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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Kapitel 18: Netz aus Lügen



Frodo sah Marroc verzweifelt hinterher. Weshalb konnte er ihn nicht einfach in Ruhe lassen? Was hatte er getan, dass ausgerechnet er immer wieder in Marrocs Arme laufen musste?
Marrocs Gestalt wurde in der Ferne immer kleiner, als sich die Griffe um seine Schultern verstärkten und er von Sadoc und Ilberic von der Straße weg geschoben wurde. Seine Augen noch immer entgeistert auf Marroc gerichtet, leistete Frodo keinen Widerstand. Was hatte der ältere Hobbit dieses Mal vor?
Erst als ein leichter Luftzug seine schweißnasse Haut zum Frösteln brachte, besann er sich seines Auftrages. Frodo wusste, dass mit Ilberic und Sadoc ebenso schlecht zu reden war, wie mit Marroc selbst, nicht, wenn dieser ihnen etwas aufgetragen hatte. So zwickte er Sadoc kraftvoll in den Arm, der daraufhin aufschrie und von ihm abließ. Frodo nutzte die Gelegenheit, trat Ilberic auf die Zehen und schlug dessen Hand von seiner Schulter. Als der Griff um seinen Arm sich lockerte, stürzte er davon.
So schnell er konnte rannte er über die Wiese, schlug wieder den Weg nach Osten ein. Hinter sich hörte er Sadoc und Ilberic schimpfen, doch sah er sich nicht um, rannte immer weiter, so schnell ihn seine Füße trugen. Er wollte nach Bockenburg, wollte tun, was Saradoc ihm aufgetragen hatte, doch schon jetzt klopfte sein Herz so rasch, als wolle es ihm aus der Brust springen. In dieser Geschwindigkeit würde er nicht mehr lange laufen können. Er keuchte, versuchte verzweifelt, nicht langsamer zu werden, als ihm klar wurde, dass er nicht ewig davon laufen konnte. Schritte hinter ihm kamen immer näher.
"Wirst du wohl stehen bleiben?", hörte er Sadoc unweit hinter sich rufen und warf einen raschen Blick zurück.
Angst machte sich in seinem Herzen breit, als Frodo erkannte, wie nahe ihm die beiden schon gekommen waren. Seine Füße flogen über die wehenden Grashalme hinweg, doch seine Kräfte schwanden.
Sadoc hatte ihn beinahe erreicht, wollte ihn packen. Frodo wich ihm mit geschickten Schritten aus, aber Sadoc gelang es trotzdem, ihm kräftig gegen den Rücken zu stoßen, was dazu führte, dass Frodo stolperte und schmerzhaft auf dem Boden landete. Erschrocken schrie er auf und schlug wie wild um sich, als Sadoc seinen Knöchel zu fassen bekam. Er landete einen gezielten Tritt im Bauch des älteren Jungen, was diesen jedoch nicht davon abhielt, nach seinen Armen zu langen und sie neben seinem Gesicht ins Gras zu drücken.
"Ich habe gesagt, dass ich dafür Sorge, dass du hier bleibst und das werde ich auch!" keuchte Sadoc wütend und kniete sich mit einem Bein auf seine Brust, um zu verhindern, dass Frodo weiterzappelte.
"Und ich habe gesagt, dass ich meinen Auftrag ausführen werde!" entgegnete Frodo hitzig, versuchte vergebens sich seiner misslichen Lage zu befreien. Seine Lungen brannten und er bekam kaum genügend Luft, doch erst als auch Ilberic keuchend an ihn herantrat, hörte er auf, sich zu wehren.

