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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 20: Die Netze sind durchtrennt



"Ich möchte, dass du gehst, Frodo!"
Frodos Fassungslosigkeit ging in blankes Entsetzen über. Kalte Angst umklammerte sein Herz.
Vielleicht schicken sie dich fort. Ganz allein.
Marrocs Worte hallten in seinen Gedanken wider und er wusste mit plötzlicher Gewissheit, dass Saradoc ihn des Brandyschlosses verweisen würde. Er schickte ihn fort, wollte ihn nicht länger bei sich haben. Marroc hatte gewonnen.
"Geh nach Hause und warte in deinem Zimmer auf mich!"
Frodo starrte Saradoc einen Augenblick wie versteinert an, konnte den Seufzer der Erleichterung, der auf seinen Lippen lag, gerade noch verhindern. Der Griff um seinen Arm löste sich und Frodo zögerte keine Sekunde, um davonzurennen. Er bemerkte, dass Merry ihm folgen wollte, dieser jedoch von Saradoc aufgehalten wurde.
Nachdem er einige Schritte gerannt war, wandte er sich noch einmal um. Er konnte sehen, wie Saradoc mit Merry und den anderen sprach, verstand jedoch nicht, was sie sagten.
‚Er schickt mich weg, um mit Marroc zu sprechen', schoss es Frodo durch den Kopf. ‚Er wird auf seine Lügen hören und dann wird er mich bestrafen.'
Seine Furcht, für einen kurzen Augenblick von Erleichterung vertrieben, kehrte zu ihm zurück. Saradoc hatte ihn nur in sein Zimmer geschickt, doch wenn der Herr dieses Gespräch mit Marroc beendet hatte, würde er seine Entscheidung noch einmal überdenken. Im Brandyschloss wartete Schlimmes auf ihn. Saradoc würde ihn fortschicken, ihn einsperren, ihn vielleicht sogar verprügeln. Frodo strich unwillkürlich über die erhitzte Wange. Er konnte nicht zurück zum Brandyschloss, wollte die Enttäuschung in Saradocs Augen nicht sehen, konnte Marrocs Lügen nicht länger hören. Er würde alledem ein Ende bereiten.
Vielleicht schicken sie dich fort. Ganz allein.
Erneut kamen ihm Marrocs Worte in den Sinn.

Sie müssen mich nicht fortschicken, ich werde von alleine gehen. Saradoc hat mich geschlagen und wenn Marroc mit ihm fertig ist, wird er das bestimmt wieder tun. Keiner, außer Bauer Maggot, hat mich bisher verprügelt und von Saradoc habe ich eine Ohrfeige ebenso wenig erwartet, wie von meinem Papa.
Marrocs Plan ist aufgegangen. Saradoc hasst mich. Wenn ich zu Hause auf ihn warte, wird er mich noch einmal verprügeln und nicht nur er, sondern alle anderen werden mich hassen. Marrocs Quälereien werden niemals enden. Es ist besser für mich, wenn ich gehe, als an jenem Ort zu bleiben, an dem mir keiner traut, an dem keiner darauf achtet, was mit mir passiert. Ich bin ihnen gleichgültig. Vermutlich wird ihnen nicht einmal auffallen, dass ich fort bin.

Frodo hielt weiterhin auf das Brandyschloss zu, bis er sich sicher war, dass er von den anderen nicht würde gesehen werden, wenn er zurück zum Fluss ging. Schließlich schlug er den Weg zur Fähre ein, eilte über die Wiesen so schnell ihn seine Beine trugen, trottete dann zur Anlegestelle hinunter. Die letzten Sonnenstrahlen tauchten den Himmel in ein dunkles Rot, als Frodo die Taue löste und sich schließlich vom Ufer abstieß. Keuchend blickte er zum Himmel. Er konnte in der Ferne einige dunkle Wolken erkennen, machte sich jedoch keine Gedanken darüber.

Als er das andere Ufer erreichte und das Fährenboot vertäute, hielt er plötzlich inne. Zweifel wurden in ihm laut und er wandte den Blick nach Osten, zögerte er einen Augenblick. Der Himmel war dunkel und nur mehr ein blasser Streifen am westlichen Horizont spendete Frodo das nötige Licht, um das andere Ufer erkennen zu können. Es würde nicht mehr lange dauern und jemand würde kommen, um die Lampen, die an den weißen Pfosten zu beiden Seiten des Holzsteges hingen, zu entzünden. Frodo schüttelte den Kopf, wandte sich entschlossen dem Fährweg zu, bis er die Kreuzung zur Landstraße erreichte. Dort blieb er stehen, blickte von einer Seite zur anderen. Die Straße, die mehr einem Damm entsprach, um Ponywagen nicht in der sumpfigen Bruchlandschaft einsinken zu lassen, verlief zu beiden Seiten gerade, wurde hier und im Norden von Bäumen gesäumt, während sie im Süden nur von einigen Büschen und Hecken begrenzt wurde. Wohin sollte er gehen? Nach Norden oder nach Süden?
Frodo musste nicht lange überlegen, bis er sich für den Weg nach Norden entschied, denselben Weg, den er vor beinahe einem Jahr mit Bilbo gegangen war.
Zu ihm wollte er gehen. Frodo war sich sicher, dass er sich noch an den Weg erinnern würde und war fest davon überzeugt, dass er am Abend in zwei Tagen in Hobbingen sein konnte, wenn er sich beeilte. Doch dann stockte er plötzlich, ging langsamer, als zuvor.

