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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 39: Verbotene Feste



"Bitte!"
Zwei Paar blaue Augen waren flehend auf Saradoc gerichtet.
Dieser saß zurückgelehnt auf seinem großen Ledersessel und paffte an seiner Pfeife. Das große Fenster hinter ihm gab den Blick auf die ersten funkelnden Sterne frei. Vor seinem Schreibtisch standen Frodo und Merry in ihren Nachtgewändern, beide mit dem süßesten Lächeln in den Gesichtern, das sie auf ihre Lippen zaubern konnten. Das Licht einer Lampe auf dem Schreibtisch, ließ die großen, bittenden Augen der jungen Hobbits glitzern.
"Bitte!" flehten sie noch einmal und das Licht warf dunkle Schatten auf ihre Gesichter.
Saradoc richtete sich langsam gerade auf, nahm die Pfeife aus dem Mund und stieß den Rauch in einem langen Atemzug aus. Er legte die Pfeife auf eine Halterung auf seinem Schreibtisch und sah die beiden jungen Hobbits ernst an.
"Nein", sagte er dann in einem ruhigen, aber bestimmten Tonfall.

"Aber Papa", begann Merry von neuem, "jeder wird da sein."
Saradoc schüttelte den Kopf: "Nicht jeder. Nur einige Hobbits im Alter zwischen zwanzig und dreiunddreißig. Hobbits, die bereits in ihren Tweens sind."
"Das bin ich auch bald", warf Frodo ein.
"Bald?" Der Herr von Bockland zog fragend eine Augenbraue hoch. "Mehr als vier Jahre würde ich nicht gerade als bald bezeichnen."
"Aber…", begann Frodo, machte dann aber eine kurze Pause, in der er seine Worte noch einmal überdachte. "Bockenburg ist nicht weit. Wir könnten jederzeit zurückkommen."
"Nein", Saradoc schüttelte den Kopf, "ihr seid zu jung um auf ein Fest im Springenden Hecht zu gehen. Ihr werdet zu Hause bleiben."
"Bitte!" bat Merry noch einmal und versuchte es wieder mit dem flehenden Blick und dem süßen Lächeln. Seine Mutter hätte spätestens jetzt Ja gesagt, doch sein Vater machte nicht den Eindruck, als würde er sich umstimmen lassen. Sein Ausdruck war noch immer ernst und bestimmt.

Saradocs Entschluss stand fest. Er würde die Kinder nicht gehen lassen, und wenn sie noch so sehr bettelten.
"Es bleibt dabei. Ihr werdet nicht in den Springenden Hecht gehen", sagte er trocken, erhob sich dann, ging auf die Kinder zu und legte jedem einen Arm auf die Schulter. "Geht jetzt schlafen."

Die Hobbits verabschiedeten sich mit einem missmutigen "Gute Nacht" und stapften zur Tür. Dort angekommen, wandte sich Frodo noch einmal um. Saradoc stützte sich mit einer Hand am Schreibtisch ab und sah den Jungen erwartungsvoll an.
"Ich finde das ungerecht", sagte er mit einem trotzigen Ausdruck. Saradoc konnte seine Augen förmlich blitzen sehen.
"Was ist daran ungerecht?", wollte er wissen.
"Nur weil wir noch nicht zwanzig sind, müssen wir zu Hause bleiben, während alle anderen ihren Spaß haben", murrte Frodo starrköpfig.
"Daran ist nichts Ungerechtes", erklärte Saradoc ruhig und trat näher an die Hobbits heran. "Ich bin für euch beide verantwortlich und ich will nicht, dass ihr alleine dorthin geht. In vier bis fünf Jahren werde ich es euch erlauben, aber nicht heute und dabei bleibt es."
Saradoc hatte die letzten Worte besonders stark betont und hoffte, die beiden Hobbits würden nun begreifen, dass er es ernst meinte und seine Entscheidung nicht ändern würde.

Merry blickte traurig drein, öffnete die Tür und trat in den Gang. Frodo folgte ihm, die Augen auf den Fußboden gerichtet. Dann drehte er sich noch einmal um, sah Saradoc wütend an und murrte: "Was nützt mir die Erlaubnis in fünf Jahren, wenn ich jetzt gehen will?"

Saradoc holte einmal tief Luft. Langsam verlor er die Geduld und außerdem gefiel ihm dieser Blick von Frodo nicht. "Du wirst mit dieser Erlaubnis vorlieb nehmen müssen, denn mein Entschluss steht fest!" sagte er ein wenig gereizt.
Frodo blickte ihn noch einen Augenblick länger an, stapfte dann aber beleidigt davon. Merry folgte ihm. Saradoc seufzte leise und ging zurück in sein Arbeitszimmer. Müde setzte er sich in seinen Sessel. Unrecht hatte Frodo nicht gehabt. Bis zum Springenden Hecht war es kein weiter Weg. Doch nein, er hatte richtig gehandelt. Die beiden waren zu jung und die Hobbits in ihren Tweens zu verantwortungslos, als dass er sie hätte mitgehen lassen können. Es war besser so.