Frodo sah wütend zu den schnaufenden Hobbits auf, während er bemüht war, wieder zu Atem zu kommen. Er wusste, dass Marroc einen bösen Charakter hatte, doch konnte es wirklich sein, dass diese beiden genauso schlimm waren? Vielleicht standen sie auch nur zu lange unter seinem Einfluss und waren in Wahrheit gar nicht daran interessiert, ihn hier zu behalten.
"Warum macht ihr das?", fragte er, auch wenn ihm das mit dem zusätzlichen Gewicht auf seiner Brust nicht leicht fiel.
Ilberic sah ihn verwirrt an. "Warum machen wir was?"
Frodo lag nun ganz still, in der Hoffnung, Sadoc würde den kraftvollen Griff um seine Handgelenke lockern und das Knie von seiner Brust nehmen. "Ihr haltet mich hier fest, nur weil Marroc es euch gesagt hat."
"Genau das machen wir", entgegnete Sadoc knapp, nahm jedoch sein Knie von Frodos Brust.
"Aber warum? Warum hört ihr auf ihn?"
Frodos Gesichtsausdruck verriet nichts von seiner Anspannung. Er musste etwas finden, das diese beiden von Marroc unterschied, musste sie davon überzeugen, dass sie ihn nicht hier behalten durften.
"Er ist unser Freund. Du würdest auch auf Merry hören, oder etwa nicht?"
Das war Ilberics Stimme, mit deren Antwort Frodo nicht gerechnet hatte. Er zögerte einen Moment, in dem er nach den richtigen Worten suchte. "Nicht, wenn es unrecht wäre."
"Unrecht?" Sadoc lachte auf.
Verdutzt wandte sich Frodo wieder dem jüngeren der beiden Hobbits zu und auch wenn Sadoc mit seinen dunklen Locken und dem weniger robusten Körperbau keinerlei Ähnlichkeit mit Marroc hatte, konnte Frodo deutlich die Stimme seines Peinigers aus dessen Lachen hören. Von einer unbestimmten Furcht ergriffen, war er für einen Augenblick zu keiner Entgegnung fähig und auch Ilberic und Sadoc wechselten kein weiteres Wort mehr, als sie ihn schließlich auf die Beine zogen und fortführten. Frodo wusste, dass es keinen Sinn hatte, wegzulaufen. Sie würden ihn wieder einfangen. Doch nun, da er auch wusste, dass sie nicht von dem Plan abzubringen waren, den Marroc für sie vorgesehen hatte, schwand seine Hoffnung.
Ein Schauer lief ihm über den Rücken, als er sich fragte, wo die beiden ihn nun hinbringen und was sie mit ihm machen würden. Marroc hatte gesagt, alle seine Fragen würden beantwortet werden, wenn er zurückkehrte, doch daran wollte Frodo noch gar nicht denken.

Auf Antworten von Marroc kann ich verzichten. Genügt es ihm denn nicht, ungebeten in mein Zimmer zu kommen, Lügen über mich zu verbreiten oder mein Tagebuch zu lesen? Muss er mich denn auch noch davon abhalten, einen wichtigen Auftrag von Saradoc zu erfüllen? Oder ist es genau das, was er will? Ein neues Gerücht, eine neue Lüge über mich in die Welt setzen? Saradoc soll von nun an also auch im Glauben gelassen werden, ich wäre unzuverlässig. Und was ist mit Hanna? Etwas muss schief gegangen sein, sonst könnte Oma ihr alleine helfen. Wenn ihr nun etwas passiert, bin ich schuld. Doch was soll ich machen? Ich komme hier nicht weg, sie würden mich aufhalten.

Frodo unterdrückte ein Schluchzen. Seine Gedanken kreisten nur mehr um Hanna und die Angst, dass ihr etwas passieren konnte wofür er die Schuld trug. Im Stillen bat er Elbereth, dass Hanna nichts geschehen mochte, doch beruhigte ihn das nur wenig.
Griffe um seine Arme wurden fester, als Sadoc und Ilberic ihre Geschwindigkeit erhöhten.

