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Schicksalsjahre eines Hobbits I - Bockland  by Lily Dragonquill

Author notes:
Bevor ihr euch die Geschichte zu Gemüte führt, solltet ihr einen Blick in die Anmerkungen werfen, wo einige Dinge im Vorhinein erklärt werden (Altersänderungen und dergleichen).



~*~*~



Schicksalsjahre eines Hobbits



Kapitel 1: Reisepläne



Frühling 1380 AZ:



Frodo Beutlin lehnte am Stamm der großen Eiche, einem mächtigen Baum auf dem höchsten Punkt eines Hügels westlich hinter dem Brandyschloss, und kaute an einem Grashalm. Mit geschlossenen Augen genoss er die letzten warmen Strahlen der untergehenden Sonne. Er war froh, dass der lange Winter nun endlich vorüber war.
"Ich liebe den Frühling!"
Frodo blinzelte, als er die Worte vernahm. Meriadoc Brandybock, der von allen nur Merry genannt wurde, sein drei Jahre jüngerer Vetter, nahm einen tiefen Zug der frischen Frühlingsluft. Seine hellbraunen Locken schimmerten rot im Licht der untergehenden Sonne, als er sich neben Frodo zu Boden fallen ließ. Dieser ließ sich davon nicht stören, schloss erneut die Augen und bemerkte somit nicht, wie Merry ihn lange und eingehend betrachtete. Ein schelmisches Grinsen trat auf das Gesicht des jüngeren Hobbits und schließlich schlich er sich näher an seinen Vetter heran, streckte vorsichtig die Hand aus und kitzelte den ahnungslosen Hobbit am Bauch. Erschrocken und mit einem Schrei fuhr Frodo auf und stürzte sich sogleich auf seinen Vetter, der überrascht auf den Rücken fiel.
"Ich wusste, dass dich das wieder aufweckt! Das tut es immer!" lachte Merry siegreich, schob Frodo von sich weg und stand auf, um sich das Gras von der Hose zu klopfen. "Wir werden zum Abendessen erwartet", sagte er schließlich beiläufig. "Es gibt Pilze."
Frodo strahlte von einem Ohr zum anderen, sprang sogleich auf die Beine und streckte sich.
"Wer zuerst zu Hause ist, darf sich auch zuerst die Pilze schöpfen!" rief er dann und rannte den Hügel hinab.
"Das ist ungerecht!" protestierte Merry lauthals und eilte seinem Vetter hinterher, entschlossen, ihn einzuholen. "Frodo!"
Vollkommen außer Atem erreichten sie schließlich die Haupteingangstür des Brandyschlosses, wo sich Frodo eine kurze Rast gönnte und triumphierend grinste, während Merry zu ihm aufschloss.
"Das war nicht gerecht", brachte der junge Hobbit keuchend hervor und warf seinem Vetter einen strafenden Blick zu. Dann hellte sich seine Miene jedoch auf und ein verschmitztes Grinsen bemächtigte sich seines Gesichts. "Ich werde die ersten Pilze bekommen!"
Mit diesen Worten stieß er Frodo von der Tür weg, stürmte hinein und eilte schnurstracks durch die vielen Gänge des Brandyschlosses.
"Langsam, langsam!" Esmeralda fing ihren Sohn an der Tür zum Esszimmer auf. Frodo, der Merry auf den Schritt gefolgt war, hätte sie beinahe umgerannt.
"Hallo", sagte er knapp und ging zum Tisch, während er es Merry überließ, seine Mutter zu beruhigen.
An seinem Platz angekommen, schenkte Frodo seiner Mutter, Primula Beutlin, ein kurzes Lächeln und ließ seinen Blick dann suchend über den Tisch wandern. Es waren schon beinahe alle versammelt und es gab viel Gelächter und laute Gespräche, doch von den Pilzen fehlte jede Spur.
Merry setzte sich schließlich neben ihn und warf ihm einen herausfordernden Blick zu, den Frodo erwiderte.