~*~*~



Die beiden Hobbits stapften missmutig in Merrys Zimmer, wo Merry sogleich eine Kerze entzündete und sich dann auf sein Bett fallen ließ. Frodo sank sich stumm auf einen Stuhl am Schreibtisch und stützte den Kopf in die Hände.
In zwei Tagen war ein großes Fest im Gasthaus Zum Springenden Hecht in Bockenburg und er und Merry wären gerne dabei gewesen. Das Problem dabei war, dass das Fest in erster Linie für Hobbits in ihren Tweens (das hieß im Alter zwischen zwanzig und dreiunddreißig) war.
Frodo und Merry hatten gehofft, Saradoc würde sie auch gehen lassen, denn sie hatten gehört, dass Nelke ebenfalls dabei sein dürfe und sie war nur ein knappes Jahr älter, als Frodo. Saradoc sah das allerdings ganz anders.
"Was Nelke darf oder nicht darf, habe nicht ich zu entscheiden, sondern ihre Eltern", war alles, was er ihnen darauf entgegnet hatte.

"Ich bin sicher, es liegt an ihrem Bruder", schimpfte Merry und setzte sich wieder auf. "Ich wünschte, ich hätte auch einen älteren Bruder, der mich mitnehmen könnte."
Frodo wandte sich zu ihm um. Sein Ausdruck war noch immer trotzig.
"Warum lässt er uns nicht einfach gehen? Wir können schließlich auf uns selbst aufpassen, wir sind keine Kinder!"
"Genau!" bestätigte Merry und schlug mit der Faust auf sein Bett. "Was macht es für einen Unterschied, ob ich nun zwanzig oder zwölf bin?"
"Keinen", sagte Frodo und stand entschlossen von seinem Sitzplatz auf. "Also warum sollten wir nicht gehen?"
Merry zog eine Augenbraue ein wenig hoch und sah ihn verwundert an, als Frodo an seine Seite trat. Ein arglistiges Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit. "Ja, warum eigentlich nicht?"
Die Schatten der Kerze tanzten auf den Gesichtern der jungen Hobbits, ließen ihre Augen geheimnisvoll im Dunkeln glimmen.



~*~*~



Zwei Tage darauf schien es Saradoc, als wäre das Fest der Tweens schon lange wieder vergessen. Als er von seiner Arbeit auf den Feldern aufblickte, sah er, wie die zwei jungen Hobbits fröhlich hinter einigen Schweinen her sprangen, die sie von der Weide nach Hause trieben. Er lächelte zufrieden, wischte sich den Schweiß von der Stirn und machte sich wieder daran, das Heu zu wenden.
Er konnte nicht ahnen, dass in den Köpfen der jungen Hobbits schon lange Pläne geschmiedet worden waren, wie sie den Herrn von Bockland in eben diesem Glauben lassen konnten.



~*~*~



"Denkst du, sie ahnen etwas?", wollte Merry wissen und tauchte in seiner Wanne unter, noch ehe Frodo antworten konnte.
Dampfschwaden stiegen vom Badewasser der Hobbits empor und breiteten sich im Badezimmer aus. Frodo tastete nach der Seife, die ihm aus den Fingern geglitten und in seinem Zuber verschwunden war.
Esmeralda hatte die beiden gleich nach ihrer Rückkehr ins Badezimmer geschickt, mit der Behauptung, sie würden selbst wie ein ganzer Schweinestall riechen. Frodo und Merry war das nur Recht gewesen, obwohl Merrys letztes Bad, jenes nach seinem unfreiwilligen Schlammvergnügen, erst vier Tage zurücklag.
Schnaufend tauchte Merry wieder auf und wischte sich das Wasser aus den Augen.
Frodo grinste, als er die Seife mit seiner Hand ertastet hatte, hob sie auf und verlor sie wieder. Ein Seufzen entwich seinen Lippen, als er sich erneut auf die Suche danach machte.
"Ich glaube nicht, dass sie etwas wissen."
"Das ist gut", entgegnete Merry, griff nach einer Bürste und schrubbte sich mit Hilfe einer umständlichen Verrenkung den Rücken.
Ein leises Platschen ertönte, als Frodo die wieder gefundene Seife erneut aus den Fingern glitt. Dieser grummelte etwas Unverständliches. Merry kicherte in sich hinein und fuhr dann fort.
"Wir gehen genau nach Plan vor. Nach dem Abendessen werden wir so tun, als würden wir uns schlafen legen. Sobald alles ruhig ist, schleichen wir uns zum Hintereingang raus. Wir treffen uns hinter den Ställen und gehen von dort aus nach Bockenburg."
Frodo hatte nur halbherzig zugehört, nickte aber trotzdem, schließlich kannte er den Plan. Seine Aufmerksamkeit war auf die Seife in seinen Händen gerichtet, die er nun ganz vorsichtig hochhob um sich damit einzuschäumen.
Merry beobachtete Frodos vorsichtigen Bewegungen mit einem schiefen Lächeln. Ihm war bereits der Gedanke gekommen seine Bürste in Frodos Wanne zu werfen. Dieser würde sich dabei bestimmt erschrecken und die Seife würde ihm ein weiteres Mal aus den Fingern rutschen. Doch er entschied sich dagegen.