Was, wenn Bilbo mich nicht bei sich haben will? Schließlich bin ich von zu Hause weggelaufen und wer will schon einen Ausreißer bei sich aufnehmen? Bilbo wird bestimmt ebenfalls wütend werden, doch lieber begegne ich seinem Zorn, als Saradocs Hass und seiner Enttäuschung. In Beutelsend könnte ich ohne Marroc leben und ohne ständig als Lügner gesehen zu werden.
Doch was, wenn Bilbo einen Brief nach Bockland schickt? Saradoc käme sofort und würde Bilbo all die Lügen erzählen, die Marroc ihm erfolgreich eingetrichtert hat. Bilbo wird ihm bestimmt glauben und selbst wenn nicht, würde Saradoc mich wieder zurück zum Brandyschloss bringen. Doch hier glauben sie Marrocs Lügen bereitwilliger, als jedem meiner Worte. Hier wollen sie mich nicht mehr haben. Sie achten ja selbst jetzt nicht mehr auf mich und wenn sie mich dann wegschicken, werde ich wirklich alleine sein. Selbst Merry kann daran nichts mehr ändern.

Frodo verdrängte den Gedanken. Erst musste er nach Hobbingen kommen und dann konnte er sich den Kopf darüber zerbrechen, wie es weitergehen sollte. Zügig ging er die Straße entlang. Ohne, dass er es in der Dunkelheit bemerkt hatte, waren die Wolken über ihm dichter geworden. Donner grollte in der Ferne, ließ ihn erzittern. Gewitter hatten ihm schon immer Angst gemacht und er hoffte, es würde vorüberziehen. In der Ferne zuckte ein Blitz, erhellte für einen kurzen Augenblick den nächtlichen Himmel. Frodo wurde unruhig, beschleunigte seine Geschwindigkeit noch, bis er schließlich zu laufen begann.
Seine Hoffnung auf eine trockene Nacht schwand, als ein feiner Nieselregen sein Gesicht kitzelte, der bald darauf von dicken Tropfen abgelöst wurde, die unaufhörlich auf ihn hernieder prasselten. Immer wieder zuckte ein Blitz am Himmel, ließ Frodo zusammenschrecken. Bald war er vollkommen durchnässt und zitterte am ganzen Leibe. Das Wasser tropfte ihm von den Haaren, lief über sein Gesicht oder rann über seinen Nacken den Rücken hinab. Ein starker Wind hatte zu wehen begonnen und erschwerte Frodo das Weitergehen, während Donnerschläge ihn in Furcht versetzten. Unglücklich blickte er zum Himmel, hoffte ein Zeichen dafür zu finden, dass das Unwetter bald vorüber war, fand jedoch keines.

Unzufrieden mit seiner Lage, eilte Frodo weiter durch die Dunkelheit, wobei er immer wieder über Löcher stolperte, die sich im immer stärker werdenden Regen rasch mit Wasser füllten. In der immer dunkler werdenden Nacht konnte er kaum etwas ausmachen, was ihn in seiner Hoffnungslosigkeit beinahe zum Verzweifeln brachte.

Über das Prasseln des Regens konnte Frodo plötzlich das Plätschern eines Baches ausmachen. Es war nicht etwa das ruhige Fließen des Brandyweins, das inzwischen vom Regen übertönt wurde und seine Miene hellte sich plötzlich auf. Er musste den Stockbach erreicht haben, der nur etwas mehr als eine Meile südlich von Stock in den Brandywein mündete.
Frodo überlegte, ob er nun bis nach Stock weiterlaufen sollte, um für eine Weile im Goldenen Barsch Unterschlupf zu suchen und sich aufzuwärmen, oder ob er hier bleiben sollte. Er wusste von einer mächtigen Weide, die am Ufer des Baches stand. Ihre Wurzeln waren dick und ragten bis in den Bach hinein und unter einer davon würde er bestimmt ein wenig Schutz vor dem Regen finden.
Frodo brauchte nicht lange zu überlegen, ehe er die Straße verließ und zum Ufer des Baches rannte. Hinter ihm erhellte ein Blitz die Nacht, der von grollendem Donner begleitet wurde. Frodo zuckt zusammen, hielt sich einen Augenblick erschrocken die Ohren zu. Im Goldenen Barsch mochte es bestimmt bequemer sein, doch konnte es ebenso gut passieren, dass das Unwetter vorüber war, bis er dort angekommen war. Außerdem war es nicht unwahrscheinlich, dass er ihm Gasthaus auf Hobbits treffen würde, die ihn kannten oder zumindest wussten, dass er im Brandyschloss lebte und zu dieser späten Stunde nichts auf der falschen Seite des Flusses zu suchen hatte.
Verärgert und unglücklich kroch er schließlich unter eine der Wurzeln, schlang vor Angst und Kälte zitternd die Hände um die Knie. Hier war es nur unwesentlich trockener, doch zumindest war er vor dem Wind geschützt. Betrübt dachte er an das Brandyschloss, wünschte, er hätte seinen Umhang mit sich genommen, sodass er sich nun wenigstens ein wenig hätte aufwärmen können. Erneut grollte Donner am Himmel und Frodo kniff ängstlich die Augen zusammen und hoffte, der Sturm würde bald vorüber gehen. Nässe und Kälte ließen ihn müde werden und so kauerte Frodo lange mit geschlossenen Augen unter der Baumwurzel, bis der Regen lange Zeit später endlich abschwächte und schließlich endete.
In der Zwischenzeit hing Frodo seinen Gedanken nach, denn sein Gemüt war betrübt und erneut hatten sich Zweifel in sein Herz geschlichen.

