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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 36: Mäusejagd



Die Monate waren schnell vergangen. Auf den Frühling folgte erneut ein heißer Sommer. Merry und Frodo verbrachten die meiste Zeit gemeinsam am Fluss oder gingen zum Bruch, wo sie es sich auf den Ästen eines Apfelbaumes gemütlich machten. Es war derselbe Baum, auf den sie an jenem traurigen Septembertag vor drei Jahren geklettert waren. Merry war auch nach jenem Tag oft mit Frodo hierher zurückgekehrt. Anfangs war Frodo betrübt gewesen, doch inzwischen hatte er den Baum wieder lieb gewonnen. Es war nicht irgendein Baum, es war ihr Apfelbaum. So oft waren sie hinaufgeklettert oder hatten, an den Stamm gelehnt, irgendeine Dummheit ausgeheckt. Viele Stunden waren sie dösend im Schatten der Äste gelegen oder hatten sich lange unterhalten. Es war ihr Baum und an jedem Blatt, das von einem der Äste flatterte, hing auch eine Erinnerung.
Oft schlug Merry auch vor, Maggots Hof einen Besuch abzustatten und nach frischen Pilzen zu sehen, doch dieser Vorschlag stieß bei Frodo auf taube Ohren. Zu gut erinnerte er sich noch an die Schläge, die er erhalten hatte, als der Bauer ihn erwischt hatte. Doch was ihm noch viel besser in Erinnerung geblieben war, waren die Hunde, die kläffend und knurrend hinter ihm her gehetzt waren.
So verging der Sommer ohne Raubzüge durch Maggots Felder und als der Herbst kam und die Blätter bunt färbte, wurden die beiden Hobbits nur mehr selten im Bruch gesehen, denn nun nahmen sie vorlieb mit der großen Eiche hinter dem Brandyschloss, auch wenn sie diese mit vielen anderen jungen Hobbits teilen mussten.



~*~*~



"Und beim Runterklettern bin ich hängen geblieben und dabei ist sie zerrissen", beendete Frodo seinen Bericht vom Nachmittag, der den Riss in seiner Hose erklären sollte.
Mit großen, unschuldigen Augen und einem Lächeln im Gesicht sah er zu Esmeralda auf, die ernst drein blickte und eine Augenbraue hochgezogen hatte.
Sie waren in seinem Zimmer. Esmeralda stand neben dem Schrank, war gerade dabei gewesen, die saubere Wäsche zu verräumen, als ihr Blick auf die Hose gefallen war, die Frodo am Nachmittag getragen hatte und nun über dem Fußende des Bettes hing.
Frodo lag in seinem Bett, stützte sich mit den Armen auf und zupfte am zerrissenen Kleidungsstück herum.
Esmeralda schüttelte den Kopf: "Gib mir die Hose, du kleiner Tunichtgut! In fünf Minuten gibt es Abendessen. Schau, ob du noch etwas helfen kannst."
Frodo nickte grinsend und sprang davon.

Im Esszimmer war schon alles vorbereitet. Der Tisch war gedeckt, die Lampen entzündet und die ersten Bewohner waren bereits eingetroffen, reichten nun die Wasserkrüge herum und unterhielten sich über die Geschehnisse des Tages. Auch Merry saß bereits an seinem Platz und nachdem Frodo sich zu ihm gesetzt hatte, dauerte es nicht lange, bis auch die jungen Hobbits in eine rege Unterhaltung vertieft waren, die jedoch nichts mit den ernsten Diskussionen ihrer Verwandten zu tun hatte, sondern viel mehr davon handelte, welchen Unsinn sie am nächsten Tag anstellen konnten.