Frodo hatte sich indes tiefer ins Wasser gleiten lassen und für einen Moment die Augen geschlossen. War er vor zwei Tagen noch fest entschlossen gewesen, auf das Fest zu gehen, hatten sich nun einige Zweifel eingeschlichen. Sie waren keine Unbekannten hier in der Gegend. Jeder würde sie erkennen. Natürlich würde sich keiner etwas dabei denken, sollten sie auch im Springenden Hecht auftauchen, außer jemand wusste, dass sie nicht dort sein durften. Aber andererseits, wer wusste das, abgesehen von Saradoc? Niemand; und Saradoc selbst war nicht dort.
Es konnte gar nichts schief gehen. Weshalb also, hatte er dennoch dieses ungute Kribbeln in der Magengegend?

Erschrocken richtete er sich auf und griff nach dem Rand der Wanne, als Wasser in sein Gesicht spritzte. Merry lachte und schickte sogleich eine zweite Ladung seines Badewassers hinterher.
"Merry!" wies Frodo ihn zurecht, tauchte dann aber kurz ganz unter. Er musste ohnehin noch seine Haare waschen. Als er wieder auftauchte, schnappte er nach Luft, rieb sich mit den Händen das Wasser vom Gesicht und schob sich einige Haarsträhnen aus der Stirn. Im Badewasser unterzutauchen, fand er inzwischen schon beinahe angenehm, doch in den Fluss wagte er sich noch immer nicht tiefer, als bis zu den Knien und er vermutete, dass er das auch niemals tun würde. Das störte ihn allerdings wenig.
Einen Augenblick blieb er regungslos sitzen und starrte auf sein Badewasser, das sich mit langsamen, regelmäßigen Bewegungen wieder beruhigte, bis es schließlich vollkommen stillstand, nachdem es zuvor beinahe übergeschwappt wäre, als er untergetaucht war. Frodo holte tief Luft und sah dann seinen Vetter an.
"Ich bin mir nicht mehr sicher, ob es wirklich so eine gute Idee ist, dorthin zu gehen", gestand er.

Merry, der gerade damit beschäftigt war, sich die Zehen zu schrubben, hielt innen.
"Was meinst du damit?"
"Ich meine, dass die Gefahr, erwischt zu werden, recht hoch ist."
"Frodo, du willst genauso gerne auf diese Feier gehen, wie ich. Die Gefahr, erwischt zu werden, ist heute genau gleich hoch, wie sie das vor zwei Tagen gewesen ist, als wir das alles besprochen haben. Du wirst doch jetzt keine kalten Füße bekommen?"
Merry sah ihn ernst an. Frodo schwieg und holte einmal tief Luft.
"Das ist es nicht. Es ist nur…", wieder verfiel er in Schweigen, während Merrys Augen erwartungsvoll auf ihm ruhten. "Wir sollten aufpassen."
"Das werden wir!" beruhigte Merry. "Wir werden so vorsichtig sein, wie wir es noch nie zuvor gewesen sind."
Gedankenverloren legte Frodo den Kopf schief und Merry fürchtete schon fast, sein Vetter würde ihre Pläne außer Acht lassen und Zuhause bleiben, doch dann zeichnete sich ein Lächeln auf dessen Zügen ab.
"Das wird unser großer Abend und niemand wird es jemals erfahren!" verkündete Frodo freudig.
Merry grinste. "So ist es, werter Vetter. Unser großer Abend!"



~*~*~



Frodo lag hellwach in seinem Bett und lauschte auf jedes Geräusch von draußen. Im Augenblick war nichts zu hören. Ob er schon lange genug gewartete hatte? Viel Zeit war noch nicht vergangen, seit er sich nach dem Abendessen von Merry getrennt hatte und in sein Zimmer gegangen war. Sollte er sich jetzt bereits aus der Höhle schleichen?
Frodo setzte sich auf und spähte erwartungsvoll zur Tür. Nichts, nur das Pochen seines Herzens, das schneller schlug, als für gewöhnlich.

Das mulmige Gefühl im Bauch war nach dem Gespräch mit Merry nicht verschwunden. Wenn überhaupt, dann war es stärker geworden, je später der Abend geworden war. Die Gefahr, erwischt zu werden, schien ihm beinahe zu groß. Alleine um ungesehen aus dem Brandyschloss zu entwischen, bedurfte es großer Vorsicht und bestimmt auch ein wenig Glück. Er wollte auf dieses Fest und fand es ungerecht, dass Saradoc sie nicht hatte gehen lassen. Was war so besonders daran, dass er es ihnen verbot? Dies war etwas, was er noch im Laufe der Nacht erfahren würde, doch ohne Saradocs Erlaubnis war es ein großes Risiko. Auf alle Fälle durften sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, denn dann würde man sich an sie erinnern und es wäre nur eine Frage der Zeit, bis Saradoc erfahren würde, dass sie ihm nicht gehorcht hatten.