Marroc will mich ruinieren. Er wird seinen Willen bekommen und ich werde Bilbo nie wieder sehen.
Saradoc vertraut mir ohnehin nicht mehr, seit er Esmeraldas Schmuckkästchen in meinem Schreibtisch gefunden hat und wenn dieser Tag vorüber ist, wird er mir wohl nie wieder Glauben schenken. Er glaubt mir ja selbst jetzt nicht mehr, wenn ich von Marroc erzähle. Marroc hat sich bei allen beliebt gemacht, sodass ich jedes Mal als Lügner dastehe.
Saradoc wird wütend sein, wenn ich wieder im Brandyschloss bin. Schon einmal hat er meinem Besuch bei Bilbo die Schuld für mein schlechtes Benehmen gegeben und er wird es bestimmt wieder tun. Damals konnte ich nicht anders. Ich hatte ihn davon überzeugen müssen, dass Marroc ein falsches Spiel spielte und doch war alles anders gekommen, als ich gehofft hatte.
Heute bin ich überrascht worden, bin blind in eine Falle getappt. Ich wünschte, ich könnte ihnen entkommen, zu Fastred laufen und Hanna helfen, doch sie sind zu stark für mich.
Selbst wenn ich Saradoc davon erzählte, würde er mir nicht glauben. Er wird mir verbieten, noch einmal zu Bilbo zu gehen, weil seither alles schlechter geworden ist. Vielleicht wird er sogar verlangen, dass ich aufhöre, ihm zu schreiben. Wenn ich Bilbo keine Briefe mehr schicken kann, werde ich ihn noch mehr vermissen. Er hat mich lieb, sonst würde er mir nicht schreiben und wäre in den ganzen letzten Jahren nicht so oft nach Bockland gereist oder hätte mich zu sich eingeladen. Er hat mich lieb, oder würde selbst er Marrocs Lügen Glauben schenken?

Frodo sog scharf die Luft ein, als er über eine Wurzel stolperte. Er wäre hingefallen, hätten Sadoc und Ilberic ihn nicht festgehalten. Beinahe überrascht blickte er von einem zum anderen, als sie ihn ohne Unterbrechung weiter mit sich führten.
"Mach doch die Augen auf!" fuhr ihn Ilberic an, blickte zornig auf ihn herab, doch dann verfiel er wieder in Schweigen und auch Frodo senkte erneut den Kopf.
Er wusste, dass er auf den Weg hätte achten sollen, doch im Augenblick bereiteten ihm andere Dinge größere Sorgen, als eine Wurzel, über die er stolpern konnte.

Ob Merry wohl weiß, was vor sich geht? Ob er mir glaubt?
Mama, Papa, warum könnt ihr nicht hier sein? Ihr würdet mir glauben, nicht wahr? Wer glaubt mir denn nun noch? Wenn Marroc all seine Pläne umgesetzt hat, wird es niemand mehr tun. Selbst jetzt glaubt mir keiner, zumindest nicht, wenn ich von Marrocs Schandtaten berichte. Jeder ist der Ansicht, dass er es gut mit mir meint. Was immer das heißen soll. Vielleicht würde ich es sogar selbst glauben, wenn ich Marroc nur kennen würde, wenn Erwachsene in der Nähe sind. Er hat gelernt, sich beliebt zu machen und er ist sehr gut, wenn es darum geht, seine wahren Absichten zu verstecken.
Aber weshalb ich? Was habe ich ihm getan?
Mama, Papa, ich flehe euch an, bitte helft mir! Lasst das alles nur ein böser Traum sein! Kommt zu mir zurück!

"Hör auf zu weinen! So fest habe ich nun auch wieder nicht zugepackt!" meinte Sadoc, lockerte seinen Griff aber dennoch, als wäre er sich seiner Worte nicht sicher.
Frodo sah den älteren Hobbit verwirrt an. Er hatte nicht bemerkt, dass er zu weinen begonnen hatte. Schnell wischte er sich die Tränen aus den Augen und besann sich seiner Lage.
Die beiden ließen ihn los, bedeuteten ihm, sich hinzusetzen und Frodo lehnte sich betrübt gegen einen Baum, wobei er ihnen einen missmutigen Blick zuwarf.
"Ein weiterer Fluchtversuch könnte böse für dich enden!" drohte Ilberic, als er sich ihm gegenüber auf einem niederließ. Sadoc setzte sich neben ihn auf den mit Kiefernnadeln bedeckten Boden und ließ ihn nicht mehr aus den Augen.

Frodo sah sich um. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie das kleine Waldstück südlich der Straße erreicht hatten. Die Luft roch nach Kiefernnadeln, feuchter Erde und Holz. Sie waren umgeben von Bäumen jeglicher Art, ganz gleich, ob deren Äste Nadeln oder Laub trugen. Das Sonnenlicht hatte Mühe, durch das dichte Blätterdach zu scheinen und so erreichten nur hier und da einzelne tanzende Lichtflecken, den kühlen Waldboden.
Hier würden sie also auf Marroc warten. Hier würde er erfahren, was sich sein Peiniger dieses Mal für ihn ausgedacht hatte. Frodo senkte den Kopf und starrte zu Boden.

