürchte, ich habe mich geirrt, Frodo. Du musst nach Hause laufen. Sag Mirabella, sie solle alles vorbereiten." Ihre Stimme klang leise, aber bestimmt. "Ich werde nachkommen."
Frodos Augen weiteten sich, doch er nickte und stürmte auf der Stelle davon.

Als er zwischen den Bäumen verschwand, hätte er beinahe Asphodel umgerannt.
"Vorsicht, Kind!" mahnte diese streng. "Wenn du rennst, dann schau wenigstens, wo du hinläufst."
"Hanna bekommt ihr Baby!" rief Frodo aufgebracht, drängte sich an seiner Tante vorüber und rannte weiter, ohne eine Antwort abzuwarten.

So schnell er konnte, eilte Frodo durch den Wald. Die Kiefernnadeln und das Laub unter seinen Füßen knisterten, als er über Wurzeln sprang oder zwischen Bäumen hindurch rannte, um seinen Weg abzukürzen. Die Zeit schien plötzlich um vieles schneller vorüberzugehen, als zuvor. Oder waren es seine Füße, die sich plötzlich immer schwerfälliger bewegten? Frodo keuchte, war schließlich gezwungen seine Geschwindigkeit zu verlangsamen. Es dauerte einige Zeit, bis er wieder zu Atem gekommen war, doch dann rannte er weiter, erreichte schließlich den Waldrand und wusste, dass er nicht mehr allzu weit zu gehen hatte. Prustend und keuchend blickte er sich um, fragte sich, wie es Hanna wohl ginge, ehe er sich wieder in Bewegung setzte.

Als er das Brandyschloss erkennen konnte, verließ Frodo die Straße dort, wo sie eine Biegung machte, um seinen Weg abzuküren. Er stürmte er durch die Hintertür in die Höhle und rief keuchend nach seiner Großmutter. Mirabella kam aus einem der Wohnzimmer gerannt, ihr Gesicht voller Sorge ob der verzweifelten Stimme ihres Enkels.
"Frodo, was ist geschehen?", wollte sie wissen, als sie auf ihn zugeeilt kam.
"Hanna…", keuchte Frodo, der kaum genügend Luft bekam, um seine Nachricht in Worte zu fassen. "… ist auf dem Weg hierher. Du sollst alles vorbereiten für…"
Weiter kam er nicht, doch Mirabella hatte ihn verstanden und gab ihm sogleich einen weiteren Auftrag. Er sollte nach Hanna Ausschau halten und ihr Bescheid geben, wenn sie kam. Frodo tat, wie ihm aufgetragen wurde, ging wieder nach draußen und wartete.

Ungeduldig blickte er auf die Straße nach Bockenburg. Er war besorgt, hoffte, dass Hanna rechtzeitig nach Hause kommen würde und ihr Kind nicht irgendwo im Wald zur Welt bringen musste. Frodo wusste zwar nicht so recht, was bei einer Geburt geschah, oder was es dazu brauchte, doch er konnte sich vorstellen, dass es nicht sehr angenehm war, ein Kind im Wald zu gebären.
Endlich tauchten die Schatten von drei Hobbits auf der Straße auf. Esmeralda und Asphodel hatten Hanna in ihre Mitte genommen und stützten die werdende Mutter. Frodo eilte zurück ins Brandyschloss, um seiner Großmutter Bescheid zu geben. Gefolgt von Mirabella wollte er wieder nach draußen gehen, als sich die Hintertür öffnete und Esmeralda eintrat. Hanna stützte sich indes schwer auf Asphodel.
"Liebes, wie geht es dir?", wollte Mirabella wissen, als sie zu Hanna eilte, um sie ebenfalls zu stützen.
Hanna schloss einen Augenblick die Augen und verzog das Gesicht. Schweiß stand auf ihrer Stirn und sie sah erschöpft aus. "Es geht."
Mirabella führte Hanna in ihr Zimmer. Frodo wollte ihnen folgen, doch Esmeralda hielt ihn zurück.
"Wir kamen rechtzeitig", versicherte sie auf seinen besorgten Gesichtsausdruck hin. "Bei Mirabella ist sie in guten Händen. Ich glaube, in ganz Bockland gibt es keinen einzigen Hobbit, der mehr Kinder zur Welt gebracht hat, als deine Großmutter."
Frodo sah sie mit großen Augen an, doch Esmeralda war nicht in der Stimmung, mehr zu erzählen. Stattdessen schob sie ihn in Richtung Küche und bat ihn, den Tisch für das Abendessen zu decken.
"Und das werde ich behalten", sagte sie bestimmt und nahm ihm die Schleuder ab, die er in den Hosenbund gesteckt hatte.
"Aber…", protestierte Frodo, doch sie brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen.
Frodo seufzte. Für heute hatte er genügend Aufregung. Er war zu erschöpft, um sich auf eine Diskussion mit Esmeralda einzulassen.




~*~*~




Es war bereits spät in der Nacht, als Frodo in seinem Bett lag, hin und her gerissen zwischen seiner Erschöpfung und seiner Aufregung. So müde er auch war, er konnte keinen Schlaf finden, wollte gar nicht einschlafen. Voller Erwartung blickte er zur Tür. Esmeralda hatte ihm versprochen, zu ihm zu kommen, sobald Hannas Kind auf der Welt war und ihr Kommen war ihm wichtiger, als seine eigene Schläfrigkeit. Die sanften Hände des Schlafes langten immer wieder nach ihm, doch Frodo schüttelte sie von sich ab, auch wenn er Mühe hatte, seine Augen offen zu halten und immer wieder von einem Gähnen heimgesucht wurde. Verlockend waren da die zärtlichen Berührungen, die seine Lider schlossen und ihm die Glieder schwer werden ließen und bald fühlte Frodo sich außerstande, sich ihrer zu erwehren.

"Melilot Brandybock", flüsterte eine leise Stimme.
Frodo schlug die Augen auf. Esmeralda war, im sanften Schein einer Kerze, über ihn gebeugt, ein Lächeln im Gesicht.
"Melilot", wiederholte sie.
Verwundert runzelte Frodo die Stirn, doch dann lächelte auch er. "Ein Mädchen."
Esmeralda nickte. "Hanna geht es gut. Ich habe doch gesagt, dass sie in guten Händen ist."
Frodo grinste, wurde jedoch von einem Gähnen unterbrochen.
"Schlaf jetzt weiter. Gute Nacht!"
Zur Antwort bekam Esmeralda nur mehr ein leises Murmeln und noch ehe sie die Türe hinter sich geschlossen hatte, war Frodo wieder eingeschlafen.





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