Ist es richtig gewesen das Brandyschloss zu verlassen? Ich hätte zumindest noch einmal hineingehen sollen, um meinen Umhang und mein Bild mitzunehmen. Wie weit mag ich ohne Umhang und ohne Essen wohl kommen? Schon nach den ersten Meilen musste ich mich der Natur ergeben und nun sitze ich hier mit knurrendem Magen und kann vor lauter Kälte meine Hände und Zehen nicht mehr spüren. Ich habe Angst, schreckliche Angst. Ich fürchte mich vor dieser Nacht, vor dem neuen Morgen und vor dem, was Saradoc mit mir machen wird, wenn er mich wieder sieht.
Marroc hat Recht, ich bin ein Feigling. Ich wollte doch nur, dass Saradoc ebenso stolz auf mich sein kann, wie auf Merry und habe genau das Gegenteil erreicht. Ich glaube, wenn er mich jetzt ansieht, wünscht er sich, er hätte sich meiner niemals angenommen und sich dadurch bittere Enttäuschungen erspart. Wegen Marroc habe ich sicherlich nicht nur ihn verletzt, sondern auch viele andere meiner Familie. Ich sehe es in ihren Augen, in der Art wie sie sich in meiner Gegenwart verhalten. Auf mich ist niemand stolz.
Konnte sich Papa jemals meiner erfreuen und mit Stolz verlauten, dass ich sein Sohn bin? Selbst wenn, jetzt könnte er das nicht mehr. Ich laufe vor meinen Schwierigkeiten davon, anstatt mich ihnen zu stellen, wie er es mich gelehrt hat. Es tut mir Leid, Papa, aber ich halte es dort nicht länger aus, nicht mit Marroc. Gegen ihn kann ich alleine nicht gewinnen, zumindest wüsste ich nicht wie. An Kraft bin ich ihm unterlegen, ebenso wie an Größe und ohne Beweise glaubt mir ohnehin keiner.
Mama, Papa, warum könnt ihr nicht bei mir sein und mir helfen? Ich weiß, ihr würdet mir glauben. Wer hilft mir denn nun noch, da ihr es nicht mehr könnt? Niemand. Keiner interessiert sich für mich. Ich bin allen nur im Weg, eine Bürde. Sie lassen mich allein. Nachts ist es am Schlimmsten. Wenn ich nicht einschlafen kann, habe ich niemanden, an den ich mich wenden könnte. Keiner kommt zu mir, wenn ich Angst habe. Einzig Merry bemerkt, wenn es mir schlecht geht. Er tröstet mich, doch er kann mir nicht geben, was der Brandywein mir genommen hat. Ich brauche euch! Werde ich immer so alleine sein? Wird die Leere in meinem Herzen für immer bestehen bleiben?

‚Wenn du traurig bist, Frodo, dann sieh zum Himmel und betrachte die Sterne. Vergiss nicht, wir werden immer bei dir sein.'
Erinnerungen an einen Traum, den Frodo schon lange vergessen glaubte, wurden in ihm wach. Fröstelnd richtete er seinen Blick nach oben, doch er sah nichts, außer Dunkelheit. Dunkelheit, die alles in sich zu verschlingen schien.

Selbst die Sterne haben mich verlassen. Wenn ihr wirklich hier seid, warum kann ich euch nicht fühlen? Habt am Ende auch ihr mich im Stich gelassen?
Einsamkeit. Ein schwarzes Loch, das unersättlich an meiner Seele nagt. Es zerfrisst mich. Langsam. Jeden Tag ein Stückchen mehr, bis eines Tages nichts mehr von mir übrig sein wird.
Weshalb bin ich gegangen? Was kann mir hier draußen besseres Widerfahren, als im Brandyschloss? Dort wäre es jetzt zumindest warm und ich würde unter der weichen Decke in meinem Bett liegen und der Sturm wäre ausgesperrt.
Wenn Marroc nur nicht wäre...

Ein leises Schluchzen entrann seiner Kehle, als ihm eine Träne heiß über die kalten Wangen rann und auf sein durchnässtes Hemd tropfte.