Ein entsetzter Schrei, aus der Küche kommend, ließ die Gespräche am Tisch verstummen. Merry und Frodo tauschten einen fragenden Blick, ehe sie beide in die Küche stürmten, um den Grund für die Aufregung in Erfahrung zu bringen.
Frodos Tanten, Berylla und Asphodel, kamen an Mirabellas Seite gerannt, denn die alte Frau stand aufgebracht in einer Ecke, das Messer, mit dem sie das Fleisch aufgeschnitten hatte, noch in der Hand.
"Eine Maus! Eine Maus!" japste sie immer wieder und starrte an die Stelle, an der die Maus an ihr vorbei gehuscht war.
Die Küchen-Mimi und ihre Mädchen sahen verwirrt um sich, einige aufgeregt und beinahe ängstlich, andere mit einem neugierigen Lächeln in den Gesichtern. Offensichtlich war Mirabella die Einzige, die die Maus gesehen hatte, denn während ihr Blick starr auf einen Punkt gerichtet war, ließen alle anderen ihre Augen suchend durch die Küche wandern.
"Eine Maus?"
Frodo und Merry tauschten einen vielsagenden Blick und grinsten über beide Ohren.
"Wir fangen sie!" riefen sie erfreut und wollten schon davon stürmen, als Saradoc, der eben erst hereingekommen war, um nach dem Rechten zu sehen, sie an den Schultern packte.
"Erst wird gegessen und danach werdet ihr zu Bett gehen", bestimmte er. "Meinetwegen könnt ihr morgen auf Mäusejagd gehen, aber heute nicht mehr."
Die jungen Hobbits seufzten missmutig, schlurften aber zurück ins Esszimmer und setzten sich wieder an den Tisch.



~*~*~



Nach dem Frühstück am nächsten Morgen setzten sich Merry und Frodo in eines der Wohnzimmer, um ihre Vorgehensweise bei der Suche nach der Maus zu besprechen. Sie hatten sich gleich neben dem Kamin niedergelassen und das Knistern des Feuers untermalte ihre Diskussion.
"Erst müssen wir die Löcher finden", meinte Frodo. "Irgendwo muss sie schließlich hergekommen sein."
Merry schüttelte den Kopf. "Woher wollen wir wissen, wie viele Löcher es gibt und ob wir auch wirklich alle gefunden haben? Ich sage, wir stellen Fallen auf. Wir lehnen Kisten an einen Stock, an dem wiederum eine Schnur befestigt ist. Anschließend locken wir sie mit einem Stück Speck unter die Kiste und sobald sie darunter sitzt, ziehen wir den Stock weg und sie ist gefangen."
In seinen Gedanken hatte Merry die Maus bereits eingefangen und er lächelte, sehr zufrieden mit seinem Plan. Frodo schien davon jedoch weniger angetan, denn er zog kritisch eine Augenbraue hoch.
"Und wie viele Fallen willst du aufstellen? Eine? Zwei?", wollte er wissen und schüttelte den Kopf. "Was glaubst du, wie lange es dauern wird, bis wir sie da erwischen?"
Merry brummte etwas Unverständliches, verschränkte die Arme und blickte nachdenklich ins Feuer. Leise seufzend stütze Frodo den Kopf in die Hände und so zerbrachen sich schließlich beide weiterhin die Köpfe darüber, wie die Maus am besten zu fangen wäre.

Nach langem Hin und Her einigten sie sich schließlich auf die einzige Lösung, die ihnen den gewünschten Erfolg versprach, ohne dabei die Pläne des anderen außer Acht zu lassen. Erst wollten sie ein Mauseloch finden, vor dem sie die Falle platzieren konnten. Anschließend brauchten sie nur noch abzuwarten, bis die Maus herauskam.
Sofort machten sie sich an die Arbeit. Merry ging nach draußen, suchte nach passenden Ästen, während Frodo in einer jener Speisekammern verschwand, in der zum größten Teil Obst und Gemüse gelagert wurde, um geeignete Kisten aufzutreiben. Lange brauchte er nicht zu suchen, ehe er welche ohne Risse und Löcher gefunden hatte, denn er wusste, dass Marmadas erst im letzten Sommer neue Kisten gemacht hatte und hielt nach ebendiesen Ausschau. So schüttete er schließlich die Zwiebeln zu den Kartoffeln und die Karotten zu den Gurken um seine beiden Mausefallen ihrer nun unnützen Last zu entledigen.
Sofort ging Frodo zurück in das Wohnzimmer, wo er auf Merry warten wollte, als Mirabella ihm plötzlich entgegen kam. Ihr Blick ruhte auf den zukünftigen Mausefallen.
"Woher hast du diese Kisten, Frodo?", wollte sie mit in Falten gelegter Stirn wissen.
"Speisekammer", war seine knappe Antwort, denn in eben jenem Moment erschien Merry hinter ihm, packte seinen Ärmel und zog ihn mit sich fort.
"Seid vorsichtig damit und bringt sie wieder dorthin zurück, wo ihr sie her habt!" rief Mirabella ihnen noch nach, doch die beiden Kinder beachteten ihre Worte nicht weiter, während sie eiligst in die große Hauptküche rannten.