Sein Herz schien plötzlich noch schneller zu schlagen, als zuvor. Er durfte sich nicht so viele Gedanken machen, oder er würde wirklich den Mut verlieren und zu Hause bleiben.
Noch immer waren keine Geräusche an sein Ohr gedrungen. Leise schob er seine Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante.
Stille, nichts war zu hören.
"Also los", flüsterte er und holte einmal tief Luft.
Auf Zehenspitzen schlich er zum Schrank, holte sich frische Kleider heraus und zog sich an, immer wieder kurz innehaltend, um auf mögliche Geräusche zu achten. Wäre jemand in die Nähe seines Zimmers gekommen, wäre er jederzeit bereit gewesen, in sein Bett zu springen und sich schlafend zu stellen. Doch niemand kam, und Frodo war sehr froh darüber.

Als er sich angezogen hatte, ging er noch einmal zum Schrank, stellte sich auf die Zehenspitzen und holte eine Decke von der obersten Ablage. Diese rollte er zusammen und legte sie sorgfältig unter seine Bettdecke, um den Eindruck zu erwecken, er würde noch immer darunter liegen. Er betrachtete sein Bett und lächelte, zufrieden mit seiner Arbeit.

Dann schlich er zur Tür, wobei er die letzten Zweifel aus seinen Gedanken schüttelte. Noch immer war alles ruhig. Frodo warf einen letzten Blick auf das Bild seiner Eltern, als könne er sich dadurch ihr Einverständnis sichern, öffnete dann leise die Tür und spähte hinaus.

Ein kurzer Blick in beide Richtungen und schon war er aus dem Zimmer getreten. Er hielt sich dicht an der Wand, während er dem östlichsten Gang folgte und blieb schließlich stehen, als er einen der Hauptgänge erreichte. Er schluckte und legte eine Hand auf sein Herz, als könne er dadurch die Lautstärke seines Pochens dämmen, was ihm im Augenblick unwahrscheinlich lauter vorkam, als gewöhnlich. Wieder blickte er sich um, ehe er dem Hauptgang folgte. Es war ein gefährlicher Weg, denn er würde ihn in die Nähe des Esszimmers führen, doch Frodo hoffte, dass dort bereits niemand mehr anzutreffen war.
Er schluckte, als er den letzten und weitaus gefährlichsten Gang auf dem Weg zur Hintertür erreichte. Dieser führte an einem der Wohnzimmer vorüber und Frodo konnte schon jetzt das Lachen einiger Hobbits hören. Er presste sich an die Wand. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als laute Stimmen an sein Ohr drangen.

Ich darf jetzt nicht den Mut verlieren. Es sind nur Stimmen. Stimmen sind ein gutes Zeichen. Stimmen und Gelächter weisen darauf hin, dass sie im Wohnzimmer ihren Spaß haben und vermutlich noch eine Weile dort drinnen bleiben werden, also kann mir hier draußen nichts passieren. Nur nicht den Mut verlieren.

Frodo holte tief Luft, wobei er einen Augenblick die Augen schloss und spürte, wie ein leichtes Zittern ihn durchlief. Dann schlich er, so leise, wie es seine Hobbifüße zuließen, den Gang hinab. Bei jedem seiner Schritte zuckte er kaum merklich zusammen. War er sonst der Ansicht, die leisesten Sohlen im ganzen Brandyschloss zu besitzen, hatte er nun das Gefühl, als wären seine Schritte die schweren Schritte eines Zwerges aus Bilbos Geschichten.

So leise und so schnell er konnte, schlich er an der Wohnzimmertür vorüber. Hatte er sich in im fahlen der Gänge noch halbwegs sicher gefühlt, überkam ihn ein seltsames Gefühl der Sichtbarkeit, je näher er dem hellen Schein kam, welcher aus dem Wohnzimmer in den Gang drang. Halb fürchtete er, jeder würde sich plötzlich nach ihm umdrehen, sobald er in den Lichtschein trat und war beinahe überrascht, als dem nicht so war.

"Nein, nein, ich werde nur kurz nach den Kindern sehen!"
Das war Hannas Stimme. Frodo erstarrte. Sie würde ihn sehen und alles wäre umsonst gewesen. Er würde nicht erfahren, was an dem Fest so besonders war und Merry würde vergeblich bei den Ställen auf ihn warten, wenn sie ihn nicht auch schon erwischt hatten, oder noch erwischen würden. Saradoc würde sehr wütend sein und ihnen eine lange Rede darüber halten, dass sie falsch gehandelt und seine Entscheidung missachtet hatten. Danach würde er sie vermutlich in ihre Zimmer schicken, wo sie darüber nachdenken mussten, was sie getan hatten und anschließend würde er ihnen ihre Strafe verkünden.

Noch bevor Frodo diese Gedanken zu Ende gedacht hatte, war er los gerannt so schnell ihn seine Beine trugen. Blitzschnell war er um die Biegung gestolpert, zur Hintertür geeilt, hatte sie aufgeschlossen und war hinaus gestürmt. Er besaß gerade noch genug Geistesgegenwart, die Tür nicht zufallen zu lassen.