~*~*~



Saradoc hatte die Hoffnung schon beinahe aufgegeben. Stunden waren vergangen, seit er seine Suche begonnen hatte. Erst war er nach Süden gegangen, bis er Maggots Hof erreicht hatte. Ständig hatte er von einer Seite zur anderen gesehen, immer wieder Frodos Namen gerufen, doch hatte er den Jungen nicht entdecken können. Blitze hatten den nächtlichen Himmel erhellt, gefolgt von Donnergrollen. Regen war erbarmungslos auf ihn nieder geprasselt, hatte bald seinen Umhang durchdrungen und ihm Hemd und Hose durchnässt. Bauer Maggot hatte ihm nicht weiterhelfen können, hatte ihm jedoch seine Hilfe bei der Suche angeboten, doch Saradoc hatte abgelehnt, da der Blick von Frau Maggot ihm deutlich gezeigt hatte, wie ungern sie ihren Mann bei diesem Wetter draußen sah.
Daraufhin hatte er den Weg nach Stock eingeschlagen, in der Hoffnung, dort eine Spur von Frodo zu entdecken. Wenn er das Kind auch dort nicht fand, würde er zum Brandyschloss zurückkehren, hoffend, dass Marmadas und Merimac bei ihrer Suche mehr Erfolg hatten.
Während Wind und Regen ihm ins Gesicht peitschten und er immer wieder Frodos Namen rief, zerfraßen Schuldgefühle sein Herz. So vieles hatte er in den vergangenen Monaten falsch gemacht und wenn Frodo etwas geschehen war, so trug einzig er die Schuld dafür. Von Anfang an hatte er nicht hören wollen und nun war es womöglich zu spät dafür. Er würde es sich nie verzeihen, wenn er Frodo nicht wieder fand.
Saradoc hielt seine Laterne in die Höhe und rief erneut Frodos Namen, doch nur Donner antwortete seinem Ruf. Müde schüttelte er die trüben Gedanken ab und stolperte die Straße entlang, wobei er immer wieder von einer Seite zur anderen ging, um die umliegenden Büsche und das hohe Gras nach dem vermissten Jungen abzusuchen.

Der Regen ließ bald nach, das Gewitter zog vorüber. Saradoc warf seine Kapuze zurück, schüttelte sich die Regentropfen aus dem Haar, als er auf der Brücke des Stockbaches eine kurze Pause einlegte. Erschöpft legte er seine Arme auf das Geländer der hölzernen Brücke und lauschte dem Rauschen des Wassers. Das Licht in seiner Laterne war schwächer geworden, würde bald ausgehen. Saradoc seufzte. Seine Glieder waren schon am Abend nach der langen Arbeit auf dem Feld schwer gewesen und nun war ihm, als würde sein Körper darum flehen, dass er sich zur Ruhe bettete, doch das konnte er sich nicht erlauben, nicht ehe er Frodo gefunden hatte.
Er wollte sich gerade wieder auf den Weg machen, als ein leises Geräusch an sein Ohr drang. Hätte es noch geregnet, hätte er es nicht wahrgenommen, doch nun, da nur das Plätschern des Baches in seinen Ohren klang und er im Stillen auf jenes leise Wimmern gehofft hatte, hatte er seinen Blick zum Ufer gewandt, noch ehe er sich dessen bewusst geworden war.
"Frodo", flüsterte er hoffnungsvoll und rannte von der Brücke, eilte zum Ufer des Stockbaches.
Unter den Wurzeln einer Weide erkannte er eine kleine Gestalt, ängstlich zusammengekauert. Der Anblick erfüllte ihn mit Erleichterung und Traurigkeit gleichermaßen und er musste sich zusammenreißen, um nicht sofort auf den Jungen zuzueilen, der nach allem, was am Abend geschehen war, bestimmt noch völlig verschreckt war.

Ein Rascheln drang an Frodos Ohr. Erschrocken sah er auf, wischte sich eine Träne aus den Augen. Sein Herz stand still, als er einige Schritte entfernt Saradoc erkannte, eine Laterne in der Hand, die sein Gesicht in ein blasses, goldenes Licht tauchte. Ihre Blicke trafen sich.
Frodo war wie versteinert. Minuten schienen zu verstreichen, in denen keiner ein Wort sprach und jeder den Blick des anderen festhielt. Der Wind brachte die Blätter der Weide zum Rascheln und wurde nur vom Rauschen des Baches übertönt.
Zögernd trat Saradoc schließlich näher und Frodo schnappte nach Luft. Von plötzlicher Angst ergriffen, wich er zurück, bis die Wurzel ihm ein Weiterkommen verwehrte. Für einen Augenblick vergaß er zu atmen.

Saradoc schmerzte es, zu sehen, dass das Kind vor ihm zurückwich. Er hatte keine bösen Absichten, hatte nie welche gehabt, doch nach allem, was geschehen war, war es nicht verwunderlich, dass Frodo ihm nicht länger traute. Er selbst hatte dem Jungen schließlich auch lange Zeit nicht geglaubt.
"Kann ich mich zu dir setzen?", fragte er mit sanfter Stimme, jedoch ohne viel Hoffnung.
Frodo zuckte mit den Schultern, wandte seinen Blick ab. Saradoc konnte die Anspannung in dem kleinen Körper förmlich spüren, wusste, dass Frodo auf jede seiner Bewegungen achten würde, auch wenn er ihn nicht ansah.
Schweigend ließ er sich neben dem Jungen zu Boden fallen, stellte die Laterne vor seine Füße und blickte in die Nacht hinaus. Saradoc wusste, dass er es war, der dieses Gespräch beginnen musste, denn Frodo hatte inzwischen oft genug gewagt, den ersten Schritt zu machen, ohne, dass er auch nur ein einziges Mal auf die Worte des Kindes gehört hatte. Dennoch hatte er nun keine Ahnung, wo er beginnen sollte, wie er den Schleier der Angst, der Frodo so deutlich umgab, dass selbst er die Unruhe spüren konnte, hätte lichten sollen.
Die unangenehme Stille, die sie zuvor schon umgeben hatte, drohte, sie erneut einzuhüllen, als das Schweigen sich ausdehnte. Frodo war der Erste, der die Ruhe nicht länger ertragen konnte. Unruhig rutschte er auf seinem Platz hin und her.
"Wie hast du mich gefunden?", fragt er dann, ohne ihn an zusehen.
"Es war Zufall", entgegnete Saradoc wahrheitsgemäß.
Frodo nickte, als wäre er davon nicht sonderlich überrascht, ehe er wieder in Schweigen verfiel.