Zu ihrer Enttäuschung waren sie nicht die Einzigen in der Küche, denn die Vorbereitungen für das Mittagessen waren bereits in vollem Gange und, während an einem Ende des Raumes einige Mädchen mit dem Schälen unzähliger Kartoffeln beschäftigt waren, wogen andere an einem völlig anderen Ort die Zutaten für einen Kuchen, der offensichtlich zum Vier-Uhr-Tee serviert werden sollte, aus. Einige der Mädchen begannen zu kichern und warfen ihnen verstohlene Blicke zu, als sie in die Küche traten und die Lage untersuchten.
"Hier wurde sie zum letzten Mal gesehen. Hier muss sie zu finden sein", meinte Merry, der seinen Blick prüfend durch den Raum wandern ließ.
"Du meinst, sie wurde hier zum ersten Mal gesichtet", gab Frodo zu bedenken. "Wer weiß, wo sie sich sonst herumtreibt."
Merry ließ sich von einem der Mädchen eine kleine Scheibe Speck geben, ehe er sich zu Frodo gesellte, der sich bereits an einer Ecke auf die Knie hatte sinken lassen und die Wand entlang krabbelte, in der Hoffnung, ein Mauseloch zu entdecken.
"Was macht ihr denn da?"
Ihr Aufenthalt in der Küche war nicht unbemerkt geblieben und Frodos Tante Berylla, die dunklen Locken mit den grauen Strähnen zu einem strengen Knoten zusammengebunden, blickte mit in die Hüften gestemmten Händen auf sie herab. Merry ließen ihre Worte beinahe zusammenzucken, denn keine der Damen, die in der Küche tätig waren, duldete für gewöhnlich ihre Anwesenheit, es sei denn, sie waren zur Küchenarbeit eingeteilt worden. Dies war bei den Jungen seltener der Fall, als bei den Mädchen, doch auch sie mussten ihren Dienst in der Küche leisten, auch wenn dieser bei manch einem nur strafhalber verrichtet wurde. Frodo schien jedoch auf dieses Zusammentreffen vorbereitet und erklärte mit knappen Worten ihre Absichten. Zu Merrys Überraschung erlaubte Berylla ihnen, nach der Maus zu suchen, so lange sie sich ruhig verhielten und die Mädchen nicht bei ihrer Arbeit störten. Frodo grinste zufrieden, als Merry ihm einen etwas verwunderten Blick zuwarf, nachdem Berylla wieder gegangen war.