Primula Beutlin kannte ihren Sohn gut, besser, als es dem jungen Hobbit beizeiten lieb war. Sie wusste, wie gierig er werden konnte, wenn Pilze auf dem Tisch standen und würde auch dieses Mal wieder dafür sorgen müssen, dass er sich anständig benahm. Für einen Hobbit von seiner Herkunft geziemte es sich nicht, gierig zu essen. Zwar war er noch ein Kind von gerade einmal elf Sommern, doch Primula war sehr bedacht um die Zukunft ihres Sohnes und je früher sie ihn ein anständiges Verhalten lehrte, desto leichter würde es für Frodo werden, dieses in späteren Jahren umzusetzen, dabei war sie sich mit ihrem Gatten, Drogo Beutlin, einig.
Sie bemerkte die Blicke, die zwischen Frodo und Merry hin und her gingen, sagte jedoch nichts. Stattdessen warf sie ihrem Sohn einen wissenden Blick zu, woraufhin der junge Hobbit den Kopf senkte. Primula lächelte. Sie hatte ihren Sohn gut erzogen, musste ihn nur ab und an daran erinnern.

An Frodos gesenktem Kopf erkannte Merry, dass sein Vetter durchschaut und ihr Spiel vorüber war. Sie würden wohl doch warten müssen, bis ihnen die Pilze auf den Teller gegeben wurden, anstatt selbst Hand anzulegen.

Gorbadoc Brandybock, einstiger Herr von Bockland, der sein Amt erst vor wenigen Jahren an seinen Enkel Saradoc weiter gereicht hatte, lachte auf, als er die schuldbewussten Gesichter der beiden Jungen sah. Er hatte die Ehre am Kopfende gegenüber dem Herrn von Bockland zu sitzen und daran würde sich auch bis zu seinem Tod nichts ändern.
"Ihr seid mir vielleicht zwei Halunken! Nur Dummheiten im Kopf! Es steht euch förmlich ins Gesicht geschrieben, dass ihr es auf die Pilze abgesehen habt, aber keine Sorge, ich denke, es sind genug für alle da." Er zwinkerte den Hobbits zu und lächelte amüsiert.

Frodo konnte diesem Lächeln nichts abgewinnen, blickte stattdessen verlegen in die andere Richtung, wo er in das zufriedene Gesicht seiner Mutter blickte. Erkennend, wie leicht er zu durchschauen war, seufzte er leise, als ihn plötzlich der Duft von frischen Pilzen in der Nase kitzelte.
Merry stieß ihn in die Rippen, ließ ihn seine Aufmerksamkeit auf Dienstmädchen richten, die große Töpfe mit Pilzen herein trugen. Mit leuchtenden Augen verfolgten die jungen Hobbits, wie die Schüsseln auf den Tisch gestellt wurden und sogen genüsslich den Duft der Köstlichkeiten in sich auf, während sie darauf warteten, eine große Portion geschöpft zu bekommen.
Bald darauf war es still, wie es bei den Essenszeiten meist der Fall war. Kaum einer der mehreren hundert Bewohner des Brandyschlosses wollte sich durch Gespräche vom Essen abhalten lassen.