Sein Plan nach Beutelsend zu gehen, war vollends fehlgeschlagen. Er schaffte es nicht einmal bis nach Stock, ohne gefunden zu werden und dann auch noch ausgerechnet von Saradoc. Frodo fühlte sich unbehaglich. Der Herr von Bockland hatte ihn geohrfeigt, hatte anschließend mit Marroc gesprochen und doch war er jetzt hier. Saradoc machte nicht den Eindruck, als wäre er wütend, doch Frodo traute der Stille nicht. Sie ließ ihn noch unruhiger werden, als er ohnehin schon war. Er wollte nicht so nahe bei Saradoc sein, doch er fürchtete, was geschehen würde, wenn er sich vom Herrn entfernte und so beschränkte er sich darauf, Saradoc nicht anzusehen. Angespannt und mit klopfendem Herzen wartete er darauf, was als nächstes geschehen würde.
"Ich möchte mit dir reden, Frodo, wenn du nichts dagegen hast."
Saradocs Worte ließen ihn beinahe zusammenschrecken, auch wenn die Stimme noch immer ruhiger klang, als Frodo es nach allem, was am vergangenen Abend geschehen war, erwartet hätte. Er wagte nicht, den Herrn anzusehen. Darauf zu antworten machte ebenfalls keinen Sinn, denn Saradoc würde nun mit ihm sprechen, ob er es wollte, oder nicht. Hier konnte er nicht vor ihm davon laufen, nicht einmal, wenn er flink war. Bis er unter der Wurzel hervor gekrochen wäre, hätte Saradoc ihn längst wieder eingefangen. Schweigend zuckte er mit den Schultern, wartete darauf, dass Saradoc zu einer Rüge ansetzte, die nun unweigerlich folgen würde. Tadel, der vielleicht mit Schlägen enden würde.
Frodo konnte Saradocs Blick auf sich spüren und kauerte sich zusammen. Sein Haar war noch nicht getrocknet und er fror noch immer, doch hatte er es inzwischen geschafft, das Zittern unter Kontrolle zu bringen und sich mit seinem eigenen Körper zumindest bedürftig warm zu halten.
"Es geht um Marroc, wie du dir vielleicht denken kannst."
Die Nennung jenes Namens ließ die Wut des vergangenen Abends in Frodo neu aufflammen. Hatte er es doch gewusst! Es ging um Marroc! Natürlich, um wen denn sonst? Marroc hatte dem Herrn neue Lügen eingetrichtert, die dieser ihm nun vortragen würde. Wieder würde er der Enttäuschung Saradocs gegenüberstehen und wieder würde er nicht in der Lage sein, ihm vom Gegenteil zu überzeugen. Nun, da er weggelaufen war, vermutlich noch weniger, als zuvor. Konnte Marroc ihn nicht endlich in Frieden lassen? Konnten all die anderen nicht aufhören, mit ihm über Marroc sprechen zu wollen, wo sie ihm ohnehin nicht glauben wollten?
"Was gibt es da noch zu bereden?", fragte Frodo scheinbar gleichgültig, doch seine Hände hatten zu zittern begonnen und seine tauben Finger verkrampften sich ineinander.
"Ich glaube, es gibt einiges, von dem ich nicht weiß", antwortete Saradoc ruhig und Frodo spürte den Blick des Herrn deutlich auf sich ruhen, während er den eigenen starr in die andere Richtung hielt.
‚O ja, es gibt vieles, von dem du nichts weißt', dachte er grimmig, jedoch ohne zu antworten. ‚Du weißt nichts! Gar nichts!'