Stunden schienen zu vergehen. Frodo hatte sich schließlich ebenfalls auf den Boden gesetzt und schweigend den Vögeln gelauscht. Sadoc und Ilberic hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt, als Frodo plötzlich Schritte ausmachen konnte und überrascht den Kopf hob. Marroc tauchte mit einem siegreichen Lächeln zwischen den Bäumen auf und Frodo wandte den Blick sofort wieder ab. Er wünschte sich, Saradoc hätte ihm niemals aufgetragen zu Fastred zu gehen, wünschte sich, die Ereignisse des Nachmittages wären niemals geschehen.
"Was ist denn?", fragte Marroc sarkastisch. "Willst du denn gar nicht wissen, warum du hier bist?"
Frodo verkrampfte sich innerlich, doch schenkte er dem älteren Jungen keine Beachtung.
"Nun gut, ich werde es dir trotzdem erzählen", meinte Marroc, der offensichtlich sehr zufrieden mit sich war und ließ sich lächelnd neben ihm zu Boden plumpsen.
"Saradoc dürfte sehr enttäuscht von dir sein", begann er nach einer kurzen Pause.
Frodo ballte die Hände zu Fäusten, was Marroc nicht entging.
"Wusste ich doch, dass dich das interessiert", meinte er schadenfroh. "Jedenfalls war er alles andere als erfreut, als ich ihm berichtete, dass du am Fluss warst. Du bist in die falsche Richtung gelaufen, Frodo. Nach Osten solltest du gehen, nicht nach Westen. Hast du dich nur geirrt, oder war es Absicht? Bereitet es dir Freude, den Herrn von Bockland zu verstimmen?"
Marroc sah ihn an, als würde er ein kleines Kind tadeln. Frodo konnte seinen Blick auf sich spüren, erkannte aus den Augenwinkeln den überaus befriedigten Gesichtsausdruck des älteren. Seine Hände zitterten, als sich seine Fingernägel tief in sein Fleisch gruben, bis es ihm Schmerzen bereitete. Wenn er jemals in seinem Leben jemanden gehasst hatte, dann war es Marroc Boffin gewesen und in diesem Augenblick hasste er ihn besonders.
"Ich habe den Heiler geholt", ließ Marroc ihn wissen. Er bemerkte Frodos hilflosen Zorn und erfreute sich daran. "Keine Sorge, er kam rechtzeitig."
"Warum?", platzte es aus Frodo heraus, als er sich schließlich umwandte. Den Blick hatte er unverwandt auf den älteren Hobbit gerichtet, doch seine Wut war von Verzweiflung, von Furcht und Unverständnis überschattet. "Warum tust du mir das an?"
Marroc zuckte gleichgültig mit den Schultern, schien scheinbar Mühe damit zu haben, sich ein Kichern zu verkneifen.
"Bereitet es dir Freude mich zu quälen? Willst du unbedingt mein Leben zerstören? Was habe ich getan? Womit habe ich das verdient?" Tränen traten in seine Augen, die er vor Marroc nicht vergießen wollte. Die Anstrengung, die es ihn kostete, nicht zu weinen, ließen ihn keuchen, während Wut und Empörung seinen Körper zittern machten.
"Du solltest dich nicht zu sehr aufregen", entgegnete Marroc ruhig, sah ihn dabei nicht einmal an, sondern zwinkerte Sadoc und Ilberic zu, die das Schauspiel gespannt beobachteten. "Ich würde mir besser eine gute Ausrede einfallen lassen, wenn du heute Abend zum Brandyschloss zurückkehrst."
Frodo starrte ihn fassungslos an. Er hatte genug, würde diesem Spiel ein Ende bereiten. "Nein, das werde ich nicht tun!"
"Was willst du dann machen?", zischte Marroc und funkelte ihn aus seinen dunklen Augen so finster an, dass er beinahe zurückgewichen wäre, doch er hielt dem Blick tapfer stand.
"Ich werde Saradoc alles erzählen. Alles!"
Marroc und seine Freunde brachen in schallendes Gelächter aus.
"Wer glaubst du, wird dir glauben?", fragte Marroc amüsiert. "Niemand, Frodo. Dafür habe ich gesorgt. Keiner wird dir jemals wieder glauben. Wer weiß, wenn du weiterhin die Schuld auf mich schiebst, anstatt sie bei dir selbst zu suchen, wirst du vielleicht des Brandyschlosses verwiesen. Vielleicht schicken sie dich fort. Ganz allein."