~*~*~



Einige Zeit später war Frodo in seinem Zimmer im östlichen Bereich des Brandyschlosses, den er mit seinen Eltern bewohnte, und zog sich um. Im blassen Mondlicht, das durch das Fenster schien und im schwachen Schein einer Kerze kämpfte er mit den Manschetten seines Hemdes, als es plötzlich an der Tür klopfte.
Merry stand im Zimmer noch ehe Frodo ihn hatte herein bitten können. Das Grinsen in seinem Gesicht reichte von einem Ohr zum anderen.
"Rate mal, was ich gerade erfahren habe!"
"Was?", fragte Frodo neugierig und ließ sich von Merrys Grinsen anstecken. Wenn sein Vetter so aufgedreht war, konnte es sich nur um eine gute Nachricht handeln.
"Rate!" forderte der junge Hobbit.
Frodo wurde ganz kribbelig. Er mochte es überhaupt nicht, wenn Merry ihn zu solchen Ratespielen zwang, wo dieser doch genau wusste, dass er sehr neugierig war und es nie abwarten konnte, Neuigkeiten zu erfahren. Noch dazu hatte er nicht die geringste Ahnung, was seinen Vetter so glücklich stimmen könnte. Er musste allerdings nicht lange raten, denn noch ehe er seinen ersten Vorschlag verlauten konnte, sprudelten die Neuigkeiten aus dem Jüngeren hervor.
"Wir werden zu Bilbo gehen! Morgen. Du und deine Eltern werdet ihn besuchen und ich darf euch begleiten!" Merry drehte sich aus lauter Übermut einmal um sich selbst.
Frodos Augen leuchteten vor Freude. "Wir werden zu Bilbo gehen?", frage er ungläubig.
"Ja!" rief Merry beschwingt, packte Frodo bei den Händen und sprang mit ihm im ganzen Zimmer auf und ab.
Als Primula den Raum betrat, lächelte sie ob der beiden auf dem Bett hüpfenden Hobbits. "Wie ich sehe, habt ihr die gute Nachricht bereits erfahren."
"Wie lange?", fragte Frodo aufgeregt und war mit einem Satz von seinem Bett gesprungen, wohl wissend, dass seine Mutter es nicht gerne sah, wenn er darauf herumhüpfte. Primula nickte zufrieden und ging an den Schrank, wo sie nach einigen Hosen und Hemden suchte, die sie für die Reise einpacken wollte.
"Bilbo hat uns für eine Woche zu sich eingeladen", tat Primula kund, beinahe so, als wäre dies nichts Besonderes, doch konnte sie sich das Lächeln dabei kaum verkneifen.
"Eine ganze Woche?"
Frodo konnte sein Glück kaum fassen. Er liebte es, seinen Onkel zu besuchen. Eigentlich war Bilbo sein Vetter, doch das machte ihm wenig aus. Für ihn war Bilbo schon immer mehr ein Onkel gewesen. Der alte Hobbit lebte im Westviertel, mehr als einen Tagesritt vom Brandyschloss entfernt und reiste deshalb nur selten nach Bockland, um Frodo und seine Familie zu besuchen. Frodo war dies nur Recht, war er schließlich viel lieber bei Bilbo zu Besuch in Beutelsend. Bilbo hatte diese große Höhle ganz für sich allein und Frodo genoss die Ruhe dort. Das Brandyschloss war zwar um einiges größer, doch hatte es auch einige Bewohner mehr. Und manchmal schien es Frodo zu überfüllt, obwohl er sich auch hier sehr wohl fühlte.

Merry sprang schließlich auch vom Bett und Primula nahm ihn sogleich bei der Hand, nachdem sie die Kleider vorübergehend auf dem Schreibtisch platziert hatte.
"Es ist Zeit für dich zu Bett zu gehen", meinte sie und scheuchte den jungen Hobbit aus dem Zimmer, ehe sie ihrem Sohn einen kurzen Blick zuwarf. "Und für dich auch, mein Kleiner!"
"Bis morgen!" rief Merry seinem Vetter noch zu, bevor er in sein eigenes Zimmer im mittleren Bereich des Brandyschlosses davon eilte.
Frodo winkte dem jungen Hobbit lächelnd hinterher. Seine Augen leuchteten im Kerzenlicht und seine Wangen waren aus lauter Aufregung gerötet. Noch immer lächelnd ließ er sich schließlich auf sein Bett fallen, schaffte es endlich seine Manschetten aufzuknöpfen und schlüpfte schließlich in sein Nachtgewand. Mit strahlenden Augen dachte er an Bilbo. Wie sehr es ihn doch freute, den alten Hobbit bald wieder zu sehen. Er fragte sich, ob er auch Sam wieder treffen würde. Sam war der jüngste Sohn von Bilbos Gärtner Hamfast Gamdschie und nur um etwas mehr als ein Jahr jünger als er selbst. Er war ein guter Freund, doch leider konnte Frodo ihn nur treffen, wenn er in Hobbingen, also bei Bilbo zu Besuch war.