Saradoc wartete einige Augenblicke, ehe er weiter sprach, den Blick wieder auf die Wiese vor sich gerichtet. Das Licht seiner Lampe war beinahe erloschen und ihr schwacher Schein erreichte die Gräser außerhalb der Wurzel kaum.
"Ich hatte heute ein interessantes Gespräch mit Marroc und..."
"Marroc! Marroc! Immer nur Marroc!" platzte es aus Frodo hervor. Saradoc wandte sich überrascht um, war erfreut, dass der Junge ihn nun wieder ansah, auch wenn seine Augen wütend funkelten. Für gewöhnlich hätte er sich über diesen Blick geärgert und den Jungen zurechtgewiesen, doch dieses Mal ließ er Frodo gewähren. Er hatte den Zorn des Kindes verdient.
"Ich kann es nicht mehr hören! Jeder glaubt immer nur ihm! Doch was ist mit mir? Was ich zu sagen habe, interessiert niemanden! Mir glaubt keiner!"
Saradoc nickte betrübt. Er senkte den Blick, seufzte tief, ehe er den Jungen unverwandt ansah, die Stimme leise und betroffen.
"Ich weiß, ich habe dir nicht geglaubt. Ich hätte dir vertrauen sollen, anstatt Marrocs Worten Glauben zu schenken. Ich weiß nicht, ob du mir das vergeben kannst, dennoch bitte ich um deine Verzeihung."

Der Zorn in seinem Blick wich Verwunderung, als Frodo verblüfft in die Augen des Herrn blickte. Für einen kurzen Moment schien er unfähig, etwas zu entgegnen. Angespannt versuchte er, die Absicht hinter diesen Worten zu erkennen, doch fand er nur Ehrlichkeit in Saradocs Blick. Hatte er es endlich eingesehen? Hatte Saradoc endlich aufgehört, auf Marroc zu hören? Frodo wagte das nicht zu hoffen, wollte dem Herrn von Bockland nicht so einfach Glauben schenken. Vielleicht war es nur ein Trick, um ihn wieder zurück zum Brandyschloss zu bringen, wo seine wahre Bestrafung auf ihn wartete. Frodo runzelte die Stirn, musterte Saradoc einen Augenblick eingehend, ehe er den Blick abwandte und erneut stur zu Boden starrte. So sehr er sich wünschte, ihm glauben zu können, wagte er es nicht. Die Furcht saß zu tief. Die Furcht vor Marroc und Saradoc.

"Heute Abend habe ich mit Marroc gesprochen", fuhr Saradoc mit sanfter Stimme fort, wobei er Frodo aus den Augenwinkeln ständig beobachtete. Er erkannte, wie der Junge sich verkrampfte und seufzte innerlich. Er musste seine Worte so wählen, dass er zu dem Kind durchdringen konnte, oder Frodo würde sich noch mehr aufregen, ihm vielleicht gar nicht mehr zuhören. "Merry war dabei."
Er war erleichtert, als Frodos Ausdruck sogleich entspannter wirkte und fuhr leise fort.
"Er hat mir einiges erzählt, von dem ich nicht wusste. Dinge, die mir die Augen öffneten, Frodo. Ich erkannte die Falschheit in Marrocs Worten. Wie blind muss ich gewesen sein, wenn ich die Hilfe meines Sohnes benötigte, um das zu erkennen? Dennoch weiß ich nur wenig von dem, was geschehen ist, so glaube ich zumindest."
Saradoc ließ seinen Blick wieder zu Frodo wandern, der sich schnell von ihm abwandte. "Willst du mir nicht sagen, was alles geschehen ist?", fragte er, ohne den Jungen drängen zu wollen.
Schweigen breitete sich aus, das nur von den Wassern des Stockbaches und dem schwächer werdenden Wind gestört wurde. Frodo hatte zu zittern begonnen, seine Finger spielten nervös mit den Knöpfen seines Hemdes. Offensichtlich rang er mit sich selbst, unentschlossen, ob er mit ihm sprechen sollte, oder nicht. Zögernd hob Frodo dann den Kopf, sah unsicher zu ihm auf.
"Du meinst das auch wirklich ernst? Du willst mir glauben?" Seine zaghafte Stimme zitterte.
"Das will ich. So wie ich dem Sohn meines besten Freundes und meiner Tante schon lange hätte glauben sollen", antwortete Saradoc entschlossen.

Frodo nickte, senkte jedoch erneut den Blick. Sollte er es tun? Sollte er Saradoc nun vertrauen, auch wenn er unzählige Male zuvor vergebens darauf gehofft hatte, dass der Herr ihm Glauben schenkte? Frodo war sich nicht sicher, ob es dieses Mal anders sein würde und doch wollte er ihm glauben, wollte ihm alles erzählen, selbst wenn er nur wenig Hoffnung hatte, dass Saradoc ihm zuhören würde.
Frodo erschrak beinahe, als das Licht der Laterne ausging und er plötzlich wieder in vollkommener Dunkelheit saß. Die Kälte schien zu ihm zurückzukehren und er fröstelte. Während er erneut die Hände um seine Knie schlang und sie näher zu sich heranzog, konnte er seinen Herzschlag spüren. Er war schneller als gewöhnlich. Frodo wusste, dass er Angst davor hatte. Angst vor Saradocs Reaktion, Angst davor, was Marroc ihm antun würde, sollte er sprechen, doch was er noch immer am meisten fürchtete, war, dass Saradoc ihm nicht glaubte. Dennoch wollte er es versuchen. Er musste sich ihm anvertrauen, in der Hoffnung, dass dadurch alles besser würde, denn so konnte es nicht weitergehen.