Er keuchte und lehnte sich schwer an die Tür, während seine Hände den Knauf mit zittrigen Fingern umklammerten. Doch hier war er nicht sicher. Erst hinter den Ställen konnte er sich ausruhen, in der Hoffnung, dass ihn niemand bemerkt hatte. Er sah sich kurz um, stürmte dann an den aufgestapelten Holzscheiten vorbei auf die Ställe zu. Schnell war er hinter deren Schatten verschwunden. Keuchend lehnte er sich an die Wand und legte eine Hand auf sein Herz, das pochte, als wolle es ihm aus der Brust springen.

Als er sich wieder beruhigt hatte, blickte er sich um. Merry war noch nicht da. Er schielte zurück zum Brandyschloss und hoffte, dass sie seinen Vetter nicht erwischt hatten, ebenso, wie er hoffte, dass er nicht erwischt worden war, schließlich konnte er nicht sagen, ob Hanna ihn gesehen hatte, oder nicht.
Er lehnte sich an die Holzwand, blickte zum Himmel und beobachtete die Sterne. Grillen zirpten und in der Ferne schrie eine Eule ihren nächtlichen Ruf. An der Dachrinne des Stalles konnte er eine Spinne erkennen, die gerade eine Fliege in ihrem Netz einwickelte.
Wo blieb nur Merry?
Im innern des Stalles schnaubte ein Pony. Frodo wurde immer unruhiger. Wieder schielte er zum Brandyschloss zurück. Niemand, weder Merry, noch sonst jemand.

Beinahe hätte er aufgeschrieen, als ihn plötzlich jemand von hinten an die Schulter tippte. Erschrocken fuhr er herum.
"Sh", wies Merry, der ungesehen aus der Dunkelheit getreten war, ihn zurecht.
Erleichtert stieß Frodo die Luft aus, die er angehalten hatte.
"Bist du bereit?", wollte sein Vetter wissen und wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern stapfte in Richtung Straße davon.

"Wo warst du denn so lange?", fragte Frodo, als er neben seinem Vetter hereilte.
Merry sah kritisch zurück zum Bockberg, wo aus einigen der Fenster des Brandyschlosses, ein warmer Lichtschein nach draußen drang. Zügig folgten sie der Straße nach Bockenburg.
"Es hätte beinahe nicht geklappt. Erst war Papa in meinem Zimmer und hat mir erzählt, dass er einen Brief aus den Smials bekommen hat. Pippin wird frühestens in einem Monat kommen."
Frodo nickte, ein wenig betrübt über diese Nachricht.
"Es dauerte einige Zeit, bis er wieder ging und bis ich sicher sein konnte, dass er nicht zurückkommen würde", fuhr Merry fort. "Danach bin ich aber sofort raus geschlichen, nur um noch mehr Problemen entgegen zu laufen."
Nun war es an Frodo sich umzublicken. Merrys Worte beruhigten ihn nicht sonderlich. Noch ehe er fragen konnte, was geschehen war, sprach Merry weiter.
"Ich schlich durch die Gänge und ein Hobbit nach dem anderen kam mir entgegen. Haben die denn nach Einbruch der Dunkelheit nichts Besseres zu tun, als durch das Brandyschloss zu schleichen? Ich konnte mich aber verstecken. Ich bin in der Speisekammer verschwunden und habe gewartet, bis alles still war. Ich glaube nicht, dass mich jemand gesehen hat."

Frodo spürte, wie das ungute Gefühl in seiner Magengegend wieder die Oberhand gewann. Erneut wandte er sich um. Das Brandyschloss war nur noch ein dunkler Schatten in der Ferne. Es war bei ihm schon sehr knapp gewesen, doch das, was Merry ihm soeben berichtet hatte, ließ ihn noch unruhiger werden.
Mit einem leisen Seufzen, zwang er sich dazu, seinen Blick wieder nach vorne zu richten. Um umzudrehen, war es bereits zu spät.

Es dauerte nicht lange, da tauchten die Lichter Bockenburgs vor ihnen auf. Merry grinste von einem Ohr zum anderen und rannte schließlich den Rest des Weges. Frodo folgte ihm. Vor dem Gasthaus angekommen, blieben sie stehen und warteten, bis sie wieder zu Atem gekommen waren.
Fast andächtig blickten die jungen Hobbits auf das Schild, das an der Tür des alten, großen Holzhauses hing.
"Zum Springenden Hecht", las Merry und das Grinsen in seinem Gesicht wurde noch breiter. "Wir haben es also geschafft."
Frodo lächelte ebenfalls, als er die freudigen Stimmen aus dem inneren des Hauses vernahm und wechselte einen kurzen Blick mit seinem Vetter. Ja, sie hatten es geschafft. Dies war ihr Abend und niemand würde es jemals erfahren. Alle Zweifel beiseite werfend, drückt er die Klinke der Tür, die sich leise knarrend öffnete.

Laute Stimmen und Gelächter begrüßten sie. Die Hobbits blinzelten kurz. Ihre Augen mussten sich erst an das Licht im Gasthaus gewöhnen. Frodo und Merry blickten sich verwundert um, als hätten sie noch nie zuvor ein Gasthaus von innen gesehen. In gewisser Weise war es auch so, denn bisher waren sie immer mit einem Erwachsenen da gewesen, nie aber alleine und das ließ den Springenden Hecht zu einem ganz besonderen Gasthaus werden.