Bis sie zum Mittagessen gerufen wurden, hatten Frodo und Merry die ganze Küche und das Esszimmer durchsucht, doch weder im einen, noch im anderen Raum fanden sie ein Mausloch oder gar die dazugehörige Maus. Dennoch wollten sie nicht aufgeben und planten während dem Mittagessen bereits, in welchem Raum sie als nächstes nachschauen würden.
"Habt ihr schon etwas gefunden?", wollte Saradoc wissen, als er etwas verspätet an den Esstisch saß. Er war von einem Boten aufgehalten worden, der Auftrag hatte, auf einen gebrachten Brief eine sofortige, schriftliche Antwort zurückzubringen.
Merry und Frodo schüttelten die Köpfe. "Noch nicht, aber bald."
"Bald?", Saradoc zog eine Augenbraue hoch, als er nach der Schale mit dem Kartoffelpüree langte. "Was macht euch so sicher?"
"Wir werden die ganze Höhle auf den Kopf stellen, bis wir sie gefunden haben", meinte Merry zwischen zwei Bissen und Frodo nickte zustimmend, ehe er ein Stück Selchfleisch mit einem Schluck Wasser hinunterspülte.
"Das werdet ihr nicht!" ließ Saradoc sie mit einem strengen Blick wissen. "Heute Abend wird es hier noch genau so aussehen, wie es das heute Morgen getan hat."
"Natürlich wird es das", schaltete Frodo sich ein, als er sein Wasserglas abgestellt hatte.
Merry nickte zustimmend. "Es hat keiner etwas von Unordnung gesagt. Ich habe von ‚auf den Kopf stellen' geredet", ließ er seinen Vater in sachlichem Tonfall wissen, "das ist etwas ganz anderes."
Saradoc sah sie mahnend an, doch die beiden Hobbits schenkten seinem Blick keine Beachtung, kicherten stattdessen in sich hinein, ehe sie den Tisch verließen, um sich erneut auf die Suche nach der Maus zu machen.

Inzwischen waren sie im siebten Raum angekommen, den es zu untersuchen galt. Die Hobbits saßen in einer der Obst und Gemüse Speisekammern und widmeten sich mehr der Plünderung selbiger, als ihrer Mäusejagd. Merry hatte sich an eine der Kisten gelehnt und kaute genüsslich an einer Karotte, während Frodo auf seiner mitgebrachten Kiste saß und sich einen Apfel gönnte. Eine Lampe, die sie entzündet hatten, um sich im dunklen Raum zurechtzufinden, stand neben ihnen auf dem Boden, tauchte ihre Gesichter in einen gelbgoldenen Schimmer.
"Ich könnte täglich Mäuse jagen", ließ Merry verlauten und biss geräuschvoll von seiner Karotte ab.
Frodo warf ihm einen kurzen Blick zu, nickte dann lächelnd. "Mir würde es schon genügen, einen Tag lang hier drinnen eingesperrt zu sein."
"Einen Tag?", Merry sah ihn mit beinahe geschockter Verwunderung an. "Warum so bescheiden, werter Vetter? Eine Woche!"
Die beiden Hobbits kicherten vergnügt in sich hinein und Frodo griff nach einem weiteren Apfel.
Ein leises Rascheln ließ ihn jedoch in der Bewegung innehalten.
"Hast du das auch gehört?", wollte er flüsternd wissend und sah seinen Vetter fragend an.
Merry nickte, hob die Lampe auf, in der Hoffnung, so in die dunkle Ecke leuchten zu können, aus der das Geräusch gekommen war.
"Denkst du, es ist die Maus?", fragte er.
Frodo zuckte mit den Schultern, bedeutete seinem Vetter aber, die Lampe sinken zu lassen. Wenn es die Maus war, würde das Licht sie womöglich vertreiben.
"Ich weiß nicht", sagte er dann mit gedämpfter Stimme, "aber wir sollten die Falle aufbauen."