Frodo zitterte am ganzen Leibe. Kalte Angst umklammerte sein Herz. Ihn wegschicken? Das würden sie machen? Ihn einfach so vor die Tür setzen und sich selbst überlassen? Marroc hatte schon so vieles mit geschickten Worten erreicht, weshalb sollte ihm das nicht auch gelingen? War es das was er wollte, ihn aus der Höhle vertreiben? Wohin sollte er dann gehen? Wer würde ihn noch bei sich aufnehmen, nachdem Marroc alle Bewohner des Brandyschlosses gegen ihn aufgehetzt hatte? Er wäre verlassen, einsam und allein und nicht einmal Merry würde dann noch an seiner Seite sein.

Keiner sprach mehr ein Wort, doch alle Augen waren auf Frodo gerichtet, dem der Kampf gegen seine Angst deutlich anzusehen war.
"Die Sonne geht unter", bemerkte Marroc schließlich und zog ihn auf die Beine. "Ich hoffe, du hast eine gute Ausrede."

Gemeinsam gingen sie den Weg zurück zum Brandyschloss. Frodos Knie waren weich und ab und an wollte er nichts mehr, als sich ins Gras sinken zu lassen und den Kampf gegen seine Furcht aufgeben, doch wann immer er zurückzubleiben drohte, packte ihn einer seiner Begleiter am Arm und zog ihn mit sich. Während des ganzen Weges sagte er nicht ein einziges Wort, auch wenn die anderen drei in eine rege Unterhaltung vertieft waren, deren Inhalt er nicht folgte.
Kurz bevor sie das Brandyschloss erreichten, schickte Marroc ihn weg.
"Du wirst zum Fluss gehen und von Westen kommen", trug er ihm auf, ehe er ihn mit einem letzten, drohenden Blick bedachte. "Überlege dir gut, was du sagst."



Wut blitzte in den Augen, die nur darauf gewartet hatten, dass Marroc wieder zurück auf die Straße kam. Endlich hatten sie ihn bei einer seiner Schandtaten überführt. Groß war die Überraschung, als Frodo mit ihm zurückkehrte, zitternd, Furcht und Verzweiflung in den Augen.
Doch sie konnten ihm nicht helfen. Noch nicht. Sie mussten auf den richtigen Zeitpunkt warten. Würden sie jetzt eingreifen, wäre nicht nur Frodo verloren, auch sie hätten nichts mehr, dass sie gegen Marroc verwenden konnten. Sie mussten warten und Beweise sammeln. Beweise, die sie jetzt noch nicht hatten. Doch dann würde die Falle zuschnappen und Marrocs grausames Spiel hätte ein Ende.



~*~*~



Noch immer zitternd öffnete Frodo die Haupteingangstür des Brandyschlosses. Von dort war der Weg in sein Zimmer am kürzesten und die Möglichkeit, dass er jemandem begegnete, am geringsten. Vorsichtig sah er sich um, als er in die Eingangshalle trat. Er konnte einige Hobbits ausmachen, doch wenn er schnell und leise war, würden sie ihn nicht entdecken. Rasch eilte er in den östlichsten Gang, erleichtert, dass wohl die meisten Bewohner noch beim Essen saßen. Er würde an diesem Abend nichts zu sich nehmen und sich in seinem Bett verkriechen, in der Hoffnung, dass morgen früh alles bereits vergessen war.
Seine Hand berührte den Türknauf, als eine drohende Stimme ihn erzittern ließ. Jene Stimme, die er an diesem Abend am meisten fürchtete.
"Wo warst du heute Nachmittag?" Wütend und mit verschränkten Armen trat Saradoc um die Ecke.
Frodo spürte, wie er sich innerlich verkrampfte. Er biss sich auf die Lippen, wandte den Kopf in die andere Richtung, um den Zorn und die bittere Enttäuschung in Saradocs Ausdruck nicht sehen zu müssen.
"Ich hatte dich gebeten, etwas für mich zu erledigen und dann musste ich erfahren, dass du deine Zeit lieber am Fluss verbringst, anstatt meinen Auftrag auszuführen", schimpfte er und das Missfallen, das in seinem Ton lag, machte Frodo nur allzu deutlich, wie viel Marrocs Lügen bereits bewirkt hatten. "Was hast du zu deiner Verteidigung zu sagen?"
Frodo wagte es nicht, aufzublicken und schwieg. Er hielt sich weiterhin am Türknauf fest, als wäre dieser seine einzige Rettung. Sein ganzer Körper war angespannt und er erwartete voller Angst Saradocs nächste Worte.
"Sieh mich an, Frodo", ein leichtes Zittern lag in der Stimme des Herrn.
Frodo wusste um die unterdrückte Wut, die Saradoc nur mit Mühe verbergen konnte, als er schließlich zögernd den Kopf hob, wobei er dessen Augen jedoch weiterhin mied.
"Du hast mein Vertrauen missbraucht, Frodo", klagte ihn die unzufriedene Stimme an. "Ich bin zutiefst enttäuscht."