Frodo sah sich um. Er erkannte viele der Hobbits, unter ihnen leider auch Marroc. Seine Miene verfinsterte sich kurz, doch wollte er sich diesen Abend auch von Marroc nicht trüben lassen. Der Geruch von Bier, Pfeifenkraut, Käse und Lammwurst stieg ihm in die Nase, während er seinen Blick weiterhin durch das ganze Gasthaus schweifen ließ.

"Auf unser Wohl!" hörte Frodo eine Stimme sagen, die alle anderen übertönte.
"Auf unser Wohl!" bestätigten mindestens sechs weitere Hobbits und schlugen die Bierkrüge aneinander.
"Ich glaube hier gefällt es mir", sagte Merry mit leuchtenden Augen.
Frodo nickte begeistert.

"Frodo?"
Erschrocken fuhr er herum. Nelke stand mit einem verwunderten Ausdruck vor ihm.
"Ich hätte nicht gedacht, dass noch jemand in meinem Alter hier sein wird."
"Wir sind aber hier", erklärte Merry, "und bereit alles über das Fest der Tweens herauszufinden."
"Es ist eigentlich gar nichts Besonderes", sagte Nelke und ein wenig Enttäuschung klang in ihrer Stimme mit. "Mein Bruder hat gesagt, der einzige Unterschied zu einem normalen Abend im Gasthaus, ist die Musik."
Sie deutete in eine Ecke am anderen Ende des Raumes, wo einige junge Hobbits gerade dabei waren, ihre Instrumente auszupacken.
"Allerdings läuft es jedes Jahr ein wenig anders ab, da in jedem Jahr andere Hobbits die Organisation übernehmen. Ihr müsst wissen, die Tweens kümmern sich selbst um den Ablauf ihres Festes."

An einem der Tische wurde ein Trinklied angestimmt. Frodo und Merry wandten sich um, um den Ursprung dieser schiefen Töne zu erkennen.
"Keine Singstimme", erklärte Frodo trocken und verschränkte die Arme vor der Brust. "Alles andere hätte mich bei ihm auch gewundert."
Merry kicherte in sich hinein, während er einen betrunkenen Marroc beim Singen und Tanzen beobachtete.
"Gerade nett ist das nicht", meinte Nelke.
"Warum?", wollte Merry wissen. "Er ist nicht nett zu uns, also sind wir auch nicht nett zu ihm. Außerdem hat Frodo Recht: wirklich gut singt er nicht."
Nelke lächelte. Dem hatte sie nichts entgegenzusetzen.

"Nelke!"
Das Hobbitmädchen erstarrte.
"Das ist mein Bruder", erklärte sie dann. "Ich muss zu ihm. Er hat gesagt, da ich schon mit darf, müsse ich den ganzen Abend in seiner Nähe bleiben und dürfe nichts anstellen, sonst schickt er mich heim."
Kaum hatte sie zu Ende gesprochen, war sie auch schon in der Menge von Hobbits verschwunden.

"Da Lob ich mir doch unsere Freiheit", meinte Merry und wandte sich um, als ihm jemand auf die Schulter tippte.
Frodo kicherte, während sein Blick noch immer auf Marroc ruhte, der sich inzwischen unbeholfen wieder an den Tisch setzte.
Neben ihm hörte er Merry scharf die Luft einziehen. Verwundert sah er seinen Vetter an, der aschfahl dastand und nach oben blickte. Er runzelte die Stirn und folgte seinem Blick.
Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken.

"Soweit ich weiß gibt es zumindest zwei Hobbits, die euch jetzt friedlich schlummernd in euren Betten vermuten", sagte Merimac. "Was habt ihr um diese Zeit noch hier verloren, wo euch mein Bruder doch ausdrücklich verboten hat, hierher zu kommen? Ich denke, es wird das Beste sein, wir drei gehen jetzt einfach nach Hause, und ihr werdet ihm das persönlich erklären."
Merry schluckte schwer, als sein Onkel ihn nicht gerade vorsichtig am Arm packte und mit der anderen Hand nach Frodo griff. Kopfschüttelnd führte er die beiden Hobbits zur Tür und verließ mit ihnen das Gasthaus.

Frodo und Merry tauschten panische Blicke, während sie hinter Merimac herstolperten, der sie immer noch am Arm festhielt.
"Onkel Merimac, es ist nicht wie du denkst", begann Merry.
"Ach nein?", entgegnete Merimac und sah den Jungen scharf an. "Spart euch eure Erklärungen lieber für Saradoc."

Alleine bei der Nennung dieses Namens gefror Frodo das Blut in den Adern. Eine panische Angst beschlich ihn, Saradoc jetzt entgegen zu treten. Er versuchte, sich aus dem Griff Merimacs zu befreien, was nur dazu führte, dass dieser ihn fester packte. Frodo blickte zu ihm auf und fürchtete den wütenden Ausdruck auf seinem Gesicht. Selbst er war zornig. Wie würde dann erst Saradoc reagieren? Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Warum hatte er nicht auf sein schlechtes Gefühl gehört?