Nach einer langen Zeit der Stille begann Frodo schließlich mit zitternder Stimme zu sprechen. Den Blick hielt er weiterhin auf den Boden gerichtet, denn es fiel ihm leichter, wenn er Saradoc nicht ansehen musste, während er dem Herrn von all den Lügen, all den Schandtaten Marrocs berichtete.
Saradocs Miene verfinsterte sich bei jedem von Frodos Worten mehr. Wut und Staunen standen in seinen Augen. Die Hände hatte er zu Fäusten geballt und er war sich sicher, wenn Marroc nun vor ihm gestanden wäre, hätte er so einiges getan, was er später womöglich bereut hätte. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass ein Hobbit aus dem Brandyschloss zu solchen Taten fähig war.
Als Frodo seinen Bericht beendet hatte, ruhten seine Augen voller Mitleid und Schuldgefühl auf dem Jungen.
"Warum hast du mir nicht schon früher etwas davon gesagt?"
Saradoc hatte Mühe seine Stimme unter Kontrolle zu halten.
"Das habe ich doch", antwortete Frodo, ein Hauch von Verärgerung in der betrübten Stimme. Er schnappte nach Luft, ehe er Saradoc den Blick zuwandte. "So oft habe ich meine Unschuld beteuert, doch nie wolltet ihr mir glauben. Marroc hatte euch um den Finger gewickelt. Er hat das alles von Anfang an geplant und sich mit Heucheleien bei euch beliebt gemacht. Und später, als ich erkannte, dass es hoffnungslos war, euch davon überzeugen zu wollen, dass ich es war, der von Marroc belästigt wurde und nicht umgekehrt, hatte ich Angst."
Frodo blickte in die Nacht hinaus. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals, doch nun, da er angefangen hatte, spürte er, dass er nicht mehr aufhören konnte. Er selbst sah nun Dinge, die er zuvor nicht gesehen hatte und zu wissen, dass Saradoc neben ihm saß, ihm zuhörte, beruhigte ihn ebenso sehr, wie es ihn zuvor erschreckt hatte. Er seufzte, fuhr schließlich fort, ohne Saradoc anzusehen.
"Marrocs Drohungen waren eindrucksvoll und aus Furcht, er könnte sie tatsächlich umsetzen, habe ich geschwiegen. Außerdem habe ich mit der Zeit angefangen, seinen Lügen ebenfalls zu glauben, und das machte mich noch anfälliger für seine Drohungen. Wann immer er mir damit drohte, dass ich Bilbo nicht mehr wieder sehen würde, oder, dass du mich des Brandyschlosses verweisen wirst, habe ich ihm geglaubt. Er lieferte nicht nur die Drohung, sondern auch einen Grund dafür, weshalb sie sich erfüllen könnte, wenn ich nicht machte, was er von mir verlangte. Wie du siehst, hat er Recht behalten. Selbst wenn ich mit dir gesprochen hätte, hättest du mir nicht geglaubt. Es ging sogar so weit, dass du mir nicht mehr nur in Bezug auf Marroc keinen Glauben mehr schenktest. Ich habe dich dabei beobachtet, wie du meine Aussagen überprüft hast."

Saradoc nickte betrübt, als Frodo ihm einen anklagenden Blick zuwarf. Er hatte in der Tat Frodos Aussagen nachgeprüft, war zu blind gewesen, um zu sehen, was sich vor seinen Augen abspielte.
"Heute schien er dann endlich erreicht zu haben, was er wollte", fuhr Frodo fort, ehe Saradoc länger darüber nachdenken konnte. "Ich hielt es nicht mehr aus. Als er dann auch noch von meinen Eltern sprach, wurde ich so wütend. Ich hätte nie gedacht, dass ich es einmal wagen würde, die Hand gegen ihn zu erheben."
Frodo schüttelte den Kopf in völliger Fassungslosigkeit, die Augen weiterhin starr in die Nacht hinaus gerichtet. Seine Stimme war leise geworden, kaum mehr, als ein Wispern. "Dann kamst du und hast mich geschlagen. Genau das war es, was er erreichen wollte. Er wollte sehen, wie du die Geduld mit mir verlierst und wie ich daran zugrunde gehe. Zumindest glaube ich das."

Frodo hüllte sich in Schweigen, während Saradoc noch versuchte, die Worte, die er soeben vernommen hatte, zu ordnen. Die Hände des Kindes zitterten und er schnappte nach Luft, drohte jeden Augenblick in Tränen auszubrechen. Frodo legte den Kopf schief, als er sich zu ihm umwandte und die Stimme, die nun zu Saradoc sprach, klang gebrochen, bloßgestellt.
"Glaubst du mir wirklich, Saradoc, oder ist das nur eine weitere Grausamkeit, die sich Marroc für mich ausgedacht hat?"

Saradoc hatte selbst mit den Tränen zu kämpfen. Die Wunden, die Marroc Frodo zugefügt hatten, waren weitaus tiefer, als er vermutet hatte. Selbst jetzt zweifelte Frodo noch an seiner Ehrlichkeit und nach allem, was er durchgemacht hatte, hatte der Junge allen Grund dazu.
"Ich glaube dir, Frodo", versicherte er dem Kind und seine Stimme reichte ebenfalls kaum über ein Flüstern hinaus. "Verzeih mir, dass ich das nicht schon viel früher getan habe. Ich weiß nicht, was heute Abend über mich gekommen ist, doch ich wusste sofort, dass es ein Fehler war, dich zu schlagen, auch ohne von Marrocs Taten zu wissen. Jetzt, da ich davon weiß, bereue ich noch mehr, dass ich mich nicht unter Kontrolle hatte. Es tut mir so schrecklich Leid."
Saradoc schluckte schwer, als er in die großen, unschuldigen Augen des Jungen blickte. Schmerz, Angst und große Erleichterung lagen nun darin verborgen.