Frodo biss sich auf die Lippen. Alles in ihm schrie danach, zu protestieren, sich zu verteidigen. Er wollte Saradoc nicht enttäuschen, wollte ihn die Wahrheit sehen lassen. Seine Finger umklammerten krampfhaft den Türgriff, bis seine Knöchel sich weiß färbten.
Wer glaubst du, wird dir glauben?
Wer weiß, wenn du weiterhin die Schuld auf mich schiebst, anstatt sie bei dir selbst zu suchen, wirst du vielleicht des Brandyschlosses verwiesen. Vielleicht schicken sie dich fort.

"Obwohl du Esmeraldas Schmuckkästchen gestohlen hast, habe ich dir vertraut, Frodo", fuhr Saradoc schließlich mit ruhigerer Stimme fort. "Weißt du, was für ein Schlag es für mich war, zu erfahren, dass du dich lieber am Fluss herumtreibst, anstatt mir zu gehorchen? Das habe ich nicht von dir erwartet. Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mich das verletzt hat."
Saradoc schüttelte resignierend den Kopf, als Frodo keine Anstalten machte, zu antworten. Er wandte sich um und ging davon.

Es versetzte Frodo einen Stich im Herzen, die Enttäuschung in der Stimme des Herrn zu hören. Alles, was er wollte war, dass Saradoc stolz auf ihn sein konnte, und selbst das hatte Marroc verhindert. Frodo brachte es nicht einmal fertig, sich zu entschuldigen, denn sein Hals war wie zugeschnürt, seine Zunge trocken. Langsam drehte er schließlich den Knauf, trat mit gesenktem Kopf in sein Zimmer und schloss die Tür, als plötzlich alles in ihm verzagte. Seine Knie gaben nach und er sank bitterlich weinend zu Boden, wo er die Beine anzog und das Gesicht in seinen Händen vergrub.
Frodo fühlte sich leer. All seine Gefühle, Gedanken und Empfindungen hatten ihn verlassen. Alle, außer der Angst und der Verzweiflung. Es war, als hätte er niemals etwas anderes gefühlt. Alle Hoffnung verlierend wollte er sich in seinem Bett verkriechen, doch er hatte nicht die Kraft dazu. So blieb er hinter der Türe sitzen und weinte bittere Tränen der Hilflosigkeit.
Nie war die Sehnsucht nach den tröstenden Armen seiner Mutter stärker gewesen, als in jenem Augenblick.

Merry schlich aus seinem Versteck, von dem aus er die Unterhaltung zwischen Frodo und seinem Vater mitangehört hatte. Er ging den Gang hinunter zu Frodos Zimmer, wagte jedoch nicht, dort einzutreten. Voller Mitleid hörte er Frodos Schluchzen und ließ sich langsam an der Wand herab rutschen, als er gegen seine eigenen Tränen ankämpfte. Er ballte die Hände zu Fäusten.
"Halte durch, Frodo!" dachte er bitter, "Nicht mehr lange und ich werde Beweise haben, für das, was Marroc dir angetan hat. Dann wird ihm keiner mehr glauben und du wirst wieder lachen können, dafür werde ich sorgen."





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