Merry hatte einen ängstlichen Ausdruck in den Augen, als er mit in Falten gelegter Stirn zu ihm herüber blickte. Hatte er sich überhaupt jemals Gedanken darüber gemacht, dass sie erwischt werden könnten, egal wie gut ihr Plan auch war? Frodo glaubte, in seinen Augen erkennen zu können, dass er das nicht hatte. Er selbst hatte es schließlich auch nicht getan, nicht wirklich. Sie waren sich ihrer Sache zu sicher gewesen.

Groß und dunkel tauchte das Brandyschloss vor ihnen auf. Frodo schluckte schwer. Nur mehr wenige Lichter brannten, doch eine der Lampen stach Frodo ins Auge. Sie bewegte sich. Jemand ging den schmalen Pfad entlang, erreichte die Straße und schlug den Weg nach Bockenburg ein.
"Saradoc", flüsterte Frodo tonlos, als er die Konturen der Person erkannte.
Er erstarrte und wäre am liebsten sofort umgedreht und davon gelaufen. Merry ging es nicht anders.

Saradoc hob die Lampe in seiner Hand hoch, sodass das Licht auf die drei Gestalten fiel, die auf ihn zukamen. Er wollte zum Fest der Tweens, wo er seinen Sohn und Frodo vermutete. Als Esmeralda spät abends noch einmal in Merrys Zimmer gegangen war, hatte sie entdecken müssen, dass das Bett leer war. Wut brachte in jenem Augenblick, da sie ihm davon berichtet hatte, sein Blut zum kochen, konnte er doch vermuten, dass Merry ihn für dumm verkauft hatte und trotz seines Verbots nach Bockenburg gegangen war.

Genau diese Wut konnte Frodo jetzt in den Augen des Herrn funkeln sehen und noch stärker als zuvor, verspürte er den Drang wegzulaufen.
"Merry! Frodo!" alle Freundlichkeit schien aus seiner Stimme gewichen zu sein, als er sie erkannte.
Frodo zuckte unmerklich zusammen.
"Was fällt euch eigentlich ein?!" Saradoc brauchte keine Erklärung, um zu wissen, wo sie gewesen waren. Merimac, sein Bruder, war im Springenden Hecht gewesen, und wenn er mit den Jungen zurückkam, so waren sie das auch.

"Papa, es…", begann Merry, doch Saradoc stoppte ihn mit einer raschen Handbewegung.
"Ich will kein Wort hören!"
Er griff nach Merrys Arm und führte ihn zurück zum Brandyschloss, während Merimac ihm mit Frodo folgte.

Frodo fühlte sich undenkbar schlecht, als sie durch die Haupteingangstür ins Schloss zurückkehrten und ebenjene Gänge durchschritten, die er zu vor vermieden hatte. Mit gesenktem Kopf wich er den neugierigen Augen der Bewohner aus, während er in einen der westlichen Gänge geführt wurde, in das Arbeitszimmer des Herrn.
Merimac verabschiedete sich von seinem Bruder und ließ ihn dann mit den Jungen alleine. Frodo blickte dem älteren Hobbit hinterher, als dieser die Tür schloss und wünschte sich sehnlichst, er wäre an seiner Stelle.