Gähnend ging er schließlich in das Zimmer seiner Eltern, das dem seinen gegenüber lag. Es waren die einzigen Zimmer im östlichen Gang und während sein eigenes klein und behaglich war mit einem kleinen Fenster, war jenes seiner Eltern groß und geräumig und besaß einen eigenen Kamin. Ein warmer Feuerschein hieß ihn willkommen, als er eintrat und der Geruch von Pfeifenkraut kroch ihm sofort in die Nase.
Drogo Beutlin saß in einem Sessel vor dem Kamin, paffte verträumt an seiner Pfeife und lächelte über etwas, das Primula gesagt haben musste. Frodos Mutter saß in einem Sessel neben Drogo und besserte ein Loch in einer von Frodos Hosen aus. Ihre hellbraunen Locken schimmerten golden im Licht des Feuers und ihre blaugrünen Augen sprachen von Zufriedenheit und Glück. Als sie ihren Sohn erkannte, legte sie Nadel und Faden beiseite und winkte ihn zu sich. Lächelnd setzte sich Frodo auf die breite Armlehne ihres Sessels, umarmte seine Mutter und kuschelte sich an sie, wie er es jeden Abend tat.
"Freust du dich auf Morgen?"
Drogo Beutlin sah lächelnd zu seinem Sohn. Er war ein stolzer Hobbit und liebte seine Familie über alles, ganz gleich wie viel getuschelt worden war, als er vor vielen Jahren Primula zur Frau genommen hatte. Die Hobbits aus dem Westviertel waren jenen im Bockland nicht immer gut gesonnen und die Heirat eines Beutlins und einer Brandybock hatte für viel Aufregung gesorgt. Nichtsdestotrotz hatte Drogo seine Heirat und den Umzug in das Brandyschloss, den diese mit sich gebracht hatte, niemals bereut. Mit jedem Tag schien er Primula mehr zu lieben und Frodo gehörte sein ganzer Stolz. Nichts machte ihn glücklicher, als seinen Sohn wichtige und weniger wichtige Dinge zu lehren und seine Zeit mit ihm zu verbringen. Frodo war ein tüchtiger und sehr gelehriger Junge und Drogo hätte zufriedener nicht sein können.
"Sehr", murmelte Frodo, schon fast eingeschlafen.
"Du wirst früh aufstehen müssen. Es wird eine lange Reise", ließ Drogo ihn wissen.
Frodo nickte nur schwach. Drogo lächelte kopfschüttelnd und strich seinem Sohn durch die Haare.
"Komm, ich bringe dich ins Bett", sagte Primula schließlich, nahm Frodo bei der Hand und führte ihn zurück in sein Zimmer. Drogo sah ihnen hinterher und steckte sich die Pfeife zwischen die Lippen. Es würde noch einiges zu tun geben, bevor sie aufbrechen konnten.

Müde kroch Frodo in sein Bett und kuschelte sich in sein Kissen. Im schwachen Licht der Kerze schienen nicht nur seine Augen zu leuchten, sondern sein ganzes Gesicht erstrahlte in hellem Glanz.
"Ich freue mich auf Bilbo. Ich kann es kaum erwarten, wieder eine seiner Geschichten zu hören", flüsterte er und seine blauen Augen nahmen einen verträumten Ausdruck an. "Elben, Mama, ich würde sie zu gerne einmal selbst sehen."
"Das wirst du bestimmt, Frodo, eines Tages", versicherte sie leise und deckte ihn ordentlich zu, ehe sie einen zärtlichen Kuss auf seine Stirn hauchte. Frodo kicherte, als ihre Haare ihn am Hals kitzelten. "Schlaf jetzt. Morgen wird ein anstrengender Tag werden."
Frodo nickte schwach, nuschelte ein leises "Gute Nacht!" und schloss die Augen.
"Gute Nacht, mein Kleiner", flüsterte sie sanft, bevor sie an das Fußende des Bettes trat und den Schrank nach einem Rucksack durchsuchte, in den sie die Kleidungsstücke einzupacken gedachte. Ihr früher Aufbruch verlange, dass sie noch heute alles zusammenpackte, auf dass es am Morgen nur mehr auf den Ponywagen geladen werden musste.
Als sie die bereitgelegten Hosen und Hemden schließlich eingeräumt hatte, ging sie noch einmal zu ihrem Sohn, der inzwischen eingeschlafen war, und setzte sich neben ihm auf die Bettkante. Liebevoll betrachtete sie das zufriedene Gesicht des Kindes, wobei sie ihm zärtlich eine Strähne seines dunklen Haares aus der Stirn strich.
"Du hast selbst etwas elbisches an dir, mein Sohn", wisperte sie und ihre Augen schienen nicht nur ihren Sprössling wahrzunehmen, sondern alle Stärken, Schwächen, guten und schlechten Eigenschaften, die in ihm verborgen lagen. "Ich habe es zwar nie gesehen, das schöne Volk, doch du hast ohne Zweifel etwas elbenhaftes an dir. Ein Leuchten geht von dir aus, das die Herzen aller berührt, die sich die Zeit nehmen, dich kennen zu lernen. Ich habe es selbst beobachtet. Große Dinge stehen dir noch bevor und ich bin sicher, irgendwann wirst du den Elben begegnen."
Lange blieb Primula bei ihm sitzen, betrachtete das zufriedene Gesicht ihres schlafenden Sohnes. Dann strich sie ihm ein letztes Mal über die Wange und küsste seine Stirn, ehe sie die Kerze auspustete, leise das Zimmer verließ und die Türe hinter sich schloss.





        

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