So leise es ihnen möglich war, bauten sie ihre Falle auf. Sie bewegten sich langsam, spähten immer wieder in die dunkle Ecke, in der Hoffnung, die Maus dort entdecken zu können.
Und plötzlich sahen sie sie. Im schwachen Schein ihrer Lampe, saß ein kleiner grauer Nager, die Nase neugierig schnuppernd in die Luft gestreckt.
"Der Speck!" flüsterte Frodo und winkte mit den Fingern, ohne die Maus aus den Augen zu lassen.
Merry runzelte die Stirn und sog scharf die Luft zwischen den Zähnen ein.
"Ich glaube nicht, dass ich den noch habe", murmelte er.
Frodo wandte sich entgeistert zu ihm um. "Was meinst du damit? Du hast ihn doch nicht etwa gegessen?!"
Merry sagte nichts, wandte jedoch den Blick ab und sah schuldbewusst zu Boden.
"Du hast", seufzte Frodo und verdrehte die Augen.
Merry nickte betroffen, sah schließlich entschuldigend zu ihm auf.
Frodo schielte zur Maus, die neugierig, doch mit zögernden Schritten näher tapste.
"Du musst in die andere Speisekammer. Wir brauchen den Speck. Du musst dich langsam bewegen, nicht, dass du sie erschreckst", erklärte er leise, wobei er immer wieder zwischen der Maus und seinem Vetter hin und her sah.
Merry nickte erneut, erhob sich dann vorsichtig und schlich sich langsam zur Tür. Er warf noch einen letzten Blick auf die Maus, die regungslos im Schein der Lampe saß und prüfend schnupperte, ehe er die Tür öffnete. Die Scharniere quietschten entsetzlich und ließen sowohl ihn, als auch die Maus zusammenschrecken.
"Mach sie zu!" brüllte Frodo, der gerade noch sehen konnte, wie die Maus in Richtung Türe davon sprang. Mit einem Satz kam er auf die Beine, griff nach einer der leeren Kisten und eilte der Maus hinterher.

Merry war hinaus gesprungen, hatte die Tür hinter sich zugeschlagen, doch er war zu langsam gewesen. Die Maus war gerade noch hindurch geschlüpft.
"Sie ist hier!" rief er aufgeregt und rannte dem verschreckten Tier nach.

Frodo wäre beinahe in die verschlossene Tür hineingerannt, so ruckartig hatte Merry sie geschlossen. Blitzschnell stürmte er in den Gang hinaus und eilte Merry hinterher.
"Lass sie nicht entkommen, Merry!" rief er aufgeregt. "Du musst sie in eine Ecke drängen. Wir müssen ihr den Weg abschneiden!"

Eine wilde Verfolgungsjagd begann. Die Maus suchte so schnell sie konnte das Weite, rannte von einer Ecke zur nächsten, dicht gefolgt von Merry und Frodo. Jeder, der die Maus sah, wich zur Seite und das war ihr großes Glück. Hätten sie das nicht getan, wären sie von Merry und Frodo, die mit vielem "Entschuldigung!" und "Achtung!" die Gänge entlang hetzten, über den Haufen gerannt worden.

"Gleich habe ich sie!" verkündete Merry und stürmte um die nächste Biegung.
Saradoc wich erschrocken zurück, als sein Sohn ihm geradewegs in die Arme stolperte. Merry schreckte ebenfalls zusammen, als er ihn an den Oberarmen packte, um ihn vor dem Hinfallen zu retten, blickte beinahe entsetzt zu ihm auf.
"Vorsicht", mahnte Saradoc, doch sein Sohn schenkte ihm keine Beachtung. Die Augen des Jungen folgten Frodo, der soeben schwungvoll an ihnen vorbeistürmte. Die Kiste, die dieser in der Hand hielt, hätte Merry beinahe am Kopf getroffen.
"Schneller Frodo! Du musst sie erwischen!" feuerte Merry seinen Vetter an, sich offensichtlich der Gefahr, der er soeben ausgesetzt gewesen war, nicht bewusst.
Er befreite sich aus Saradocs Griff und eilte mit einem kurzen "Keine Sorge, Papa!" hinter Frodo her, um ihn bei seiner Jagd zu unterstützen. Saradoc riet erneut zur Vorsicht, wurde aber auch dieses Mal nicht beachtet. Er seufzte schwer, blickte in die Richtung, in die die Kinder verschwunden waren. Ihm blieb nichts weiter übrig, als zu hoffen, dass die beiden wussten, was sie taten.