Merry und Frodo standen Seite an Seite, ihre Augen starr auf den Fußboden gerichtet, während Saradoc ungeduldig vor ihnen auf und ab ging.
"Was fällt euch eigentlich ein?!" fragte Saradoc noch einmal mit einer Stimme, die alles andere, als freundlich war.
Die Kinder zuckten zusammen. Saradoc stand nun vor ihnen und blickte auf sie herab.
"Denkt ihr nicht, es hat einen Grund, weshalb ich euch etwas verbiete?"
Merry sammelte all seinen Mut zusammen und antwortete: "Aber es war doch gar nicht so schlimm. Es war…"
"Wie alt bist du, Meriadoc?", unterbrach Saradoc.
Meriadoc. Der junge Hobbit schluckte. Wenn sein Vater ihn so nannte, war die Lage sehr ernst.
"Zwölf", antwortete er leise und verzichtete darauf, hinzuzufügen, dass er in zwei Monaten dreizehn werden sollte.
"Zwölf, genau", schlussfolgerte der Herr und seine Stimme klang ruhig, doch konnte er seinen Zorn nur schwer verbergen. "Und was haben deiner Meinung nach zwölfjährige Hobbits alleine im Gasthaus verloren?"
Merry senkte den Kopf, schien förmlich zu schrumpfen, doch dann, mit dem letzten Bisschen, was von meinem Mut noch übrig war, sagte er: "Aber ich wollte doch nur…"
Wieder ließ ihn Saradoc nicht ausreden, sondern fuhr ihn an.
"Es ist mir egal was du… was ihr beide wolltet. Ich habe nein gesagt und ich verlange von euch, dass ihr diese Entscheidung akzeptiert."
Er blickte die beiden Hobbits ernst an, begann dann wieder auf und ab zu schreiten, wobei er die Hände hinter dem Rücken verschränkte.
"Wie kommt ihr überhaupt dazu, euch nach Sonnenuntergang aus der Höhle zu schleichen? Es ist nicht nur der Besuch im Gasthaus, den ich euch verbiete, es ist alles, was so ein Besuch mit sich bringt. Stellt euch vor, euch wäre auf dem Weg nach Bockenburg etwas geschehen? Wer hätte euch helfen können? Wer hätte überhaupt gewusst, wo ihr seid? Wäre deine Mutter nicht noch einmal in dein Zimmer gegangen, würden wir nicht einmal wissen, dass du weg bist!"
Saradoc holte einmal tief Luft und blieb dann wieder vor den Jungen stehen. Beide vermieden es noch immer, vom Fußboden hochzusehen. Saradoc wandte sich um, setzte sich in seinen Sessel und legte die Hände auf den Schreibtisch.
"Sagt mir, wie soll ich euch bestrafen?"
Frodo und Merry hoben gleichzeitig die Köpfe und blickten ihn verwundert an.
Saradoc kämpfte gegen seine Wut an und fuhr mit ruhiger Stimme fort.
"Ihr wisst, weshalb ich euch nicht gehen ließ und ihr wisst auch, vermutlich noch besser, als ich, was ihr getan habt. Also würde ich nun gerne wissen, wie ihr handeln würdet, wäret ihr an meiner Stelle. Wie würdet ihr euch selbst bestrafen?"
Die jungen Hobbits tauschten einen überraschten Blick, senkten dann aber wieder die Köpfe und antworteten nicht.
Saradoc erhob sich.
"Da euch scheinbar nichts einfällt, werde ich euch nun meine Strafe verkünden, denn ich denke, ihr werdet beide einsehen, dass ich euch bestrafen muss."
Es folgte eine kurze Pause und Frodo fragte sich, ob Saradoc darauf wartete, dass sie ihm darauf antworteten. Doch dann fuhr er fort.
"In vier Tagen beginnen die Lithe-Feiertage. Drei Tage voller Fröhlichkeit, Feierlichkeiten und Vergnügen. Für euch werden es drei Tage voller Arbeit sein. Auf solchen Feierlichkeiten wird bekanntlich eine Menge gegessen, und wo etwas gegessen wird, gibt es auch Geschirr. Und genau dafür werdet ihr verantwortlich sein. Jeder Teller, jeder Becher, jedes Besteckstück wird nach diesen drei Tagen blitzblank wieder in den Kästen liegen. Habt ihr mich verstanden?"
Keine Antwort. Merry hatte zwar den Mund geöffnet, um zu protestieren, doch kein Ton verließ seine Lippen, als er das wütende Funkeln in den Augen seines Vaters sah. In seiner Stimme mochte Saradoc seine Wut vielleicht unterdrücken können, doch nicht in seinem Blick.
"Habt ihr mich verstanden?", fragte der Herr von Bockland noch einmal streng.
Die Hobbits nickten schwach und warteten darauf, dass er sie gehen ließ, warteten darauf, dass diese Qual ein Ende nahm.
Saradoc trat wieder vor die Kinder, doch noch immer wollte keiner der Hobbits den Kopf heben oder ihm irgendetwas sagen.
"Geht jetzt in eure Zimmer. Vor dem Frühstück will ich euch nicht mehr sehen!"
Merry und Frodo machten auf dem Absatz kehrt und verließen das Zimmer, ohne auch nur ein Wort zu sagen. Frodo wollte gerade die Türe hinter sich schließen, als er erneut die Stimme des Herrn vernahm.
"Frodo!" der Tonfall war noch immer kühl, keineswegs freundlicher als bisher.
Der junge Hobbit erstarrte und schnappte nach Luft. Vorsichtig öffnete er die Tür wieder ganz, blickte aber nicht auf. Er konnte Saradoc jetzt nicht in die Augen sehen.
"Deine Decke fühlt sich während der Sommermonate im Schrank sehr viel wohler, als in deinem Bett!"
Frodo nickte zögernd, rührte sich aber nicht, sondern wartete darauf, dass Saradoc ihn gehen ließ.

Als er schließlich die Tür hinter sich geschlossen hatte, atmete er erleichtert auf. Merry sah ihn mit traurigen Augen an. Er erwiderte seinen Blick, senkte dann aber erneut den Kopf. Stumm trennten sich die beiden Hobbits voneinander und gingen in ihre Zimmer.

Wortlos nahm Frodo die Decke, die er zuvor unter seiner Bettdecke platziert hatte, wieder hervor und verstaute sie im Schrank. Traurig ließ er sich dann auf sein Bett sinken und blickte auf das Bild seiner Eltern. Dieses Mal war es kein Blick mit dem er hoffte, ihr Einverständnis zu erlangen, dieses Mal bat er sie um Verzeihung. Er schloss für einen Moment die Augen, ehe er sich sein Hemd aufknöpfte und in sein Nachthemd schlüpfte. Auf Zehenspitzen, genau wie er es verlassen hatte, schlich er zurück in sein Bett, warf sich die Decke über den Kopf und dachte noch lange über den vergangenen Abend und Saradocs Worte nach.





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