Selbst in der Dunkelheit konnte Frodo erkennen, dass sich ein Teil seines Schmerzes in Saradocs Augen widerspiegelte. Von Erleichterung und Erschöpfung gleichermaßen überwältigt, ließ Frodo seinen Kopf auf Saradocs Schulter sinken, wo er endlich Linderung von all den Schmerzen, die Marroc ihm zugefügt hatte, erfuhr. Tränen suchten sich ihren Weg über seine Wangen und er schluchzte jämmerlich. Saradoc legte seine Arme um ihn, hielt ihn fest an sich gedrückt. Sofort wickelte er seinen Umhang um das Kind, als er erkannte, wie kühl der kleine Körper war. Frodo klammerte sich an diese Wärme, die mehr von Saradocs Glauben herrührte, als von dessen Umhang. Er erlaubte dem Herrn, ihn festzuhalten, denn nirgendwo sonst hätte er im Augenblick mehr Trost gefunden, als in dessen Armen.

Ein Stein fiel von Saradocs Herzen, als Frodo sich plötzlich an ihn lehnte und zu weinen begann, denn nichts war mehr Beweis, dass Frodo seinen Glauben in ihn wieder gefunden hatte, ebenso wie er wieder gelernt hatte, dem Jungen zu vertrauen. Tröstend hielt er das Kind in seinen Armen, versuchte, den unterkühlten Körper trotz der feuchten Kleider warm zu halten. Saradoc wollte den Jungen mit Worten beruhigen, doch der Worte war in dieser Nacht genug getan und es waren die Taten, die zählten. Er wusste, dass Frodo in seiner Umarmung ebensoviel Trost fand, wie er es selbst tat, auch wenn es lange Zeit dauerte, bis die Tränen des Kindes versiegten. Schließlich beruhigte sich Frodo jedoch, und als Saradoc zu ihm hinabblickte, bemerkte er, wie sehr der Junge mit seinen schweren Lidern zu kämpfen hatte und erinnerte sich plötzlich seiner eigenen Müdigkeit. Er gähnte und ein Lächeln stahl sich über seine Lippen, als Frodo es ihm gleichtat.
"Marroc wird also ausziehen?", hörte er den Jungen flüstern und neue Hoffnung keimte in den Augen, die nun zu ihm aufblickten.
"Das wird er. Weit weg, in die westlichsten Gänge, zurück in das Schlafzimmer seiner Eltern. Und wenn er dir auch nur einen Schritt zu nahe kommt, wird er mit heftigen Konsequenzen rechnen müssen!" versicherte Saradoc und spürte die Wut auf Marroc in seinem Herzen aufflammen.
Für den Augenblick wollte er diese jedoch vergessen und sich um Frodo kümmern. Der Junge erwiderte nichts darauf und erst als erneute Momente des Schweigens verstrichen, schlug er vor, wieder nach Hause zu gehen.

Saradoc war von dieser Idee sehr angetan und so krochen sie unter der Wurzel hervor, streckten die steif gewordenen Glieder und machten sich auf den Heimweg. Müde und hungrig schlurfte Frodo neben dem Herrn von Bockland her. Immer wieder stolperte er, doch jedes Mal wurde er von Saradoc aufgefangen. Frodo behielt nichts von seinem Rückweg in Erinnerung und auch wie sie die Fähre erreichten, bekam er kaum mit. Saradoc endlich auf seiner Seite zu wissen, hatte seine Sorgen von ihm abfallen lassen und stattdessen jene Erschöpfung überhand gewinnen lassen, gegen die er schon seit den späten Abendstunden angekämpft hatte. Während sie den Fluss überquerten, legte er den Kopf auf Saradoc Schoß und war bald eingeschlafen.

Saradoc vertäute das Boot, wickelte den Jungen enger in seinen Umhang und hob ihn hoch. Frodo schmiegte sich an ihn, wachte jedoch nicht auf. Bei Sonnenaufgang erreichte Saradoc das Brandyschloss, trug Frodo in sein Zimmer. Als er Frodo in sein Bett legte und ihm vorsichtig die feuchten Kleider auszog, schlug dieser für einen Moment die Augen auf.
"Onkel Saradoc?"
"Ich bin hier", antwortete Saradoc mit einem Lächeln und wickelte die Decke enger um den Jungen, um ihn warm zu halten.
"Kannst du hier warten, bis ich aufwache und Marroc weg ist?", fragte er ein wenig unsicher.
Saradocs Lächeln wurde breiter. "Natürlich, ich werde hier sitzen bleiben."
Er sank auf den Stuhl von Frodos Schreibtisch und ließ seinen Blick auf dem kleinen Hobbit ruhen. Frodo murmelte noch ein leises Dankeschön, ehe ihm die Augen erneut zufielen und er in einen tiefen Schlaf fiel.





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