Die Maus war in einer Ecke stehen geblieben, hatte sich auf die Hinterpfoten gestellt und blickte ängstlich um sich.
"Wir versperren ihr den Fluchtweg", rief Frodo seinem Vetter zu, während er seine Geschwindigkeit verlangsamte und schließlich stehen blieb.
"Wir haben sie!" jauchzte Merry vergnügt, als er ihn keuchend erreichte.
"Noch nicht", gab Frodo zu bedenken und schritt langsam auf das verschreckte Tier zu.
Die Kiste hielt er mit beiden Händen fest umklammert, bereit, sich auf die ahnungslose Maus zu stürzen. Auch Merry trat vorsichtig näher.

Die arme Maus wusste weder aus noch ein. Ängstlich wich sie zurück, sah von einem Hobbit zum anderen, bis sie plötzlich wie vom Blitz getroffen nach vorne schoss.
Dieses Mal reagierte Merry schnell genug. Geschwind hatte er zugepackt und erwischte den Schwanz des Tieres. Er wollte gerade kundtun, dass er die Maus gefangen hatte, als diese ihn in den Finger biss. Anstelle der Jubelrufe stieß Merry einen Schmerzensschrei aus und ließ das Tier wieder fallen, doch Frodo war sofort zur Stelle, um sich mitsamt der Kiste auf den frechen Nager zu stürzen.
"Sie ist gefangen", keuchte er schließlich und lehnte den Kopf an die Kante der Kiste.
"Endlich", seufzte Merry, der an seinem verwundeten Finger lutschte und sich nun ebenfalls zu Boden sinken ließ.

Eine lange Zeit saßen sie einfach nur da und lauschten dem verzweifelten Knabbern und Kratzen aus dem Inneren der Kiste.
"Was machen wir jetzt mit ihr?", fragte Frodo plötzlich und setzte sich auf.
Merry zuckte mit den Schultern. Sie hatten die Maus gefangen, doch keiner der beiden wusste, wie sie sie wieder unter der Kiste hervor holen konnten, ohne, dass sie erneut entwischte. Außerdem hatten die jungen Hobbits keine Ahnung, wohin sie die Maus bringen konnten, ohne befürchten zu müssen, sie würde zurückkehren.
"Papa weiß bestimmt, was zu tun ist", meinte Merry schließlich und machte sich sogleich auf, seinen Vater zu suchen, während Frodo bei der Kiste sitzen blieb und auf die Maus Acht gab.

Es dauerte nicht lange bis Merry mit Saradoc zurückkehrte. Dieser hatte eine Holzplatte dabei, die er vorsichtig unter die Kiste schob. Die jungen Hobbits sahen ihm erstaunt zu, immer befürchtend, die Maus würde wieder entkommen. Doch dem war nicht so und schließlich trug Saradoc die Holzplatte mitsamt Kiste und darin befindlichem Nager nach draußen, schlug vor, das Tier im Wald südlich der Straße nach Bockenburg frei zu lassen. Merry und Frodo waren einverstanden und machten sich sogleich auf den Weg.

Die Sonne war schon weit nach Westen gezogen, als sie der Straße nach Bockenburg folgten und schließlich nach Süden abbogen. Sie hatten ihre Umhänge umgebunden, doch es war ein milder Tag, wohl einer der letzten, den es dieses Jahr geben würde. Als sie schließlich den Waldrand erreichten, setzte Frodo, der die Maus die zweite Hälfte des Weges hatte tragen dürfen, die Kiste ab. Lange Zeit sahen sich die Vettern an, lauschten dem verzweifelten Kratzen des kleinen Nagers, bevor sie das Tier betrübt wieder frei ließen, war es doch ein wahres Abenteuer gewesen, die Maus einzufangen. Frodo kam jedoch zu dem Entschluss, sie wäre im Wald besser aufgehoben, als im Brandyschloss und Merry musste dem zustimmen.

Es war Abend geworden, als sie wieder zu Hause ankamen. Die beiden Hobbits berichteten stolz von ihrer Mäusejagd, als sie nach dem Essen in einem der Wohnzimmer saßen. Selbst nachts träumte Frodo noch, wie er durch das Brandyschloss stürmte, um Mäuse zu fangen und seinem Vetter erging es nicht anders.





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